Leckagen in der Wasserversorgungsinfrastruktur sind ein weltweit drängendes Thema: Jeden Tag gehen 90 Millionen Kubikmeter Trinkwasser verloren. Oder anders gesagt: 30 Prozent des aufbereiteten Wassers erreichen den Verbraucher nicht.
Marode Netze, veränderte Anforderungen und über viele Jahrzehnte zu wenig auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Management lassen in den weitverzweigten unterirdischen Leitungsnetzen Rohre platzen, Armaturen und Verbindungen lecken. Entsprechend groß sind heute die Herausforderungen an regionale und kommunale Wasserversorger: Neben der ohnehin kontinuierlich mit großem finanziellem Aufwand betriebenen Instandhaltung und sukzessiven Erneuerung alternder Netze gilt es, die Wasserversorgungsinfrastruktur zukunftsfähig und damit für deutlich veränderte Anforderungen auszulegen.
Städte wie Tokio oder Seoul haben diesen Schritt vor rund drei Jahrzehnten gemacht und inzwischen alle Rohre ihrer Trinkwasserversorgungsnetze durch Rohre aus Edelstahl Rostfrei ersetzt. Drastisch gesunkene Leckage- und Reparaturraten, Minimierung der Instandhaltungsaufwendungen bei gleichzeitig stark gestiegener Wasserproduktion machen diese Lösung – trotz der initial höheren Materialkosten – zum Musterbeispiel für eine hochgradig wirtschaftliche Wasserversorgungsinfrastruktur.
Im internationalen Vergleich steht Deutschland mit im Schnitt fünf Prozent Trinkwasserverlust noch relativ gut da. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde hierzulande mit dem Bau eines öffentlichen Leitungsnetzes für die Trinkwasserversorgung begonnen. Der Großteil der heutigen Infrastruktur wurde jedoch in den 1950er und -60er Jahren erstellt oder erneuert – mit regional höchst unterschiedlichen Leitungswerkstoffen. Entsprechend breit ist das Spektrum der heute anzutreffenden Rohrmaterialien: Neben Grauguss, Sphäroguss und Stahl werden Kunststoffrohre aus Polyethylen (PE) und Polyvinylchlorid (PVC) sowie Faserzementrohre eingesetzt.
Rohrmaterial altert
Durch materialabhängiges Alterungsverhalten und bodenspezifisch unterschiedliche Korrosionsbelastung ist der Zustand der Rohre in dem 530.000 Kilometer langen Trinkwassernetz Deutschlands sehr heterogen. Deutschlandweit besteht ein hoher Bedarf an Grunderneuerung und Ersatzbau. Maßgeschneiderte Modernisierungsstrategien erfordern zudem den Ausbau der historisch gewachsenen Netzstruktur und die Anpassung an den geänderten Wasserbedarf. Gesellschaftliche Veränderungen wie demografischer Wandel und der Trend zum Leben in der Großstadt anstatt in ländlichen Regionen machen vielerorts einen deutlichen Ausbau von städtischer und eine Verkleinerung ländlicher Wasserinfrastrukturen erforderlich.
Auch sinkender Wasserverbrauch sowie durch den Klimawandel bedingte Veränderungen wie extrem heiße und trockene Sommer oder lokale Starkregenereignisse verlangen nach neuen Strategien sowie vorausschauenden Investitionen.
Schwierige Ausgangssituation
Die Infrastruktur des Trinkwasserversorgungsnetzes ist höchst komplex: Kilometerlange Leitungen aus Rohren verschiedenster Durchmesser, deren Alter, Material, Verschleißgrad und Verlegung oftmals nicht bekannt und aus früheren Jahren unzureichend dokumentiert ist. Hinzu kommen Flansche, Schieber, Muffen, Verteiler, Ventile, Druckminderer, Verschraubungen und Verbindungen, die seit Jahrzehnten strömungs- und witterungsbedingtem Verschleiß, hohem Druck, Korrosion sowie verkehrsbedingten oder seismischen Erschütterungen ausgesetzt sind.
Deutsche Wasserversorger haben bislang mit kontinuierlichen Investitionen in die Infrastruktur und einer Vielzahl an Verfahren und Geräten, die für eine visuelle, akustische oder digitale Leckageortung eingesetzt werden, auf diese Situation reagiert. So ist der Wasserverlust regional unterschiedlich stark und konnte von neun bis 15 Prozent im Jahr 2010 auf etwas über fünf Prozent im Jahr 2016 gesenkt werden. Zum Vergleich: In England und Italien liegt er bei knapp 30 Prozent, in Frankreich bei 25 Prozent und in Norwegen teilweise bei 35 Prozent (Oslo).
Lecks bleiben oft unentdeckt
Während große Lecks in der Regel schnell bemerkt werden, weil das Wasser an der Oberfläche austritt, bleiben kleine Lecks oftmals lange Zeit unbemerkt und verursachen dadurch hohe Verluste und Kosten. Nur 25 Prozent der Rohrbrüche werden durch austretendes Wasser sofort erkannt. 90 Prozent aller Lecks entstehen an Verbindungen. Experten sind sich deshalb einig, dass eine nachhaltig wirtschaftliche und an die veränderten Rahmenbedingungen angepasste Trinkwasserversorgung erhebliche Investitionen und Erneuerungen erfordert, um das bisherige hohe Niveau auch für künftige Generationen halten zu können.
Lebenszykluskosten des Rohrsystems niedrig halten
Um Leckagen, Wasserverlust und Folgeschäden zu minimieren und regionalspezifische Mehr- oder Minderauslastungen dauerhaft zu meistern, muss das Rohrleitungsnetz grundlegend saniert werden. Dazu zählt auch, die bisherige Praxis der Materialwahl auf den Prüfstand zu stellen.
Eine Werkstoffwahl, die allein durch den Beschaffungspreis geleitet wird, birgt zum einen das Risiko, minderwertiges Material zu beziehen. Zum anderen werden bei rein preisbezogener Anschaffung in der Regel die Lebenszykluskosten nicht berücksichtigt: Doch Installationsaufwand, Haltbarkeit, Wartungskosten, Reparatur- und Austauschbedarf belasten kommunale Kassen über die gesamte Nutzungsdauer des Materials.
WZV: Stahl statt Plastik
Bei der heute erwarteten Nutzungsdauer von 100 Jahren – und unter Berücksichtigung der Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens – lohnt ein Kosten- und Emissionsvergleich der herkömmlich eingesetzten Rohrmaterialien mit Leitungssystemen aus Edelstahl Rostfrei, sagt der zugehörige Warenzeichenverband WZV (siehe Kasten unten). Insbesondere die heute weit verbreitete Verwendung von Kunststoffrohren schneidet demnach hierbei schlecht ab. Oftmals tritt bei ihnen schon nach 15 Jahren sichtbarer Materialverschleiß auf: Längsrisse durch hohen Druck zählen zu typischen Schadensbildern. Unterm Strich verursachen PE-Rohre in 100 Jahren 62 Prozent höhere Unterhaltskosten als Edelstahlrohre, bei PVC-Rohren beträgt der Unterschied sogar 76 Prozent, sagt der WZV.
Nicht unerwähnt bleiben dürfe in diesem Zusammenhang das Risiko einer möglichen Belastung des Trinkwassers durch Mikroplastikpartikel, die beim Einsatz von Kunststoffrohren bei den hohen, im Leitungssystem vorherrschenden Strömungsgeschwindigkeiten durch Abrasion entstehen und in das Wasser eingetragen werden können. Rohre aus Edelstahl Rostfrei der Güte 1.4401, die Tokio für die Erneuerung seiner Wasserversorgungsinfrastruktur eingesetzt hat, oder Edelstahlrohre der Güte 1.4301, für die sich Seoul wegen geringerer bodenchemischer Belastungen entschied, hätten sich in allen Punkten als überlegene Alternative erwiesen. Wenn erhöhter Korrosionsschutz gefordert ist – beispielsweise bei Installationen in Küstennähe – seien Duplex-Stähle die ebenso nachhaltig zuverlässige wie wirtschaftliche Variante.
Leitungsnetze zukunftssicher machen
Für Rohre aus Edelstahl Rostfrei in anwendungsbezogen angepasster Legierung spricht laut WZV an erster Stelle ihre herausragende - Korrosion: Die Rettung des Schiffshebewerks Niederfinow">Korrosionsbeständigkeit. Diese mache die Wasserleitungsnetze deutlich beständiger gegen Wasser, Biozide oder bodenchemische Belastungen als Netze mit Rohren aus Stahl, Grau- oder Sphäroguss.
Edelstahl – und hier vor allem Duplexstahl – widerstehe dank seiner ausgeprägten Erosionsbeständigkeit auch hohen Strömungsgeschwindigkeiten. Dazu trage auch der werkstofftypisch niedrige Reibungskoeffizient bei, der durch geringeren Druckverlust in der Rohrleitung hohe Durchflussraten ermöglicht. Dadurch seien Kosteneinsparungen sowohl bei der Auslegung der Pumpen und ihrem Energieverbrauch als auch durch kleinere Innendurchmesser der Rohre möglich.
Dünnere Rohre möglich
Die hohe Festigkeit des Werkstoffs erschließt laut dem Warenzeichenverband zudem weiteres Einsparpotenzial, da er auch geringere Wandstärken der Rohre erlaubt. Bei allen Betriebstemperaturen erhöhe die Duktilität von Edelstahl Rostfrei überdies die Belastbarkeit der Rohre gegenüber Erschütterungen und Stößen – ein Aspekt, der nicht nur für erdbebengefährdete Regionen, sondern auch in verkehrsreichen Gebieten von hoher Bedeutung ist.
Exzellente Umform- und Verarbeitungseigenschaften sowie gute Schweißbarkeit gewährleisteten eine ebenso schnelle wie einfache Installation von Leitungsrohren aus nichtrostendem Stahl. Positiv hebt der verband die Trinkwasserqualität hervor, die Rohre aus Edelstahl Rostfrei dank ihrer glatten, harten Oberfläche während der gesamten Nutzungsdauer gewährleisteten. Der inerte Werkstoff gebe keine Metallionen ab und verhindere gleichzeitig jede Form der Bakterienanhaftung. Das Trinkwasserleitungsnetze aus nichtrostendem Stahl dauerhaft hygienisch machen.
Die materialbedingten Vorteile von Edelstahl kämen bei Verbindungen, Ventilen oder Muffen, die für die Rohrinstallation erforderlich sind, ebenso zum Tragen wie bei Druckminderern oder verschleißfreien Wasserzählern aus diesem Werkstoff. Auch Pumpen oder Hochbehälter, die den notwendigen Druck im Wasserverteilnetz erzeugen, mache Edelstahl Rostfrei zu einer nachhaltig wirtschaftlichen Investition in eine zuverlässige Trinkwasserversorgung mit Enkelfähigkeit.
Warenzeichenverband Edelstahl Rostfrei e.V.
Das international geschützte Markenzeichen Edelstahl Rostfrei wird seit 1958 durch den Warenzeichenverband Edelstahl Rostfrei e.V. an Verarbeiter und Fachbetriebe vergeben. Die derzeit über 1.200 Mitgliedsunternehmen verpflichten sich zum produkt- und anwendungsspezifisch korrekten Werkstoffeinsatz und zur fachgerechten Verarbeitung.