Trumpf

Laser Metal Fusion zur additiven Fertigung von Metallteilen. - (Bild: Trumpf)

Produktion: Herr Graf, wie und wo kann die Blockchain-Technologie im Bereich des 3D-Drucks genutzt werden?

Konstantin Graf: Mithilfe additiver Fertigungsverfahren können Bauteile nach Bedarf und in örtlicher Nähe zum Einsatzort hergestellt werden. In Zukunft wird daher statt einer physischen Komponente in vielen Fällen nur eine 3D-Druckdatei verschickt werden.

So kann in kürzester Zeit etwa ein Ersatzteil vor Ort ausgedruckt werden. Für die Industrie stellt sich aktuell die Frage, wie man Fälschungssicherheit in diesem Umfeld gewährleisten kann. Schließlich kann jeder mit der richtigen Druckdatei entsprechende Teile herstellen - in unbegrenzter Zahl. Neben Aspekten der Entlohnung des Rechteinhabers müssen insbesondere bei sicherheitsrelevanten Elementen auch Qualität und Funktionalität gesichert sein.

In diesem Zusammenhang kann eine Blockchain-Infrastruktur weiterhelfen, um allen beteiligten Akteuren die Möglichkeit zu geben, untereinander zertifizierte Transaktionen durchzuführen (Peer to peer, „P2P“), das Geschäftsrisiko zu teilen und die Kosten für Systeme zu mindern. Eine Hauptanwendung ist es, eine sichere Plattform, basierend auf der Blockchain –Technologie, für die Umsetzung von Ersatzteildruck und -distribution aufzubauen. Ein solches Blockchain-P2P-Netzwerk wird intelligente Vertragsfunktionalitäten – sogenannte Smart Contracts – nutzen, um den Handelsprozess zwischen den Parteien zu regeln. Dieser umfasst Parteien wie Lieferanten, Kunden und 3D-Druck Dienstleister. Ein solches System sorgt für eine standardisierte und automatische Durchführung von Aktivitäten und den digitalen Schutz von Rechten und Entwürfen.

Produktion: Welche Vorteile bietet Blockchain für den 3D-Druck?

Graf: Mittels Blockchain lassen sich zertifizierte Transaktionen speichern, welche digital signiert sind und später nicht bestritten bzw. unbemerkt gefälscht werden können. Die Technologie ermöglicht somit die Bestätigung und transparente Kontrolle diverser geschäftlicher Vorgänge. Etwa die Fertigung eines einzelnen Bauteils, die Einreichung und Abnahme von Ersatzteilbestellungen oder die Berechtigung für den Zugriff auf eine bestimmte CAD-Datei (Blueprint). Eine unabhängige Blockchain zwischen allen Partnerunternehmen ermöglicht Transparenz und schafft Vertrauen zwischen allen Beteiligten. Die Blockchain-Technologie hat somit das Potential, wichtiger Baustein der dezentralen Fertigung zu werden.  

Produktion: Gibt es ein konkretes Anwendungsbeispiel bzw. eine reale Anwendung? Wenn ja, wie genau funktioniert sie?

Graf: Im Bereich des 3D-Drucks ist das Forum Secure Additive Manufacturing Platform ins Leben gerufen worden. Dabei stehen Urheberrechtsschutz, Kopierschutz sowie das Lizenzmanagement im Fokus. Die beteiligten Unternehmen aus den Bereichen Technologie und Luftfahrt setzen bereits erste Anwendungen auf Blockchain-Basis um. Die Partner tauschen die Daten mittels Blockchain-Netzwerk und sichern somit die Unveränderlichkeit sowie die Nachverfolgbarkeit der Aktionen. Noch ist die dezentrale Fertigung mittels 3D-Drucker in vielen Branchen eine Randerscheinung. Mit zunehmender Verbreitung wird jedoch auch die Blockchain vermehrt zum Einsatz kommen.

Produktion: Sehen Sie Potenziale für die Blockchain-Technologie auch in anderen Industrie-Bereichen neben dem 3D-Druck?

Graf: Die Blockchain emanzipiert sich zusehends von der Finanzindustrie und den altbekannten Anwendungen rund um die Kryptowährungen. Die Energiebranche hat zuletzt viele Projekte gesehen, welche insbesondere für die großen Energieversorger alarmierend sein dürften.

Via Blockchain-Netzwerk sind unabhängige Erzeuger und Konsumenten etwa schon heute im kleinen Rahmen in der Lage, direkt untereinander sicher, nachvollziehbar und automatisiert Strom zu handeln. Damit entfällt eine traditionelle und lukrative Rolle der Energieversorger, nämlich die des zentralen Marktmittlers vollständig.

Durch die Funktionen der Smart Contracts eröffnen sich für viele Branchen neue Anwendungen. Man denke beispielsweise an den Bereich Supply Chain, wo ja auch das Thema Transparenz entscheidend ist. Die Logistikwege lassen sich besser nachverfolgen, gleichzeitig sind dank smarter Verträge auch ganz neue Bezahlmodelle denkbar. Die nächsten Jahre werden wegweisend, in welchen Bereichen sich blockchain-basierte Ansätze auch dauerhaft bewähren können.

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(Bild: Altran)

Konstantin Graf ist Senior Consultant und Teammanager bei der Innovations- und Technologieberatung Altran. Dort ist er für den Bereich Industrie 4.0 verantwortlich.

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