Chinesicher Arbeiter mit blauer Jacke bedient Computer in Werkshalle

Die chinesische Regierung setzt verstärkt auf Innovation und Hochtechnologie und plant, ihre Wertschöpfung umfassend zu automatisieren, wie aus dem 'Made in China 2025'-Plan der Regierung hervorgeht. - (Bild: Dürr)

Lokale Anbieter verlassen allmählich ihre Nischen und mischen den Automatisierungsmarkt auf. Gut ausgebildetes Personal wird auch in China immer teurer und rarer. Außerdem setzt die chinesische Regierung verstärkt auf Innovation und Hochtechnologie und plant, ihre Wertschöpfung umfassend zu automatisieren, wie aus dem ‚Made in China 2025‘-Plan der Regierung hervorgeht.

Laut einer Studie der Marktexperten von STM (Stieler Technologie- & Marketing-Beratung) wächst die Nachfrage nach Produkten für die Feldebene, SCADA, Optimierungssoftware und MES besonders stark. Noch profitieren davon in erster Linie ausländische Hersteller, doch die Chinesen legen zu.

STM schätzt, dass sich deren Zahl zwischen 2015 und 2020 mehr als verdoppeln wird. Chinesische KMUs nutzen schon heute zu 80 Prozent einheimische Lösungen. In der Öl- und Gasindustrie beträgt der Marktanteil an SCADA-Systemen Made-in-China über 90 Prozent. Bei Ventilen sind 50 Prozent der Anbieter Chinesen, bei Sensoren über 33 Prozent, Tendenz stark steigend, wobei laut STM deren technische Fähigkeiten noch unterentwickelt seien.

Lesen Sie die Meinungen von Burkhard Balz (Division-Director Business Development, Eaton), Reinhard Bösl (Vorstand Sick AG) und Christian Lenakakis, (General Manager Bihl+Wiedemann Automation, Taicang).

Meinung 1: Burkhard Balz (Eaton)

Abbildung Burkhard Balz
Burkhard Balz: "In China liegt das Hauptaugenmerk für Investitionen auf erneuerbaren Energien und der Hightech-Industrie." - (Bild: Eaton)

PRODUKTION: Welche Veränderungen beobachten Sie in China?

China ist der weltweit größte OEM-Markt für Maschinen. Obwohl sich die Lohnkosten in diesem Jahr in Indien und Ostasien nach einem mehr als 20-jährigen Marktwachstum und einer Erhöhung der Fertigungskapazitäten nach unten entwickelt haben, ist die Arbeit vor Ort immer professioneller geworden, sodass die Region in puncto Fertigungskapazität und -qualität mit Europa mithalten kann.

Wir sehen, dass immer mehr europäische und US-amerikanische Unternehmen ihre Produktion nach China verlagern. Auch die Produktionsanlagen werden ausgebaut und immer komplexer.

Wo liegen die Einsatzgebiete Ihrer Produkte?

Die Elektroprodukte von Eaton erstrecken sich über den gesamten Einsatzbereich von Schaltkreisschutz und -steuerung.

Spüren Sie eine wachsende Konkurrenz einheimischer Anbieter?

In den letzten Jahren ist die lokale Marke ‚China‘ schnell gewachsen. Es begann mit dem Importieren von Technologie, bald folgte die Etablierung auf dem lokalen Markt und anschließend Verbesserungen der Technologie.

Nun befindet sich China selbst in einer Phase der Forschung und Entwicklung. Immer mehr lokale Marken breiten sich über die Landesgrenzen hinaus aus und sind mittlerweile in vielen Ländern tätig.

Was erwartet uns in naher Zukunft?

In China liegt das Hauptaugenmerk für Investitionen auf erneuerbaren Energien und der Hightech-Industrie. Also konzentriert sich auch Eaton darauf, den Kunden auf diesem Markt die besten Produktlösungen anzubieten.

Meinung 2: Reinhard Bösl (Sick AG)

Abbildung Reinhard Bösl
Reinhard Bösl: "Wir sehen einige lokale Anbieter in speziellen Märkten und Nischen und wir erwarten in der Zukunft einen deutlich stärkeren Wettbewerb." - (Bild: Sick)

PRODUKTON: Hat sich Ihrer Meinung nach der Bedarf an Automatisierungstechnik verändert, wenn ja wodurch?

Ja, der Automatisierungsmarkt hat sich verändert und die Veränderungsdynamik ist nach wie vor hoch. Diese Dynamik begründet sich aus den folgenden Ursachen:

In den chinesischen Ballungszentren werden Arbeits- und Fachkräfte knapp und die dadurch immer noch stark steigenden Löhne motivieren die Firmen, in Industrieautomatisierung zu investieren. Nur so können die notwendigen Effizienzsteigerungen erreicht werden. Ein gestiegenes Qualitäts- und Sicherheitsbewusstsein tut ein Übriges für ein gutes Wachstum im Bereich der Industrieautomation.

Spüren Sie eine wachsende Konkurrenz einheimischer Anbieter?

Wir sehen einige lokale Anbieter in speziellen Märkten und Nischen und wir erwarten in der Zukunft einen deutlich stärkeren Wettbewerb. Nach wie vor ist es aber so, dass der Markt der Sensortechnologie durch nicht-chinesische Anbieter dominiert wird.

Was erwartet uns in der näheren Zukunft in China?

Wir erwarten weiterhin steigende Investitionen in Automatisierungstechnik. Der Wille der chinesischen Regierung, Verbesserungen in den Umwelt- und Lebensbedingungen mit Nachdruck voranzutreiben, führt zu weiteren Investitionen in der Emissionsmesstechnik. Auch hier erwarten wir weitere Umsatzzuwächse, unabhängig von anderen wirtschaftlichen Trends.

Industrie 4.0 wird die Wachstumschancen für unsere Produkte gerade in China weiter erhöhen. Sensorlösungen sind die Voraussetzung für Industrie 4.0, weil der Sensor die einzige Datenquelle im Automatisierungsumfeld ist. Wir haben bereits heute viele Anfragen aus China zu diesem Thema.

Wir erwarten Herausforderungen im Personalsektor. Der Bedarf an Personal sowohl mit einer hohen technischen Qualifikation als auch interkultureller und sprachlicher Kompetenz ist enorm in China. Das Angebot aber ist begrenzt.

Meinung 3: Christian Lenakakis (Bihl+Wiedemann)

Abbildung Christian Lenakakis
Christian Lenakakis: "Im Vergleich zu Europa sehen wir derzeit noch einen geringeren Bedarf an Sicherheitstechnik, dafür sind wir in Bereichen wie Logistik, Food & Beverage und auch Automotive stark vertreten." - (Bild: Bihl+Wiedemann)

PRODUKTION: Hat sich Ihrer Meinung nach der Bedarf an Automatisierungstechnik verändert, wenn ja wodurch?

Aufgrund steigender Lohnkosten sehen sich viele chinesische Maschinen- und Anlagenbauer dazu gezwungen, ihre bestehenden Systeme zu überdenken und den Arbeitsaufwand durch einen höheren Grad an Automatisierung zu reduzieren.

Gleichzeitig steigt durch den wachsenden Wohlstand auch die Anspruchshaltung von Konsumenten, weshalb sich chinesische Qualitätsanforderungen immer mehr unseren annähern. Es bleibt weiterhin ein preissensibler Markt, aber Kosten sind nicht mehr der einzige Faktor.

Was sind die wichtigsten Anwendungsfelder für Ihre Produkte in China?

Im Vergleich zu Europa sehen wir derzeit noch einen geringeren Bedarf an Sicherheitstechnik, dafür sind wir in Bereichen wie Logistik, Food & Beverage und auch Automotive stark vertreten.

Spüren Sie eine wachsende Konkurrenz einheimischer Anbieter?

Auf Fachmessen sind immer mehr lokale Hersteller vertreten, was im Einklang mit den Zukunftsplänen Chinas steht. Weg von der Werkbank der Welt hin zu einem Standort mit eigenen Ideen und Marken.

Was erwartet uns in der näheren Zukunft in China?

Derzeit orientieren sich sowohl lokale Kunden als auch lokale Anbieter an ausländischen Firmen und Designs. In Zukunft dürfte der chinesische Markt zunehmend eigene Anforderungen und auch dazugehörige Produkte hervorbringen, was für deutsche Hersteller Chancen wie Risiken mit sich bringen wird. Qualitativ gleichwertige Produkte ohne kostensteigerndes Overengineering dürften dabei im Vordergrund stehen.

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