
VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann: "Das Scheitern der Jamaika-Sondierungen kommt am Ende überraschend. Eine Einigung schien lange Zeit möglich zu sein, wenn auch stets behaftet mit Fragezeichen nach der Tragfähigkeit einer solchen neuartigen Koalition. Jetzt muss es darum gehen, wie wir möglichst schnell zu stabilen politischen Verhältnissen kommen. Eine Hängepartie kann sich Deutschland in keiner Hinsicht leisten. Wichtige Zukunftsfragen müssen entschieden werden, von der digitalen Infrastruktur bis zur Europapolitik."

BDI-Präsident Dieter Kempf: "Wirtschaftliche Stabilität braucht politische Stabilität. Das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen nach wochenlangen Gesprächen ist absolut unbefriedigend. Die deutsche Industrie steht trotz der aktuell günstigen wirtschaftlichen Lage vor enormen Herausforderungen. Deutschland muss rasch zukunftsfähig werden angesichts weltweiter Krisen, des Reformbedarfs in Europa und drängender Entscheidungen für Investitionen in den Industriestandort Deutschland. Dazu bedarf es mehr als einer bloß geschäftsführenden Regierung. Wir rufen Union, SPD, FDP und Grüne auf, ihrer politischen Verantwortung gerecht zu werden. Alle Parteien müssen bereit sein, Kompromisse für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung zu schließen." - Bild: BDI

Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender der ZVEI-Geschäfstführung: "Deutschland braucht eine handlungsfähige, stabile Regierung, die sich kraftvoll den Zukunftsherausforderungen stellt. Die Jamaika-Parteien sind hierzu jetzt nicht in der Lage gewesen. Die im Bundestag vertretenen Parteien sind gefordert, neu und ohne ideologische Festlegungen zu denken. Eine geschäftsführende Regierung sollte immer nur für den Übergang sein." - Bild: ZVEI

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, fordert neue Verhandlungen von CDU, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen zur Bildung einer Bundesregierung: "Die Jamaika-Parteien müssen einen neuen Anlauf machen, denn sie wissen, für keine von ihnen würden Neuwahlen Erfolg versprechen." Deutschland brauche eine handlungsfähige Regierung mit klaren Zielen und Visionen. Die Parteien müssten bei neuen Gesprächen die wichtigen Herausforderungen der Wirtschafts- und Sozialpolitik adressieren. Laut Fratzscher sind das unter anderem eine Offensive in Forschung und Bildung und deutliche Anstrengungen in Sachen Digitalisierung. - Bild: DIW

Matthias Wissmann, VDA-Präsident und BDI-Vizepräsident: "Deutschland braucht eine stabile Regierung, die die marktwirtschaftlichen Kräfte stärkt und die Balance hält zwischen einer engagierten Industrie- und Wirtschaftspolitik einerseits und einer verantwortungsvollen Umwelt- und Sozialpolitik andererseits. Die Unternehmen stehen in einem harten internationalen Wettbewerb. Deswegen brauchen wir eine kluge Standortpolitik, die die richtigen Impulse für Innovationen und Investitionen gibt. Eine künftige Regierung, die auf Digitalisierung, Bildung und Technologieoffenheit setzt, kann einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Industriestandortes Deutschland leisten." - Bild: VDA

Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht in einer Minderheitsregierung Risiken, aber auch Chancen: "Da auch Neuwahlen kaum grundlegend veränderte Mehrheiten bringen dürften, ist eine Minderheitsregierung wahrscheinlich", sagte er in München. "Für die Wirtschaftspolitik bringt eine Minderheitsregierung Risiken, aber auch Chancen. Das größte ökonomische Risiko besteht in der wachsenden Unsicherheit über den Kurs der Wirtschaftspolitik und die Stabilität der Regierung. Die Chance besteht darin, dass die Rolle des Parlaments gestärkt wird und über einzelne politische Entscheidungen ausführlicher und offener diskutiert wird. Die skandinavischen Länder und Kanada haben mit Minderheitsregierungen oft gute Erfahrungen gemacht."

Holger Bingmann, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA): "Wo kein Wille, ist auch kein Weg. Was für ein Schlamassel. Neuwahlen können nur der letzte Ausweg sein, so weit ist es noch nicht. Nach diesem Tiefpunkt in der vergangenen Nacht sollten sich alle Beteiligten noch einmal 14 Tage Zeit nehmen, um sich zu besinnen, und sich dann noch einmal gemeinsam an einen Tisch setzen. Wir sind noch nicht bereit, dieses Projekt schon wieder zu begraben. Die Sehnsucht nach der Oppositionsrolle statt den Gestaltungsauftrag anzunehmen, scheint zu grassieren. Das ist geradezu demokratieschädlich. Es zeigt sich überdeutlich, dass überspitzte Versprechungen und populistische Forderungen im Wahlkampf in die Sackgasse führen. Wenn dann auch noch Angst vor der eigenen Basis dazukommt, beraubt man sich jeglicher Kompromissfähigkeit." - Bild: BGA

Achim Berg, Präsident des Digtalverbands Bitkom: "Bei allem Verständnis für Schmerzgrenzen und rote Linien von Parteien und Fraktionen: Politik ist die Kunst des Kompromisses. So oft und so lange zu wählen, bis das Ergebnis passt, ist definitiv keine Alternative. CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne müssen nun einen neuen Anlauf starten – in welcher Konstellation auch immer. Wir brauchen schnell eine handlungsfähige Regierung. Die Digitalisierung wartet nicht auf Deutschland." - Bild: Bitkom
Union, FDP und Grüne erzielten bei ihren seit dem Sonntagvormittag andauernden Verhandlungen keine Einigung. "Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren", sagte FDP-Chef Christian Lindner beim Verlassen des Tagungsgebäudes mit der gesamten FDP-Delegation. Den Inhalt des Sondierungpapieres "können und wollen wir nicht verantworten". Es sei in den wochenlangen Verhandlungen nicht gelungen, eine gemeinsame Vertrauensbasis zu schaffen. Doie FDP wolle "Trendwenden".
Umstritten waren bis zuletzt vor allem Migrations- und Klimafragen, zu denen sich die potenziellen Partner nicht auf Kompromisse verständigen konnten. Zwischenzeitlich hingen die Verhandlungen bereits mehrfach am seidenen Faden, und ein Scheitern lag seit dem Abend in der Luft. Bleibt es bei dem Scheitern, drohen Neuwahlen. Möglich wäre aber auch eine Minderheitsregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Eine Neuauflage der großen Koalition scheint hingegen ausgeschlossen, denn SPD-Chef Martin Schulz hat dies erst am Freitag auch für den Fall eines Scheiterns der Jamaika-Sondierungen schon kategorisch ausgeschlossen.
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