Den Experten von Zühlke Engineering zufolge ist im Anlagen- und Maschinenbau der Weg mittlerweile für die Digitalisierung frei.
Vom Anlagenbauer bis zum Komponentenlieferanten ist allen klar, dass in den Daten der Maschinen unbekannte Schätze liegen. Jeder will sich vernetzen und im Zweifel seine eigene Industrial-IoT-Lösung bauen und vermarkten.
Aus Kundensicht ist das insbesondere dann problematisch, wenn etwa in der Produktion Anlagen verschiedener Hersteller eingesetzt werden, ohne die Vielzahl der integrierten Komponentenhersteller zu berücksichtigen.
Starke Umfeldeinflüsse wie Temperatur und Luftfeuchte oder grenzwertige Betriebseinflüsse, etwa vermehrte Not-Stops, führen zu erhöhtem Verschleiß und damit zu signifikanten Lebensdauerverkürzungen von Maschinen und deren Komponenten. Diese reagieren unterschiedlich auf die Belastungen, und die damit verbundenen Abhängigkeiten sind nicht transparent. Mögliche Kettenreaktionen, die zu einem ungeplanten Maschinenausfall führen, sind vermeidbar, wenn etwa eine Anomaly Detection, basierend auf den jeweiligen Sensorikdaten, die Komponenten und den Anlagen-Systemkontext, etwa ungewöhnliche Frequenzen, mittels der gemeinsamen Daten rechtzeitig darstellt und priorisiert.
Daher werden zwar Zustandsvisualisierungen der Maschine und deren Komponenten innerhalb einer Anlage auf Leitstandebene für den Betreiber sichtbar. Die Ausfallursachen einzelner Komponenten und das Detailwissen seiner Zulieferer kommen jedoch erst zum Tragen, wenn es zu spät ist.
Bislang, so die Experten von Zühlke, halten die meisten Anlagenbetreiber an ihrer Datenhoheit fest, dabei wäre ein Sharing-Economy-Datenansatz für alle Seiten von Vorteil. Betreiber würden von einer höheren Ausfall- und Planungssicherheit profitieren. Anlagenhersteller könnten nutzungsbasierte Preismodelle und Zulieferer als Grundlage dafür langfristigere Gewährleistungsmodelle anbieten. Daher sollte ein neues Eco-System auf Basis einer unabhängigen Datentreuhand entstehen.
Die heutige Situation bei der Nutzung der Daten ist aber eine andere. Jeder der Beteiligten hat gute Gründe, warum er selbst gerne einen Blick auf die Maschinendaten haben, jedoch diese nicht teilen möchte.
Daten-Treuhand-Lösung als Chance
Betriebsoptimierung und längerfristige Nutzungsdauern einerseits und die strukturierte Bereitstellung von Daten, unter Berücksichtigung der Datenhoheit andererseits, sorgen dafür, dass der Widerstand gegen den Datenaustausch größer ist als der gesehene Nutzen für die Beteiligten.
Um diesen Knoten zu lösen, sieht Zühlke eine Daten-Treuhand-Lösung als Chance, in der ein neutraler Dritter als Informationsbroker eine zentrale Plattform zum strukturierten und sicheren Datenaustausch bereitstellt. Die Grundlagen für Data Science und Data Analytics auf Basis der übergreifenden Rohdatensicht sind damit gelegt. Aus Sicht der Zühlke-Experten gibt es keine perfekte Daten-Treuhand-Lösung. Die Daten-Treuhand stellt für zentral bereitgestellte Daten (Data Lake) den Zugriff auf die Daten im Hinblick auf die Datenhoheit sicher. Hierbei sind die Beteiligten sowohl Datenlieferanten als auch Datenkonsumenten. Mittels eines Rollen- und Berechtigungskonzepts wird durch die Daten-Treuhand der Zugriffsumfang auf die Daten sichergestellt. Vom Vollzugriff bis zur Darstellung cloudbasierter Algorithmen-Berechnung skaliert der Zugriff, sodass Daten-Konsumenten im Zweifel keine Rohdaten sehen, sondern eine Algorithmenabfrage an die Daten-Treuhand senden und nur das Ergebnis erhalten.
So wird der Sprung weg von reaktiver fallbasierter Wartung und Reparatur hin zu präventiven systemübergreifenden Services möglich. Die Grundmodule einer Daten-Treuhand-Infrastruktur sind wiederverwendbar, doch da der Ansatz für die Beteiligten so neu ist, können derzeit zu den folgenden Fragen nur teilweise Antworten existieren:
- Wer sind die Initiatoren?
- Wie umfassend ist das einzubindende Eco-System an Kunden und Herstellern?
- Welches Geschäftsmodell soll die Daten-Treuhand bieten?
Ferner ist die Grundlage eines Daten-Treuhand-Ansatzes, dass die Initiatoren in ihrer eigenen IT-Infrastruktur auf einen kontinuierlichen, strukturierten Datenaustausch, insbesondere auch in den Schnittstellen zu den Produktions- und Betriebsdaten, vorbereitet sind.
Mit dem Lösungsansatz der Daten-Treuhand können Kunden, Betreiber, Anlagenhersteller und Komponentenzulieferer über ihre eigenen Systemgrenzen hinweg gezielt Vorhersagemodelle in die Überwachung der Anlagen und Maschinen einbringen. Mit der Sicherstellung der Datenhoheit wird die Vertrauensgrundlage geschaffen, sodass Ausfallzeiten vermieden und längere Gewährleistungsmodelle möglich werden. Mit dieser Grundlage werden nutzungsbasierte Preismodelle durchgehend möglich, sodass neue kundenzentrierte Services angeboten werden können. Der digitale Kreis schließt sich und herstellerübergreifende Geschäftsfelder können entstehen. md