Das Schöne an meinem Beruf als Professor ist unter anderem, dass ich mir recht frei die Themen und Arbeitskreise aussuchen kann, in denen ich mitarbeiten möchte. Natürlich liegt mein persönliches Kerngebiet in der Instandhaltung und dem technischen Service, die wiederum eine Vielzahl von spannenden Teilaspekten umfassen und immer wieder mit innovativen Ideen überraschen. Aber auch die daran - mehr oder weniger - angrenzenden Bereiche stellen sich manchmal als äußerst reizvoll heraus.
So hatte ich mich vor einiger Zeit für ein neues Expertengremium innerhalb des DIN gemeldet, das sich mit der Circular Economy beschäftigen soll. Schließlich hat Instandhaltung ja auch „irgendwie“ etwas mit Kreislaufwirtschaft zu tun, dachte ich mir. Und kaum höre ich mir die ersten Präsentationen von wirklichen Experten zur Circular Economy an, da erkenne ich, dass Instandhaltung nicht nur „irgendwie“, sondern ganz zentral hier eine wichtige Rolle spielt. Oder besser: spielen sollte.
Denn sehr auffällig war für mich in diesem neuen Expertengremium, dass zum einen so viele an einem Normungsthema mitarbeiten wollen. Aus meinem Instandhaltungsausschuss beim DIN bin ich nur einstellige Teilnehmerzahlen gewohnt. Zum anderen; dass die meisten Teilnehmer:innen dann doch vorrangig nur wieder über Recycling sprechen wollten. Von den über 700 Teilnehmern (!), die an der Auftaktveranstaltung zur Normungsroadmap zur Circular Economy online im Herbst letzten Jahres teilgenommen haben, war ich der einzige Experte aus der Instandhaltung. Und seitdem hat sich daran auch nichts verändert.
Der Autor Prof. Dr. Lennart Brumby
Prof. Dr. Lennart Brumby ist Studiengangsleiter für Service Engineering an der DHBW Mannheim. Der ausgewiesene Instandhaltungs-Experte ist Mitglied im DIN Normungsausschuss Instandhaltung, im EAMC European Asset Management Committee, im FVI Forum Vision Instandhaltung, in der GFIN Gesellschaft für Instandhaltung, im KVD Kundendienst-Verband Deutschland, im VDI Fachausschuss After Sales Service, im VDI Fachausschuss Instandhaltung und WVIS Wirtschaftsverband für Industrieservice. Seine Kolumne erscheint exklusiv beim Fachmagazin Instandhaltung.
Warum gehen Instandhalter so selten nach draußen und erzählen dort stolz, was sie – und damit stellvertretend für alle Instandhalter – so Tolles insbesondere auch im Sinne der Nachhaltigkeit leisten? Warum treffe ich so wenige Instandhalter in anderen Gremien und Veranstaltungen, die oftmals viel höhere Aufmerksamkeit genießen als die üblichen internen Branchen-Treffs der Instandhaltung? Leider verpassen wir hier oftmals gute Chancen, mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für unser Thema zu gewinnen, da wir in solchen Veranstaltungen nicht präsent sind.
Ein wenig mehr Sendungsbewusstsein würde der Instandhaltung meines Erachtens ganz guttun. Mit mehr Mut zum Marketing für unsere Sache könnten wir anderen aufzeigen, welche Bedeutung die Instandhaltung für die Gesellschaft hat. Das zentrale Motto der Circular Economy „Keep products in use“ sollten wir beispielweise selbstbewusst umformen zu „We keep production in use!“. Und allen erklären, dass wir damit einen wesentlichen Beitrag zur Ressourcenschonung und somit zur Rettung unserer Erde leisten!
Zukunftstechnologien verstehen!
Die Technik entwickelt sich so schnell weiter wie noch nie. Neue Technologien halten ständig Einzug in unserem Leben. Natürlich heißt das nicht, dass alte Technologien verschwinden werden, aber die Relevanz wird sich verschieben. Welche Technologien und Konzepte wichtiger werden, was der aktuelle Stand ist und worin Chancen für die Industrie liegen, lesen Sie in unserer Rubrik "Zukunftstechnologien" - hier entlang!
Einen Überblick über die relevantesten Zukunftstechnologien und deren industrielle Einsatzmöglichkeiten hat unsere Redakteurin Julia Dusold in diesem Kompendium für Sie zusammengefasst: "Das sind die wichtigsten Zukunftstechnologien".
Okay, okay, jetzt mag der ein oder andere von Ihnen denken, dass der Brumby komplett abgehoben ist. Mag sein, ein wenig vielleicht. Aber wenn alle Unternehmen ein Greenwashing betreiben, warum dann auch nicht wir? Zudem haben wir die besten Argumente dafür. Es muss ja nicht gleich so ein überzogener Brückenschlag zur Natur sein, wie dies einst Krombacher mit ihrem Regenwald-Projekt versucht hat. Obwohl die Parole „Saufen für den Regenwald“ doch ganz erfolgreich war. Zumindest mir gab einige Male Ansporn, das eine oder andere Bierchen mehr zu trinken.
Wenn wir also die Instandhaltung als Kern einer nachhaltigen und zirkulären Zukunft präsentieren, dann ist dies kein derartiges Greenwashing, sondern eine Tatsache, die vielen - auch Instandhaltern – so vielleicht noch nicht bewusst ist. Denn selbst Experten der Circular Economy sind sich einig: Repair ist besser als Recycling! Also sollten wir dies stärker in den Vordergrund unserer Aktivitäten stellen und dies mutig der Welt verkünden. Dann bekommen wir endlich auch die Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die wir in den letzten Jahren immer wieder eingefordert haben.
Ihr, quasi Öko-Aktivist
Lennart Brumby