Der Arbeitsschutz in Zeiten von Covid-19 stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Zu Beginn der weltweiten Pandemie und insbesondere nach der Veröffentlichung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards mussten die Maßnahmen zum Infektionsschutz an sämtliche Mitarbeiter kommuniziert werden.
Der Schwierigkeitsgrad dieser Aufgabe variierte dabei in Abhängigkeit von Größe, Internationalisierung und Qualität der bestehenden Prozesse eines jeden HSE-Unternehmens. Auch die Arbeitsschutzabteilung der Heidelberger Druckmaschinen AG wurde dadurch auf eine harte Probe gestellt.
Der Weltmarktführer für Druckmaschinen beschäftigt deutschlandweit rund 7.000 Mitarbeiter. Am Standort Wiesloch-Walldorf befindet sich die Konzernzentrale. Von hier steuert das Unternehmen Vertrieb, Marketing, Service, Personal und Finanzen, Produktion, Montage und den internationalen Versand.
Der am 16. April 2020 erschienene SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard stellte viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Das Krisenmanagement der Heidelberger Druckmaschinen AG begann bereits einen Monat früher. In Wiesloch-Walldorf tagte der Krisenstab, der entscheiden musste, wie die unterschiedlichsten Arbeitsplätze und Tätigkeiten vom normalen Büroarbeitsplatz bis zum Labor-Arbeitsplatz, besonders aber die vielen Servicetechniker, die weltweit unterwegs sind, effektiv vor einer Infektion mit Covid-19 geschützt werden konnten. Für die Realisierung hatte die vom Krisenstab beauftragte Arbeitsschutzabteilung nur eine Woche Zeit.
Heideldruck nutze seine Erfahrungen mit der HSE-Softwarelösung Quentic (HSE - Health Safety Environment; Gesundheit, Sicherheit, Umwelt), um sich einen Startvorteil bei diesem zeitkritischen Vorhaben zu sichern. Die Software war bereits seit 2013 im Einsatz und wurde unter anderem für Online-Unterweisungen im Büro, bis dato jedoch noch nicht in der Produktion genutzt.
Im Interview berichtet Sicherheitstechnologin Cornelia Schmitz-Hanig, wie sie die entsprechenden Hebel in Bewegung setzte und durch die Optimierung vorhandener Prozesse und Ausschöpfung von bisher ungenutzten Prozessmöglichkeiten pünktlich zum Ende der Frist einen Link zur Online-Unterweisung an alle 7.000 Mitarbeiter versenden konnte. Doch die Heidelberger Druckmaschinen AG bewältigte nicht nur die akute Krise, sondern konnte mit den im Krisenmanagement erarbeiteten Prozessen nachhaltige Verbesserungen in den Bereichen Arbeitsschutz und Legal Compliance anzustoßen.
Können Sie uns einen Überblick über die ergriffenen Maßnahmen zum Arbeitsschutz zu Beginn der Pandemie geben?
Cornelia Schmitz-Hanig: "Am 15. März wurde ein Pandemieplan veröffentlicht. Anschließend haben wir die neuen Verhaltensregeln an unsere Mitarbeiter kommuniziert. Das betraf insbesondere die grundsätzlichen Abstands- und Hygieneregeln sowie die Dienstreisen in Risikoregionen oder andere Gebiete, die gänzlich untersagt oder auf das absolut notwendige Maß reduziert wurden. Darüber hinaus trafen wir Regelungen in Hinblick auf Quarantäne und zusätzliche Maßnahmen zum mobilen Arbeiten, IT-Sicherheit und zum Datenschutz."
Am Standort Wiesloch-Walldorf tagte der Krisenstab des Unternehmens zum Thema Covid-19. Wie lautete der konkrete Auftrag des Krisenstabs an Sie als Sicherheitstechnologin?
Schmitz-Hanig: "Die Aufgabe des Krisenstabs richtete sich an die zentrale Arbeitsschutzabteilung, die die Sicherheitsmanagementrunde, in der die Fachkräfte für Arbeitssicherheit aller deutschen Standorte vertreten sind, koordiniert. In dieser Gruppe wird die Umsetzung des Arbeitsschutzstandards abgestimmt.
Insbesondere sollte sie mithilfe der bei uns eingesetzten Software-Lösung Quentic eine deutschlandweite Gefährdungsbeurteilung erstellen. Hierbei flossen auch Informationen aus unterschiedlichen Bundesländern ein. Auf dieser Basis wurde eine Unterweisung erstellt. Erstmalig waren für die Organisation der Unterweisungen nicht die einzelnen Führungskräfte zuständig.
Stattdessen war der Auftrag, diese Aufgabe zu zentralisieren sowie die Führungskräfte zu schulen und ihnen Handlungsempfehlungen zu geben. Die große Herausforderung war nun, die Unterweisung über 7.000 Mitarbeitern zentral und online zur Verfügung zu stellen."
Wie haben Sie diese Herausforderung gelöst?
Schmitz-Hanig: "Wir brauchten eine schnelle und praktikable Lösung, die uns Quentic ermöglicht hat. Per E-Mail verschickten wir einen Link, über den die Mitarbeiter die Unterweisung online und von daheim absolvierten. Die Abteilungsleiter wiederum konnten dann die Durchdringung der neuen Qualifikationen monitoren und bei Bedarf die Unterschriftenliste für Präsenzunterweisungen von Kollegen ohne direkten Zugang zu Quentic erstellen und nutzen. Rückblickend kann man sagen, dass wir auf diesem Weg eine große Akzeptanz für das Thema Arbeitsschutz im Unternehmen erzielt haben."
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und reagiert oft skeptisch auf Änderungen oder Unbekanntes. Wie reagierten die Mitarbeiter, von denen ja viele noch nie mit HSE-Software gearbeitet hatten?
Schmitz-Hanig: "Die meisten Mitarbeiter haben die Sicherheitsunterweisung ohne Probleme durchgeführt. Mit Sicherheit war Teil des Erfolgs, dass wir sie begleitend und umfassend informiert haben. So wussten sie, warum sie diese E-Mail erhalten, wie sie die Online-Unterweisung durchführen können und wer ihr Ansprechpartner bei Problemen ist. Natürlich gab es auch Fälle, bei denen es nicht funktionierte. Aber durch unseren zentralen Ansatz landeten diese Fälle zeitnah bei mir und wir konnten entsprechende Lösungen finden."
Inwieweit hat sich die Krise auf die Änderung der Prozesse im HSE-Management bei der Heidelberger Druckmaschinen AG ausgewirkt?
Schmitz-Hanig: "Mit dem Erfolg des Projekts ist klar, dass wir Online-Unterweisungen verstärkt im Unternehmen einsetzen werden. Sie erleichtern das Vermitteln neuer Inhalte und bieten einen schnellen und aktuellen Zugang zu Sicherheitsthemen. Auch die Nutzung statischer Links hat sich bewährt. Und es wurde deutlich, dass wir Führungskräfte künftig noch besser schulen und stärker einbinden beziehungsweise unterstützen müssen; gegebenenfalls auch mit solchen zentralen Aktionen.
Denn im HSE-Management spielen Führungskräfte eine zentrale Rolle. Wenn sie von der Relevanz nachhaltiger Arbeitsschutzmaßnahmen überzeugt sind, können sie auch aktiv die Belegschaft motivieren, diese einzuhalten und sich sicherer zu verhalten. Somit profitieren alle langfristig von der Optimierung der Maßnahmen und Prozesse."
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Welche Tipps haben Sie für die Wahl und Umsetzung neuer Prozesse?
Schmitz-Hanig: "Grundsätzlich sind optimierte Prozesse und klare Verantwortlichkeiten die Basis für ein stabiles HSE-Management, das auch Krisen gewachsen ist und schnelles Handeln ermöglicht. Eine HSE-Software, die auch ad hoc Prozesse ermöglicht, welche im Unternehmen noch nicht erprobt sind, ist nicht nur im Falle einer Krise ein nützliches Instrument. Zusätzlich haben wir innerhalb des Arbeitsschutzes alle möglichen Probleme, die es geben könnte, diskutiert. Diese Erkenntnisse haben wir dann in die Gespräche mit den Quentic Verantwortlichen aufgenommen, als es um die konkrete Umsetzung ging.
Die geplanten Maßnahmen, etwa den Einsatz eines statischen Links, haben wir immer wieder mit Mitarbeitern besprochen oder getestet, die weniger Erfahrung im Umgang mit der Software hatten. Viele Fehlerquellen konnten wir so schon im Vorfeld ermitteln und ausräumen. Das hat sich zum Beispiel deutlich auf die Inhalte der Unterweisungsfolien ausgewirkt. Ich würde also sagen: Testen und viel kommunizieren, das ist die halbe Miete."