Kosteneffiziente Instandhaltung ist für Anlagenbetreiber ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Damit jedoch Kosteneffizienz und Sicherheit nicht im Widerspruch stehen, müssen Inspektion, Überwachung, Wartung und die Beseitigung von Schwachstellen stets auch den Gesichtspunkt der Anlagensicherheit berücksichtigen.
Deshalb gilt es, durch Risiko-orientierte Verfahren einen optimalen Mix aus schadensbezogener, periodischer oder zustandsorientierter Instandhaltung zu finden, der den jeweiligen System- und Komponentenbedürfnisse bestmöglich entspricht. Die hauptsächlichen Kriterien sind dabei, neben den Konsequenzen hinsichtlich Sicherheit, Gesundheit und Umwelt, auch die wirtschaftlichen Auswirkungen, die sich vor allem aus den Folgen für den Anlagenbetrieb ergeben.
Je nach Bedarf und Aufgabenstellung sind verschiedene Detaillierungsgrade möglich, die eine optimale Lösungsstrategie vor allem bei komplexen Anlagen ermöglichen. Unter Einsatz vereinfachter Methoden können so zunächst sensible Systembereiche mit dem größtmöglichen Optimierungspotenzial herausgefiltert und im zweiten Schritt die einzelnen Komponenten detailliert betrachtet werden.
Um die Risiken für die einzelnen Systeme und Komponenten effizient zu bestimmen, erfolgt zunächst eine Unterteilung der Anlage in logische funktionale Einheiten sowie die Ermittlung der Schadensarten und Folgeketten. In einem zweiten Schritt werden dann die Wahrscheinlichkeit und die möglichen Folgen eines Ausfalls einzelner Komponenten ausgewertet.
Wichtig ist, dass während der Risikoauswertung alle relevanten Schädigungs- und Alterungsmechanismen zu berücksichtigen sind. Um das sicher zu stellen, werden der tatsächliche Anlagenzustand erfasst sowie vorhandene generische Daten einbezogen und Betriebserfahrungen konsequent ausgewertet. Auf dieser Datengrundlage lassen sich nun die konkreten Instandhaltungsmaßnahmen verlässlich ableiten.
Ohne die Systembereiche mit einem größtmöglichen, kostenbezogenen Optimierungspotenzial zu vernachlässigen, bezieht der Risiko-orientierte Ansatz insbesondere die Anlagenbereiche mit einer hohen Risikoeinstufung ein. Die Einstufung ergibt sich dabei aus der Betrachtung und Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Fehlers und dessen Konsequenzen (Risiko). Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse werden anhand einer Risiko-Matrix dargestellt. Die Risiko-Matrix ermöglicht so einen detaillierten Überblick über die Ausfallwahrscheinlichkeit, Relevanz und das gesamte Schadensausmaß von einzelnen Komponenten. Darüber hinaus werden die besonders sicherheitsrelevanten Bereiche deutlich und die Risiken mit schwerwiegenden Folgen für Gesundheit und Umwelt frühzeitig erkannt.
Für die Komponenten mit erhöhter Risikoeinstufung werden dann komplexere quantitative Untersuchungen angesetzt und anhand eines individuell zu entwickelnden Maßnahmenplans die Risiken reduziert. Andererseits können, abhängig von der Risikoeinstufung, abgestufte Anforderungen an durchzuführende Maßnahmen definiert werden. Das Ergebnis ist eine effiziente und vorrangig auf die Anlagensicherheit ausgerichtete Instandhaltung.
Gleichzeitig soll der Risiko-orientierte Ansatz aber auch den Effizienzkriterien genügen, also außer der Verfügbarkeit ebenfalls die Wirtschaftlichkeit der Anlage steigern. Flexibilisierte Prüffristen sind hier eine Stellschraube in einer effizienten und sicheren Instandhaltungsmethodik. Effizient ist eine Instandhaltungsmaßnahme dann, wenn sie zum optimalen Zeitpunkt erfolgt. Bestimmt wird dieser Zeitpunkt anhand der ausgewerteten Daten aus der Risikomatrix. Als optimal gilt der Zeitpunkt der Instandhaltungsmaßnahme, wenn sie mit definiertem Sicherheitsabstand vor Eintritt eines relevanten Schadens erfolgt. So können abhängig von der Risikoeinstufung adäquate Prüfintervalle festgelegt werden.
Für jede Instandhaltungsstrategie sind dabei die rechtlichen Vorschriften von elementarer Bedeutung. Inspektions- und Instandhaltungsmaßnahmen müssen sowohl mit nationalen als auch internationalen rechtlichen Vorgaben übereinstimmen. Ziel der rechtlichen Anforderungen ist, die Anlagensicherheit und -verfügbarkeit zu gewährleisten. Auf nationaler Ebene setzt unter anderem die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) hohe Maßstäbe an die Sicherheit. Anlagenbetreiber werden dabei zu einer vorausschauenden Gefährdungsbeurteilung und lückenlosen Dokumentation verpflichtet.
Im Einzelnen hat der Anlagenbetreiber mögliche Gefährdungen für die Sicherheit, Gesundheit und Umwelt zu ermitteln und notwendige Schutzmaßnahmen vorzusehen. Neben Art und Umfang erforderlicher Prüfungen sind hierzu auch die Prüffristen vom Betreiber selbstständig festzulegen. Darüber hinaus sind alle hierzu getroffenen Maßnahmen, darunter auch die Prüfungen, lückenlos zu dokumentieren. Damit stellt der Gesetzgeber die Eigenverantwortung des Betreibers in den Mittelpunkt.
Gleichzeitig erhält der Betreiber aber insbesondere mit der Betriebssicherheitsverordnung auch neue Freiheitsgrade für Effizienzgewinne, die durch eine optimierte Inspektions- und Instandhaltungsstrategie realisiert werden können. Hierbei nehmen flexibilisierten Prüffristen einen wichtigen Platz ein. Werden nämlich die Prüfintervalle auf die per Risikoauswertung ermittelten Gefährdungen ausgerichtet und auch die notwendigen Schutzmaßnahmen getroffen, so führen die effizienten flexibilisierten Prüffristen zu einem hohen, den rechtlichen Anforderungen entsprechenden Sicherheitsstandard.
Dr. Robert Kauer, Dr. Jürgen Deininger
TÜV SÜD Industrie Service GmbH
TÜV-RoiM – Die Methodik und ihre Vorteile
Mit dem von TÜV SÜD entwickelten Ansatz der Risiko-orientierten Instandhaltung (TÜV-RoiM) lassen sich durch die Bewertung der Ausfallwahrscheinlichkeit und Identifikation kritischer und unkritischer Komponenten detaillierte und angepasste Instandhaltungs- und Inspektionspläne für die Anlagen entwickeln. Die Pläne helfen nicht nur die Betriebs- und Wartungskosten zu senken; auch die Verfügbarkeit wird optimiert und die vorgegebenen Prüfintervalle werden flexibilisiert. Wesentliches Ziel des Ansatzes ist somit eine optimale Anlagenverfügbarkeit mit möglichst effizientem Kosteneinsatz unter Berücksichtigung sicherheitstechnischer Vorgaben.
TÜV-RoiM kombiniert Zuverlässigkeits- und Risikobewertungen durch Informationen aus physikalischen Modellen, anlagenspezifischen und generischen Daten und nicht zuletzt ingenieurmäßigem Sachverstand. Die Methodik setzt auf qualitative und quantitative Techniken, die auch in international anerkannten Standards und Richtlinien Anwendung finden wie API, RIMAP, IEC. Die Methodik ist an die individuellen Verhältnisse und die konkreten Aufgaben angepasst. Auf dieser soliden Grundlage kann ein optimierter und Risiko-orientierter Entscheidungsprozess installiert werden.