LNG Terminal

LNG-Terminals sollen die Versorgung Deutschlands mit Flüssiggas sicherstellen. (Bild: aerial-drone - stock.adobe.com)

Neben zwei LNG-Terminals in Wilhelmshaven, sollen dieses Jahr auch noch drei weitere in Brunsbüttel, Stade und Lubmin entstehen. Weiterhin wurde im Februar 2023 bekannt, dass die Bundesregierung sogar noch ein weiteres Flüssiggas-Terminal am Standort Rügen plant. Wann die jeweiligen LNG-Terminals in Betrieb genommen werden sollen und wie der aktuelle Zeitplan für die LNG-Terminals aussieht, können Sie in diesem Artikel erfahren.

Was ist eigentlich LNG?

  • LNG steht für "liquefied natural gas", was auf Deutsch "verflüssigtes Erdgas" bedeutet. Es handelt sich um Erdgas, das bei niedrigen Temperaturen auf etwa -160 °C gekühlt wird, um es in einen flüssigen Zustand zu bringen. Dadurch wird das Erdgas stark komprimiert und ermöglicht so den einfachen Transport und die Lagerung in speziellen LNG-Tankschiffen oder LNG-Tanklagern.

  • LNG ist eine Form von Erdgas, das vor allem aus Methan besteht und als sauberer Brennstoff verwendet werden kann. Es wird in verschiedenen Anwendungen eingesetzt, darunter in der Industrie, im Verkehrssektor (als Kraftstoff für Schiffe und Lkw), und auch zur Stromerzeugung.

  • Da es weniger Emissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen produziert, wird LNG im Vergleich zu anderen fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Diesel oft als umweltfreundlicher betrachtet als herkömmliches Erdgas. Es wird zudem als Übergangslösung betrachtet, um den Übergang von kohlenstoffintensiveren Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien zu unterstützen.

Wie sehen die Zeitpläne für die LNG-Terminals aus?

  • Wilhelmshaven: Seit Mitte Januar treffen regelmäßig LNG-Tanker in Wilhelmshaven I ein. Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) will noch ein zweites Terminal in der Stadt am Jadebusen ansiedeln: Wilhelmshaven II soll Ende 2023 starten, vorerst ebenfalls als Schwimmterminal. Eine vollständig an Land installierte Anlage soll später folgen.

  • Stade: In Stade hatte ein privates Konsortium bereits vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine angefangen, eine Anlage in der Nähe des Chemieparks mit dem US-Konzern Dow vorzubereiten. Gegen Ende 2023 soll dort eine schwimmende Plattform starten, Bauschritte wie Deichüberfahrten sind genehmigt. Errichtet wird das Terminal nun von der landeseigenen Gesellschaft NPorts. Ein fester Umschlagplatz ist bis 2026 geplant.

  • Brünsbuttel: Im Dezember 2022 ist in Brunsbüttel ist der landseitige Anschluss für LNG fertiggestellt worden. Das Terminal läuft derzeit im Probebetrieb. Gemäß dem Betreiber RWE soll das erste Gas aus Brunsbüttel im Frühjahr 2023 ins Netz eingespeichert werden.

  • Lubmin: Im vorpommerschen Lubmin, wo auch die deutsch-russischen Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 ankommen, will das private Unternehmen Deutsche Regas und der französische Energiekonzern Totalenergies mit einem schwimmenden Terminal LNG importieren. Das Terminal wurde Mitte Januar 2023 eröffnet. Vor allem Ostdeutschland soll mithilfe der Anlage mit Flüssiggas versorgt werden.

  • Rügen: Im Februar 2023 wurde bekannt, dass am Standort Rügen ein schwimmendes Terminal mit zwei Plattformen geplant ist, welches vier bis sechs Kilometer vor Rügens Südostküste liegen soll. Sowohl Umweltschützer als auch Tourismusverbände sehen das Vorhaben kritisch. Da den Ostseebädern am Standort Rügen im Falle eines Baus eine Aberkennung ihres Status droht, zeigen sich die sowohl Umweltverbände als auch die Gemeinden im Süden der Insel dem Vorhaben gegenüber ablehnend. Schließlich befürchten diese nicht nur Negativfolgen für die Umwelt, sondern auch bemerkbare Umsatzeinbrüche der Tourismusbranche vor Ort.

Woher sollen die ersten LNG-Lieferungen kommen?

Bisher erhalten Deutschland und andere europäische Länder das über die Niederlande, Belgien oder Frankreich aufgenommene LNG vor allem aus den USA. Zu den größten Exporteuren zählt auch Katar, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bemühte sich auf einer Reise im Frühjahr um Lieferbeziehungen. Katar will dem Vernehmen nach langfristige Verträge und verkauft bereits viel Gas nach Asien. Weitere wichtige LNG-Ausfuhrländer sind Australien, Malaysia oder Nigeria.

Gegen Ende November 2022 konnte Deutschland ein Abkommen mit dem Energieunternehmen Qatar Energy abschließen, welches ab 2026 Flüssiggas nach Deutschland liefern will. Das verflüssigte Erdgas aus Katar soll am LNG-Terminal in Brunsbüttel ankommen. Im Rahmen des Abkommen möchte Katar Deutschland mit jährlich 2,7 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas beliefern. Der Vertrag hat 15 Jahre Laufzeit.

Im Fokus: Gasversorgung in der Industrie

Gaspipeline und Hilfsgeräte in der Gaspumpstation.
(Bild: 63ru78 - stock.adobe.com)

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Was ist mit der Anbindung der Pipelines?

Wilhelmshaven I wird über eine 26-Kilometer-Pipeline an das überregionale Gasnetz angebunden. Sie führt bis zum Anschlusspunkt Etzel und ist laut Wirtschaftsministerium fast fertig. Die Leitung soll anfangs 10 Milliarden, später bis zu 28 Milliarden Kubikmeter pro Jahr transportieren und für Wasserstoff genutzt werden können.

In Stade wird das Gas direkt ins Netz des niederländischen Betreibers Gasunie eingespeist. "Dafür laufen die entsprechenden Vorbereitungen für das Genehmigungsverfahren", heißt es aus der Landesregierung. In Schleswig-Holstein wird vom Hafen Brunsbüttel aus bereits eine drei Kilometer lange Leitung gebaut. Die gesamte Anbindetrasse an das europäische Verbundnetz soll über 50 Kilometer lang werden.

Welche Mengen wird das zusätzliche Gas zu welchem Preis ersetzen?

Über die beiden Wilhelmshavener Schwimmanlagen sollen 10 Milliarden Kubikmeter wiederverdampftes Gas pro Jahr umgeschlagen werden können. Auch für die "Floating Storage and Regasification Unit" (FSRU) in Stade sind 5 Milliarden Kubikmeter vorgesehen. Die Planer des festen Terminals dort gingen bislang von etwa 13 Milliarden Kubikmetern aus - was für bis zu 15 Prozent des deutschen Gasbedarfs reichen könne.

Bezogen auf die bislang aus Russland bezogenen Mengen schätzte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), dass es gelingen könnte, diese später einmal ganz über in Niedersachsen ankommendes LNG zu ersetzen. Vor Beginn des Ukraine-Krieges importierte Deutschland mehr als 50 Prozent seines Erdgasbedarfs aus der Russischen Föderation.

Über die Brunsbütteler FSRU sollen 3,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr ins Netz gelangen, für die feste Anlage nach früheren Angaben rund 8 Milliarden Kubikmeter. In Lubmin plant man für beide Terminals jeweils etwa mit 5 Milliarden Kubikmetern jährlich.

Zu welchen Konditionen das LNG auf den Energiemarkt kommt, ist noch relativ unsicher. Die Weltmarktpreise schwanken, und die in laufenden Verträgen noch gebundenen Mengen können das Angebot knapp halten.

Wie sieht es mit der Klima- und Umweltbilanz von LNG aus?

Auch beim Verbrennen von Erdgas wird viel CO₂ frei - Klimaschützer gehen mit dem Ausbau der LNG-Kapazitäten deshalb hart ins Gericht. Die hauptsächlich aus Methan bestehenden Gemische werden für den Transport lediglich zusammengepresst und ultratiefgekühlt. Hinzu kommt, dass vor allem die USA mit dem umstrittenen Fracking-Verfahren fördern: Das Gas wird unter Hochdruck aus Gesteinsporen gepresst, im Fall älterer Technik kommt ein Chemikalien-Cocktail zum Einsatz.

Umweltschützer sorgen sich zudem um die Lebensräume von Meerestieren und -pflanzen. Viele glauben, dass die Gründlichkeit ökologischer Prüfungen unter dem beschleunigten Durchpeitschen der Projekte leiden könnte. Der rot-grüne Koalitionsvertrag in Niedersachsen sicherte jüngst zu: «Mit einem gewässerökologischen Monitoring werden wir die Einhaltung der Umwelt- und Naturschutzstandards sicherstellen.»

Warum dann überhaupt verflüssigtes Erdgas?

Landes-Energieminister Christian Meyer (Grüne) betont, die stärkere Verwendung von LNG dürfe nur eine Übergangslösung sein, bis es genug Strom und Wärme aus erneuerbaren Quellen gebe: «Wir müssen die fossilen Energieträger so bald als möglich ersetzen, da uns die Klimakrise keine Zeit mehr lässt.» Die fest installierten, späteren LNG-Terminals sollen sich auch für grünen Wasserstoff nutzen lassen - eine dritte Schwimm-Anlage für Wilhelmshaven sei daher unnötig.

Zudem spielt bei der Entscheidung für LNG-Terminals auch der weiter andauernde Ukrainekonflikt einen entscheidenden Faktor, der die Energieversorgung in Deutschland stark beeinflusst. Entsprechend verkündete Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur: „Wir werden im Sommer die Speicher für den Winter 2023/2024 wieder auffüllen müssen. Das wird ohne Flüssiggas und zusätzliche Importe nicht gelingen. Und wenn es im Winter sehr kalt ist, werden die Terminals auch ausgelastet sein. Schließlich müssen wir uns auch für einen Fall vorbereiten, dass ein Terminal oder eine Pipeline ausfallen, und Deutschland hat eine Gas-Transitfunktion für seine Nachbarn, die über keine Küsten verfügen.“

Kann LNG die russischen Gaslieferungen ersetzen?

Über drei Pipelines kamen im Jahr 2020 rund 56 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland nach Deutschland. Sind alle deutschen LNG-Terminals in Betrieb, erreichen sie immerhin die Hälfte und können knapp ein Drittel des deutschen Jahresverbrauchs von zuletzt rund 90 Milliarden Kubikmetern decken. Einige Experten gehen davon aus, dass die deutschen LNG-Ausbaupläne in Zukunft sogar zu einer „deutlichen Überkapazität“ an Flüssiggas führen könnten.

Jan Petermann, Sönke Möhl und Christopher Hirsch, dpa
Überarbeitet von Agnes Panjas, ergänzt mit Quellen von dpa

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dpa