Ein erfolgreich integriertes Wissensmanagement ist ein wesentlicher Faktor für das Erreichen von unternehmerischen Zielen und der Wettbewerbsfähigkeit. Dies gilt insbesondere im aktuellen Zeitalter, das von einer erleichterten Informationsverbreitung durch das Internet, einem starken Belegschaftswandel aufgrund einer älter werdenden Mitarbeiterstruktur sowie einer zunehmenden Anzahl an befristeten Arbeitsverträgen insbesondere im Bereich der Young Professionals gekennzeichnet ist.
Wo horten die Mitarbeiter das Wissen?
Durch das höhere Risiko von Wissensverlust steigt die Bedeutung eines funktionierenden Wissensmanagements innerhalb eines Unternehmens. Gerade in der Instandhaltung existiert komplexes Wissen über die technische Infrastruktur, Maschinen, Anlagen und deren Historie zu oft als Lebensakte nur in den Köpfen der Mitarbeiter.
Wissensmanagementtools beziehungsweise -methodiken stellen wichtige Werkzeuge dar, um Instandhaltungsexpertise im Betrieb zu lokalisieren und verfügvar zu machen. Zusätzlich muss implizites (Erfahrungs-)Wissen aufbereitet und für Arbeitsaufgaben zugänglich gemacht werden. Im Rahmen des „Branchenindikators Instandhaltung“ wurden Anwendungsmethoden sowie Vorteile und Hemmnisse eines aktiven Wissensmanagements betrachtet.
Der Branchenindikator Instandhaltung ist ein Stimmungsbarometer der Instandhaltungsbranche, welcher quartalsweise wichtige Entscheidungsträger aus Instandhaltung und industrieller Dienstleistung befragt. Er wird in Zusammenarbeit des Forums Vision Instandhaltung (FVI) mit dem Competence-Center Instandhaltung des FIR an der RWTH Aachen erhoben. Weitere Informationen und alle Ergebnisse unter: ih-indikator.de
Welche Wissensmanagementtools werden genutzt?
Die verbreitesten Wissensmanagementtools deutscher Instandhalter stellen Online Laufwerke und das Intranet dar. Sowohl industrielle Instandhaltungsdienstleister als auch innerbetriebliche Instandhaltungsabteilungen nutzen beide Tools bevorzugt, um explizites Wissen zugänglich zu machen.
Wesentlich geringer fällt der Einsatz von Wikis und Blogs aus. Diese sammeln kollaborativ Wissen in Form von Text und Bildmaterial und werden von weniger als 20 Prozent der Befragten verwendet. Ein Drittel der Instandhalter hält an der Benutzung eigenkonzipierter Tools fest.
In Bezug auf persönliche Interaktion sind wöchentliche bzw. monatliche Treffen als Methodiken am weitesten verbreitet, die gerade dem Austausch implizitem Wissens dienen können. Daily (Stand-Up) Meetings finden bei den Instandhaltungsabteilungen einen wesentlich größeren Zuspruch als bei den industriellen Dienstleistern
Welche Strategien sind noch beliebt?
Zusätzlich zu den abgebildeten Tools kommen weitere, teilweise indirekte Strategien zur proaktiven Förderung des Wissensaustauschs zum Einsatz. Hierbei setzen beide Instandhaltungsgruppen mehrheitlich auf spezielle Arbeitsverteilungen wie beispielsweise Teamarbeit in Kombination mit Mentoring oder Workshops.
Dadurch wird einerseits ein direkter Austausch zwischen Arbeitskollegen auf Abteilungsebene gefördert und andererseits Wissen kontinuierlich auf übergreifender Ebene vermittelt und gesammelt. 20 Prozent der industriellen Instandhaltungsdienstleister greifen auf spezifische Büroformen, Pausenbereiche und Aktivitäten zurück, die zum Informationsaustausch anregen sollen (osmotische Kommunikation).
Abgesehen von den Methodiken ist ebenfalls der Umfang ihrer Anwendung ausschlaggebend. Die Tools der innerbetrieblichen Instandhalter werden hauptsächlich abteilungsweit oder nur innerhalb kleinerer Einheiten einer Abteilung verwendet.
Industrielle Dienstleister zeigen hingegen eine Tendenz zum standort- und abteilungsübergreifenden und somit auch zusammenhängenden Einsatz ihrer Tools. Dies könnte an einer integrierten, vollständigeren Auffassung und Förderung des Wissensmanagements durch die Geschäftsführung liegen.
Bekräftigt wird die Annahme durch das Ergebnis, dass 22 Prozent der industriellen Instandhaltungsdienstleister die Teilnahme am Wissensaustausch sowie die dafür vorgesehenen Tools fest vorgeschrieben bekommen. Bei nur vier Prozent der Instandhaltungsabteilungen ist dies der Fall.
Wo sehen Instandhalter den Nutzen der Tools?
Den größten Nutzen von Wissensmanagementpraktiken sehen Instandhalter in der Offenlegung impliziten Wissens sowie in der Steigerung der Arbeitseffizienz. Darüber hinaus steht auch die Vermeidung von Wissensverlust im Vordergrund. Dennoch weisen einige Unternehmen wenig etablierte oder keine Tools auf.
Die Hemmnisse liegen hier größtenteils bei der fehlenden Motivation und Akzeptanz der eigenen Mitarbeiter. Sie sind zum einen bedingt durch den nicht direkt sichtbaren, persönlichen Nutzen des eigenen Wissentransfers, zum anderen durch die bereits hohe Arbeitsauslastung der Mitarbeiter.
Wie kann ein neues Tool in der Praxis aussehen?
Ein Beispiel für die erfolgreiche Anwendung eines Wissensmanagementtools, das insbesondere die fehlende Motivation der Mitarbeiter in Angriff nimmt, liefert die im Rahmen des Verbundprojektes „ELIAS“ entwickelte Community of Practice (COP) in der Demonstrationsfabrik Aachen. Sie ist als interaktive Gemeinschaft von Praktikern zu verstehen, ähnlich einer Kombination aus Blog und Wiki.
Die Implementierung eines solchen Portals verfolgte das Ziel, die im Unternehmen verstreuten, nicht handlungsorientierte Informationen und Wissen für die Mitarbeiter verfügbar zu machen. Die COP soll somit nicht nur das organisationale Lernen fördern, sondern auch Zuwächse im Wissenskapital generieren und diese messbar machen.
Hierfür wurde zunächst eine webbasierte Plattform für das Wissensmanagement der Community aufgebaut, mit initialem Inhalt gefüllt und die Nutzung des Tools im Arbeitsalltag überprüft. Das Ergebnis ist ein umfassendes Informations- und Wissensmanagementsystem zu produktionsrelevanten Themen.
Um die Interaktion der Mitarbeiter mit der COP anzutreiben, wurde mit Hilfe einer Punktevergabe für das Verfassen bestimmter Beiträge ein Rangsystem für Mitglieder eingeführt.
Positive Bewertungen stärken die Reputation der Mitglieder und wirken sich folglich vorteilhaft für weiteren Austausch zwischen den Mitgliedern aus. Die Qualität der Inhalte und der Struktur des Seitenaufbaus werden gesichert, indem sie ein Redakteur überprüft und formatiert.
Das Portal konnte letztendlich so gestaltet werden, dass sich neue Mitarbeiter durch eine erleichterte Informations- und Wissenszugänglichkeit schneller einarbeiten können. Die Zugänglichkeit wird zusätzlich gestärkt, indem Informationen ebenfalls durch mobile Endgeräte bereitgestellt werden.
Frederick Birtel, Drs. Roman Senderek, Felix Adam
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