faulheit

Füße hoch und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen - wenn wir keinen Druck von außen bekommen, neigen wir ehrlicherweise eher zu dieser Handlungsweise als zu Fleiß. (Bild: FotoAndalucia/stock.adobe.com)

Ist es jemandem aufgefallen? Haben Sie in den letzten Wochen an dieser Stelle etwas vermisst? Wo waren meine letzten Kolumnen? Ja, es stimmt: Ich habe zuletzt keine Kolumnentexte mehr geschrieben. Warum? Der Grund dafür ist einfach: Meine Faulheit.

Ja, ich gestehe, dass ich zu faul war, einen Text zu schreiben. Ideen und Gedanken dazu hatte ich schon, aber das Schreiben war mir irgendwie zu anstrengend. Und gleichzeitig hat mein Lieblingsredakteur nicht nachgefragt, sodass mir letztlich der notwendige Druck fehlte, mich an ein leeres Word-Dokument zu setzen und mit dem Schreiben anzufangen. Schuld sind natürlich immer die anderen. Mein Redakteur hätte ja auch mal intensiver einen Text einfordern können.

Die Faulheit oder, wie es bei Wikipedia heißt, der "Mangel an erwartbarer Aktivität", war schon immer eine stetige Begleiterin in meinem Leben. Schon zu Schulzeiten war sie insbesondere bei den täglichen Hausaufgaben eine dominierende Kraft. Nur die Aussicht auf die Blamage vor der Klasse, wenn der Lehrer die Hausaufgaben sehen wollte oder die Angst, gar das ganze Schuljahr nochmals wiederholen zu müssen, war dann ausschlaggebend, ab-und-zu doch die Hausaufgaben zu machen.

Einerseits gilt die Faulheit als Mutter vielen technischen Fortschritts. So ist es doch das grundsätzliche Ziel von Technik, den Menschen von schweren und lästigen Arbeiten befreien, sodass er sich faul zurücklehnen kann. Andererseits gibt es unzählige Ratgeber und Videos im Internet, die uns zeigen wollen, wie man seine Faulheit überwinden kann. In diesen einschlägigen Motivationsratgebern wird dann in der Regel an die intrinsische Motivation appelliert und eine innere Einstellung gefordert, um die Faulheit zu überwinden. Als wenn das so einfach wäre.

Der Autor Prof. Dr. Lennart Brumby

Lennart Brumby

Prof. Dr. Lennart Brumby ist Studiengangsleiter für Service Engineering an der DHBW Mannheim. Der ausgewiesene Instandhaltungs-Experte ist Mitglied im DIN Normungsausschuss Instandhaltung, im EAMC European Asset Management Committee, im FVI Forum Vision Instandhaltung, in der GFIN Gesellschaft für Instandhaltung, im KVD Kundendienst-Verband Deutschland, im VDI Fachausschuss After Sales Service, im VDI Fachausschuss Instandhaltung und WVIS Wirtschaftsverband für Industrieservice. Seine Kolumne erscheint exklusiv beim Fachmagazin Instandhaltung.

Was aber, wenn eben diese intrinsische Motivation für eine bestimmte Arbeit nicht aufgebracht werden kann? Auch und gerade in der Instandhaltung gibt es doch eine Vielzahl von Tätigkeiten, die unangenehm sind, wie zum Beispiel das Reinigen von verdreckten Kesseln oder die Demontage von verrosteten Anlagen. Ich denke, dass viele von uns dabei keine nennenswerte intrinsische Motivation entwickeln. Stattdessen hilft bei solchen Arbeiten nur die extrinsische Motivation mit einem Anstoß von außen zum Beispiel in Form eines Machtworts des Vorgesetzten (oder Redakteurs): "Das wird jetzt gemacht!"

Wir pflegen gerne das Wunschbild, dass wir immer hoch motiviert an unsere Arbeiten gehen und dafür gar keinen äußeren Druck benötigen. Gerade in den sozialen Netzwerken könnte man den Eindruck gewinnen, dass wir alle immer hoch motiviert unserer Arbeit nachgehen und dass sich Führung darauf beschränken könne, lediglich die Leitlinien für die Arbeit vorzugeben. Ein Volk voller intrinsisch motivierter Personen, die eigentlich keinen Chefs benötigen.

Aber das ist in meinen Augen doch eher ein Trugbild. Bei Aufgaben, die uns unangenehm sind und vor denen wir uns lieber drücken würden, ist der Druck von Anderen oftmals notwendig, sei es der Vorgesetzten, der Kunden oder der Kollegen, damit wir uns bewegen und diese Aufgaben erledigen. Ohne diesen äußeren Anstoß würden viele dieser Aufgaben nicht erledigt werden. Der Druck erfolgt mal durch einen klaren Auftrag mit einzuhaltendem Termin, mal vielleicht auch nur durch einen bösen Blick, der einen aus seiner Faulheit reißt.

Für ein Recht auf Faulheit, wie es der französische Sozialist Paul Lafargue einst postulierte, ist zumindest in unserem Arbeitsleben in der Regel kein Platz. So sehr ich es selbst schätze, in meiner Freizeit faul in der Hängematte zu liegen, so habe ich doch gelernt, dass es ohne äußeren Druck oftmals nicht vorangeht. Egal, ob es sich um unangenehmen Handwerksarbeiten, das Lernen für Klausuren oder das Schreiben von Kolumnentexten handelt.

Danke, Herr Weinzierl fürs Nachhaken.

Ihr, jetzt wieder aktiver

Lennart Brumby

 

Anmerkung des Redakteurs: Ich möchte auf Anraten meines juristischen Beistands ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich Herrn Prof. Dr. Brumby weder unter Androhung körperlicher Zwangsmaßnahmen noch mittels Waffen-, Drogen oder übermäßigem Genussmitteleinsatz dazu bewegt habe, seinen Mangel an erwartbarer Aktivität wieder in seinen gewohnt hochoktanigen Produktivitätsmodus zu transformieren. Der Restart beruht auf einer rein verbalen, in neutralem Ton vorgebrachten Nachfrage. Etwaige subkontextuelle Drohungen waren nicht beabsichtigt, zumindest nicht in Gänze. - Stefan Weinzierl

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