Zwei Frachtcontainer mit südafrikanischer und namibischer Nationalflagge.

Deutschland will vor allem beim Thema Wasserstoff künftig mehr mit Südafrika und Namibia zusammenarbeiten. (Bild: Lightboxx - stock.adobe.com)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist ab Sonntag fünf Tage in Namibia und Südafrika. Auf der ersten Station in der namibischen Hauptstadt Windhoek geh es laut DPA-Informationen um eine engere Zusammenarbeit bei Wasserstoff. Namibia besitze hohe Potenziale bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne, erklärte Habecks Ministerium auf Nachfrage.

Deutschland setzt bei der klimaneutralen Transformation der Wirtschaft langfristig auf grünen Wasserstoff. Geplant ist ein Gespräch Habecks auch mit dem Staatspräsidenten Namibias.

In Südafrika besucht Habeck Kapstadt, Johannesburg und Pretoria. Der Minister will unter anderem einen deutsch-afrikanischen Wirtschaftsgipfel eröffnen.

Doch welche wirtschaftlichen Potentiale haben die beiden afrikanischen Länder? Und wie sind die Handelsbeziehungen? PRODUKTION beantwortet die wichtigsten Fragen:

Südafrika:

Namibia:

(Eilige gelangen über die Links direkt zum jeweiligen Abschnitt.)

 

Wirtschaftliche Lage in Südafrika

Südafrika zählt als bedeutendster Industriestandort Afrikas und ist die drittgrößte Volkswirtschaft des Kontinents. Laut dem Afrikaverein der deutschen Wirtschaft ist das Land nahezu unabhängig von Nahrungsmittelimporten, Rohstoffexporte sorgen für relativ sichere Einnahmen und es gibt in einigen Bereichen eine gut entwickelte eigenständige Industrie.

Das Land hat viele Rohstoffe unter anderem Gold, Chrom, Eisenerz, Mangan, Nickel, Seltene Erden, Uran, Platin, Kupfer und Erdgas. Südafrika ist mit einem Anteil von 75 Prozent der größte Produzent von Platin-Metallen.

Die Exporte von Metallen trugen maßgeblich zum Wirtschaftswachstum nach dem Corona-Lockdown bei. Jedoch gibt es weiter Defizite in der Logistik und Stromausfälle, die mehr Rohstoff-Exporte und einen Ausbau der Fertigungsindustrie verhindern.

Die wichtigsten Sektoren waren 2021 Bergbau und Industrie mit einem Anteil von 25,1 Prozent am BIP. Das Land zählt außerdem neben Ägypten, Kenia und Nigeria zu den führenden afrikanischen Ländern in der Start-up-Szene. Es werden vor allem FinTech-Start-ups gegründet.

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Frau schaut sich Dossier Kritische Rohstoffe auf einem Tablet PC an
(Bild: mi connect)

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Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Südafrika

Südafrika ist Deutschlands wichtigster Handelspartner auf dem afrikanischen Kontinent. Der Warenhandel ist 2021 um 44 Prozent auf 12,3 Milliarden Euro (deutsche Einfuhren) – ein neuer Rekord – beziehungsweise 22 Prozent auf acht Milliarden Euro (deutsche Ausfuhren) gestiegen. Exporte von Südafrika nach Deutschland waren im vergangenen Jahr vor allem Rohstoffe (fast 30 Prozent) sowie Autos und Autoteile (fast 20 Prozent).

Deutschland importierte vor allem chemische Erzeugnisse (22,3 Prozent), Kfz- und Kfz-Teile (21,7 Prozent) sowie Maschinen (20,6 Prozent) nach Südafrika.

Der hohe Anteil an Im- und Exporten aus der Autoindustrie ist kein Wunder. Schließlich sind unter anderem VW und Mercedes Benz in Südafrika aktiv. Aber auch Konzerne wie Bayer und Voith haben Standorte.

Die AHK Südliches Afrika hat im Frühjahr die deutschen Unternehmen in Südafrika zur wirtschaftlichen Lage befragt. Die Resonanz war gemischt: Mehr als die Hälfte stufte das Wirtschaftsklima als „gut“ (neun Prozent) oder „zufriedenstellend“ (44 Prozent) ein. Die andere Hälfte (47 Prozent) schätzte die Situation negativ ein.

Investitionen werden nach Einschätzung der Firmen aus Deutschland durch mehrere Faktoren behindert. Dazu zählen zum Beispiel Korruption, die Stromversorgung und der aktuelle Stand der Infrastruktur. Zudem gaben 95 Prozent der Befragten an, Schwierigkeiten bei der Arbeitserlaubnis gehabt zu haben.

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Südafrika und Wasserstoff

Südafrika hat gute Voraussetzungen für Solar- und Windkraft und ist deshalb für die Herstellung von Wasserstoff ein geeigneter Standort. Ein weiterer Vorteil: Südafrikas Platinmetalle. Diese werden nämlich für die Elektrolyse zur Wasserstoffproduktion und in Brennstoffzellen gebraucht.

Das südafrikanische Forschungsministerium hat im Februar einen Strategieplan zur Entwicklung der Wasserstoffindustrie vorgestellt. Die „Hydrogen Society Roadmap“ ist auf zehn Jahre ausgelegt und soll dabei helfen, vier Ziele zu realisieren:

  • Nachhaltiges Kerosin für die Luftfahrtbranche
  • Mit dem Industriecluster „Platinum Valley Initiative“ Wasserstoffinitiativen in einem Ökosystem vereinen
  • Export von Wasserstoff und Ammoniak
  • Die chemische Umwandlung von Abgasen mit Hilfe von grünem Wasserstoff

Deutschland und Südafrika haben bereits eine langjährige Energiepartnerschaft geschlossen. Ein Punkt ist dabei auch die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie.

Mehr zum Thema lesen Sie auch in diesem Artikel: Grüner Wasserstoff aus Afrika: Hoffnung in der Energiekrise

Wirtschaftliche Lage in Namibia

Namibia profitiert ebenfalls von seinen Rohstoffen. Das Land ist der drittgrößte Uranproduzent der Welt. Laut GTAI wird mit steigenden Uranpreisen die Ausweitung der Produktion wahrscheinlicher.

Ein weiterer wichtiger Rohstoff sind Diamanten. Die ebenfalls gestiegenen Preise dafür haben dem Land dieses Jahr wirtschaftlich geholfen. Daneben hat Namibia folgende mineralische Rohstoffe: Kupfer, Gold, Silber, Blei, Zinn, Lithium, Cadmium, Wolfram, Zink, Salz, Kohle, und Eisenerz.

Mit einem Anteil von über 26 Prozent am BIP sind Bergbau und Industrie die wichtigsten Sektoren im Land. Während die gestiegenen Rohstoffpreise dem Land helfen, belasten die hohen Importpreise von Energie und Lebensmitteln.

Deutsch-namibische Handelsbeziehungen

Für die deutsche Wirtschaft gehörte Namibia bisher nicht zu den wichtigsten Handelspartner. Bei den deutschen Einfuhren rangiert das Land auf Platz 87 von 239 Handelspartnern und bei den Ausfuhren auf Platz 138 von 239. In den vergangenen Jahren ist der Handel jedoch stetig gestigen. 2021 beliefen sich die Importe auf 262 Millionen Euro (plus 53,1 Prozent) und die Exporte auf 55,5 Millionen Euro (plus 23,1 Prozent). Jedoch werden viele deutsche Waren über Südafrika nach Namibia exportiert und tauchen deshalb in der bilateralen Statistik nicht auf.

Aus Deutschland werden vor allem Nahrungsmittel (22,9 Prozent) und Maschinen (22,7 Prozent) nach Namibia importiert. Bei den deutschen Einfuhrgütern dominieren Fahrzeuge mit knapp 80 Prozent gefolgt von Nahrungsmitteln (10,3 Prozent). Nichteisen-Metalle (3,3 Prozent) und Rohstoffe (2,8 Prozent) machen einen sehr geringen Anteil aus.

Laut IHK können deutsche Firmen vor allem durch den Ausbaue der Infrastruktur profitieren. Die namibische Regierung plant, das Land zum logistischen Dreh- und Angelpunkt im südlichen Afrika zu machen. Das Ohorongo-Zementwerk der Schwenk-Gruppe aus Ulm und die Rheinland Air (Mönchengladbach) sind zum Beispiel schon an Projekten beteiligt.

Auch die deutsche Autoindustrie ist vor Ort vertreten. Opel fertigt dort seit 2018 seinen SUV Grandland X in Walvis Bay. Dadurch will der Autobauer in Zukunftsmärkten präsenter sein.

Alles Wissenswerte zum Thema CO2-neutrale Industrie

Sie wollen alles wissen zum Thema CO2-neutrale Industrie? Dann sind Sie hier richtig. Alles über den aktuellen Stand bei der klimaneutralen Industrie, welche technischen Innovationen es gibt, wie der Maschinenbau reagiert und wie die Rechtslage ist erfahren Sie in dem Beitrag "Der große Überblick zur CO2-neutralen Industrie".

Um die klimaneutrale Industrie auch  real werden zu lassen, benötigt es regenerative Energien. Welche Erneuerbaren Energien es gibt und wie deren Nutzen in der Industrie am höchsten ist, lesen Sie hier.

Oder interessieren Sie sich mehr für das Thema Wasserstoff? Viele Infos dazu gibt es hier.

Namibia und grüner Wasserstoff

Die Bundesregierung setzt vor allem bei grünem Wasserstoff auf Namibia als künftigen Partner. Auch die GTAI-Experten erklären, dass Namibia seine Position als Wasserstoff-Hub gestärkt habe. Mittelfristig könnten auch Offshore-Erdölfunde als Game-Changer erweisen, so die Experten weiter.

Aber zurück zum Wasserstoff. Hier hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereits eine Kooperation mit Namibia vereinbart. Ab nächstem Jahr sollen so vier deutsch-namibische Wasserstoff-Projekte gefördert werden.

Die ehemalige Bundesforschungsministerin Anja Karliczek erklärte 2021, Namibia habe im Rennen um die besten Wasserstofftechnologien und die besten Standorte zur Wasserstoff-Produktion besonders große Chancen.

„Namibia hat enorme Potenziale für den Hochlauf einer grünen Wasserstoffwirtschaft: Das Land verfügt über große, bislang ungenutzte Flächen“, so Karliczek weiter. Die Windgeschwindigkeiten in Namibia ermöglichen eine besonders profitable Erzeugung von Windstrom. Noch größer sei das Potenzial beim Solarstrom: Über 3.500 Sonnenstunden zähle Namibia jährlich – fast doppelt so viel wie in Deutschland.

Ziel der deutsch-namibischen Projekte ist es, Wasserstoff-Technologien in die Anwendung zu bringen. Dadurch sollen sich dann auch Exportchancen für Wasserstoff-Technologien „Made in Germany“ ergeben. Bis zu 40 Millionen Euro an Fördergeldern stehen dafür bereit.

Darum geht es bei den Projekten:

Zwei der vier Projekte drehen sich um ein Anwendungs-Konzept von Grünem Wasserstoff in der Hafenumgebung von Walvis Bay an der Küste des Landes. Beide Pilotvorhaben haben sich zum Ziel gesetzt, den CO2-Fußabdruck des Hafens zu verkleinern. Die Realisierung soll den Übergang zum emissionsarmen Hafenbetrieb ermöglichen.

In einem der beiden Projekte werden erstmalig in Afrika großflächig wasserstoffbetriebene Schwerlastfahrzeuge wie Lastwagen, Lokomotiven und Schlepper zum Einsatz kommen. Das andere Projekt untersucht die Möglichkeiten einer Wasserstoff-Betankung vor Ort sowie den Einsatz einer mobilen Tankstelle.

Als drittes Vorhaben soll die H2-Dual-Fuel-Technologie für Lokomotiven an den Start gehen. Ziel ist die Entwicklung und Inbetriebnahme der ersten Lokomotive in Afrika, die mit Diesel und alternativ mit Wasserstoff betrieben werden kann.

Im vierten Projekt werden Use-Cases für Wasserstoff-Anwendungen entwickelt. Das Pilot-Vorhaben verfolgt einen umfassenden Ansatz, der viele Facetten der Wasserstoffwirtschaft abdeckt: Berücksichtigt werden zum Beispiel  Solar-Strom, Tankstellensysteme sowie Wasserstoff-Nutzung in der Industrie.

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