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Instandhalter in der Industrie: Auch für unsere Branche ist es an der Zeit, über die kommendene Herausforderungen nachzudenken. (Bild: Monkey Business - Fotolia.com)

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Instandhalter in der Industrie: Auch für unsere Branche ist es an der Zeit, über die kommendene Herausforderungen nachzudenken.
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Antworten auf diese Fragen werden im Rahmen einer öffentlich geförderten österreichischen Sondierungsmaßnahme mit der Bezeichnung „Instandhaltung 4.0“ gesucht. Dabei geht es darum, herauszufinden, wie sich die vierte industrielle Revolution auf den Instandhaltungssektor und auf die InstandhalterInnen auswirken wird. Die Analyse umfasste zwei Teile:

1. Qualitative Analyse: Für die Erhebung der Bedürfnisse wurde ein Interview-Leitfaden als Basis für strukturierte Experten-Interviews entwickelt und zwölf ExpertInnen ausgewählt, die unterschiedliche Rollen in den Instandhaltungs-Prozessen haben. Dieses repräsentieren Instandhaltungs- und Produktionsleiter unterschiedlicher Branchen, Software-Anbieter, Systemintegratoren und Berater im Instandhaltungs-Umfeld.

2. Quantitative Analyse: Die Ergebnisse der Experteninterviews bildeten die Grundlage für die Entwicklung einer Online-Umfrage, die 2014 im deutsch-sprachigen Raum durchgeführt wurde. Die überwiegende Mehrheit der TeilnehmerInnen (64 %) kam aus Österreich, 31 % aus Deutschland, der Rest entfiel auf die Schweiz und andere Länder. Die Verteilung der Befragten auf Branchen war gleichmäßig – mit Schwerpunkten auf Metallverarbeitung, Maschinen- und Stahlbau, Basischemie, Instandhaltungs- und Industriedienstleistern sowie der Automobilfertigung und Fahrzeugtechnik. Wichtig für die Relevanz der Aussagen dürfte sein, dass 68 % der TeilnehmerInnen direkt mit der Instandhaltung befasst sind, und dass für 84 % der Befragten Instandhaltung entweder Kerntätigkeit oder häufiger Bestandteil ihrer Aufgaben ist. Die Beteiligung kleiner, mittlerer und größerer Unternehmen war sehr gleichmäßig verteilt: 48 % der Befragten stammten aus Unternehmen mit bis zu 500 MitarbeiterInnen, der Rest aus größeren Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen.

Welches Bild ergibt sich nun aus einer ersten Auswertung dieser Analysen? Dazu hier einige Aspekte zur weiteren Entwicklung der Instandhaltung im Hinblick auf Industrie 4.0.

Bei der Einschätzung der kommenden Herausforderungen für die Instandhaltung zeigte sich, dass die TeilnehmerInnen der Umfrage die größten Anforderungen vor allem in nicht-technischen Bereichen sehen. Über 75 % der Befragten erkennen die Herausforderungen im Bereich der „Etablierung neuer Arbeitspraktiken und Prozesse“ sowie in der „abteilungsübergreifenden Kooperation“.

Das Projekt

Eckdaten „Instandhaltung 4.0“

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Die Sondierungsmaßnahme „Instandhaltung 4.0“ wird durch das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) und die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Rahmen der FTI-Initiative „Produktion der Zukunft“ gefördert.

  • Programm: FTI-Initiative „Produktion der Zukunft“ (gefördert vom BMVIT)
  • Projekttyp: Sondierungsmaßnahme, Konsortialprojekt
  • Projektvolumen: 250.000 €
  • Projektlaufzeit: 01.02.2014 – 31.01.2015
  • Projektpartner: Salzburg Research (Koordinator)
  • dankl+partner consulting GmbH
  • Messfeld GmbH
  • Bilfinger Chemserv GmbH
    http://instandhaltung40.salzburgresearch.at

Ein systematischer Austausch der Informationen zwischen den Anlagenherstellern, -Betreibern und InstandhalterInnen ist derzeit noch selten. Fehlendes Vertrauen steht einer stärkeren unternehmensübergreifenden Kooperation, etwa dem Datenaustausch zwischen Maschinenherstellern und Betreibern, im Weg. Unternehmen geben nämlich nur ungern tiefe Einblicke in die internen Prozesse. Der Grund: Sie fürchten strategische Nachteile und Autonomieverlust. Außerdem möchten sie kein Fehlverhalten, etwa übermäßiges Ausreizen von Maschinenkapazitäten und die damit verbundenen hohen Belastungen der Ausrüstungen, nach außen zeigen. Hinzu kommt die Sorge, dass es zu Datenklau und Spionage kommen könnte. In Teilbereichen, etwa dem Monitoring und den Re­mote-Services, findet allerdings bereits ein Umdenken statt: Hier schaffen bestehende, langjährige Geschäftsbeziehungen die Voraussetzungen für Vertrauen und Offenheit in Bezug auf den Datenaustausch.

Die Daten sind allerdings nur eine erste Komponente von Instandhaltung 4.0. Wichtig sind auch Kontextparameter, die derzeit noch kaum erfasst werden. Zum Teil erlauben es die aktuellen technischen Systeme nicht, Daten selektiv im

instandhaltungstage

Experten-Interviews –- Robert Eckhoff und Mark Markus (Salzburg Research) im Gespräch mit Gerhard Stöger (Siemens AG) (v.l.n.r.).

Rahmen von „Data-Agreements“ oder „Data-Banking“ weiterzureichen. Hier müssen nach Meinung der ExpertInnen die Betreiber selbst Sicherheitssysteme einführen.

Momentan wird oft von den Maschinenherstellern erwartet, dass sie die Sicherheit von Daten garantieren. Das ist jedoch so nicht umsetzbar, mangelt es doch an Systemen für die Organisation von Daten ebenso wie an der Erkenntnis der notwendigen Maßnahmen sowohl bei den Maschinenherstellern als auch bei den Betreibern.

Die erfolgreiche Umsetzung von Anforderungen an die Instandhaltung 4.0 erfordert einen Rollenwandel in vielen Bereichen eines Unternehmens. So muss das Management sich etwa mit der Frage auseinandersetzen, ob und in welchem Ausmaß einem Datenaustausch über die Grenzen des Unternehmens zugestimmt wird. Die IT-Abteilungen wiederum müssen bereit sein, neue mobile Systeme und Softwarelösungen einzuführen, werksübergreifende Datenabfragen zuzulassen, neue Berechtigungsmodelle zu entwickeln und umzusetzen. Weiterhin ist es erforderlich, neue Organisationsmodelle zu entwickeln, um damit auf Daten basierende Entscheidungen schneller treffen zu können und inhärente Hindernisse der Aufbauorganisation, etwa bestehende Hierarchien, zu überwinden. Einen Wandel wird es bei den benötigten Funktionen in der Instandhaltung geben: Der Schwerpunkt der Tätigkeiten verlagert sich zunehmend auf die Bereiche Planung, Analyse, Visualisierung und Virtualisierung. Das wiederum erfordert ein Umdenken in den Ausbildungskonzepten.

 

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Die Auswahl der richtigen Instandhaltungsstrate-
gien und -methoden betrachten die Experten als wichtigste Herausforderung. Dabei besteht ein Trend zu zu-
standsorientierten und vorausschauenden Strategien.
Quelle IH40 Online-Umfrage

Der Mensch in der Instandhaltung 4.0

Nach Meinung der ExpertInnen spielen Menschen und ihre Kompetenzen deshalb auch eine sehr wichtige, ja für die „Instandhaltung der Zukunft“ die wichtigste Rolle. Durch zunehmende Komplexität der Instandhaltung steigt auch der Anspruch an die InstandhalterInnen. Immer öfter gefragt sind Mechatroniker, die sich in Mechanik, Elektronik und vor allem IT gut auskennen.

Zudem reichte es früher oft aus, ein guter Techniker zu sein. Heute muss ein Instandhalter neben IT-Kompetenz auch fachliche, methodische, soziale und Führungskompetenzen vorweisen. Neue zielgerichtete Ausbildungen, die alle Kompetenzbereiche und Anforderungsniveaus abdecken, sind nötig, um Instandhaltung als interessantes Berufsfeld zu festigen und um nötige Veränderungen herbeizuführen. Bei der Wahl der Instandhaltungsstrategie zeichnet sich ein Trend zu zustandsorientierten und vorausschauenden Strate­gien ab. Condition Based Maintenance (CBM) wird der neue Weg sein, um zu einer viel klarer an den Zielen ausgerichteten Planung der Aufgaben in der Instandhaltung zu gelangen. Die Integration intelligenter Sensoren in die Anlagenüberwachung erleichtert dabei die Datenerfassung und führt bereits heute zu erweiterter Datenbereitstellung. Das jedoch bedeutet nicht immer eine Verbesserung der Informationen und der damit verbundenen Werkzeuge zur Erleichterung von Entscheidungen.

Der bisher eher zögerlich eingeschlagene Weg zur strategischen Integration des Condition Monitoring in die vorhandene Prozessautomatisierung bekommt unter Industrie 4.0 neuen Schwung: Die größte Herausforderung ist dabei weniger die Lösung der technischen Probleme. Als schwierig erweist sich vielmehr eine solche Integration von Condition Monitoring in den Prozessablauf, die es erlaubt, die Vorteile vorausschauender Wartung in vollem Umfang auszunutzen.

Die derzeit vorhandenen Systeme produzieren vielfach eine Unmenge von Daten. Die davon ableitbaren Informationen sind jedoch oftmals spärlich. Ziel des Condition Monitoring muss es nun sein, aus den erfassten Daten Informationen und Handlungsentscheidungen abzuleiten, wenn möglich automatisiert. „Potenzielle Anlagenstörungen frühzeitig erkennen“ wurde in der Online-Umfrage als eines der derzeit noch unzureichend gelösten Bedürfnisse genannt.

Die Ergebnisse der Analyse der Bedürfnisse, Herausforderungen und Trends in der Instandhaltung bestätigen die Arbeitshypothese der Sondierung: Wenn die Produktion durch cyber-physische Systeme weiter automatisiert wird, ändern sich

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Bei der Befragung wurde Wert darauf geleget, ein umfassendes Spektrum der Teilnehmer abzudecken. Die professionellen Instandhalter stellten dabei mit insgesamt 68 % jedoch den größten Anteil.
Quelle: IH40 Online-Umfrage

der Stellenwert der Instandhaltung im Unternehmen, ihre Kritikalität und ihre Aufgabenstruktur. Durch Vernetzung von Produktionsanlagen und Sensoren ergeben sich neue Möglichkeiten: Anlagen- und Maschinen-Zustände lassen sich unter diesen Bedingungen in allgemein üblichen Formaten erfassen, filtern, vorverarbeiten und analysieren. Das bedeutet Predictive Maintenance auf Grundlage von Condition Monitoring.

Damit stehen die Daten im Idealfall nicht nur den Maschinenherstellern und Anlagenbetreibern, sondern auch den InstandhalterInnen zur Verfügung. Letztere erhalten dadurch mobilen Zugriff und kontextabhängige Visualisierungen über den Zustand der Anlagen: Intelligentes Anlagen-Management als Ergänzung von TPM-Ansätzen (Total Productive Maintenance) und eine Steigerung des Stellenwerts der zustandsorientierten Instandhaltung sind die Folgen.

Das Projektteam der Sondierungsmaßnahme arbeitet derzeit an der Entwicklung von Szenarien und von einer Referenzarchitektur („Research Sprints“) für die Instandhaltung der Zukunft, welche in die Forschungs- und Entwicklungs-Roadmap einfließen.

Kontakt: Salzburg Research Forschungsgesellschaft m.b.H, Projektkonsortium „Instandhaltung 4.0“
Tel.: +43 6622288401, Mobil: +43 6642807149
www.salzburgresearch.at

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