
Funkausrüstung der Bundeswehr. Hier soll - wie im Rest der Truppe - vieles moderner und digitaler werden. Die Industrie allerdings fremdelt noch mit der Bürokratie im Beschaffungswesen. (Bild: Svensen - stock.adobe.com)
„Zu umständlich, zu teuer, zu stark reguliert.“ ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel hält die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI) für überreguliert. Die Folgen sind weitreichend, wie eine aktuelle ZVEI-Mitgliederbefragung zeigt. Zwar steht ein gutes Drittel der Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie in Geschäftsbeziehungen mit der Rüstungsindustrie. Die überwiegende Mehrheit der Firmen (mehr als 60 Prozent) bleibt jedoch bisher auf Distanz. Der Umsatz der Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zur Rüstung beläuft sich im Durchschnitt auf rund fünf Prozent ihres Gesamtumsatzes.
„Trotz der vor drei Jahren ausgerufenen Zeitenwende haben wir es verpasst, die Regulatorik an die neuen geopolitischen Realitäten anzupassen“, beklagt Dr. Kegel. Die Folge: Die SVI ist weiterhin kein attraktives Betätigungsfeld für die Elektro- und Digitalindustrie. Dabei liefert die Branche die Technologien, die für eine wirkungsvolle Verteidigungsausrüstung unverzichtbar sind. Ob Sensorik, Halbleiter, Elektronik-Komponenten, Software oder Künstliche Intelligenz: Der Anteil von Elektronik an der Verteidigungsausrüstung wächst rasant und liegt bereits bei knapp 20 Prozent. „Eine Modernisierung des Militärs und eine Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit geht nur mit den Produkten unserer Mitgliedsunternehmen“, zeigt sich der ZVEI-Präsident sicher und erwartet, dass sich dieser Anteil weiter erhöhen wird. Immerhin will fast jedes vierte bislang noch nicht im SVI-Geschäftsfeld tätige Unternehmen (23 Prozent) sein Engagement künftig erhöhen. Jedes Fünfte zeigt sich noch unentschlossen (19 Prozent).
Eine Überwindung der bestehenden Eintrittsbarrieren könnte diesen Prozess beschleunigen. Zu viele Vorschriften und Auflagen, die weit in das zivile Geschäft der Unternehmen hineinreichen, bremsen jedoch weiterhin. Zwar hat die neue Bundesregierung einen umfassenden Maßnahmenkatalog erstellt, der Verbesserungen in Aussicht stellt. Doch dieser berücksichtigt die Bedarfe der Zulieferindustrie zu wenig. „Die strengen Vorgaben der Rüstungsexportkontrolle müssen für Zulieferer differenzierter angewendet werden“, erklärt Dr. Kegel.
Darüber hinaus müsse das Beschaffungswesen der Bundeswehr entschlackt und beschleunigt werden, da 41 Prozent der befragten Unternehmen es für zu komplex halten. Um in wenigen Jahren die Wehrfähigkeit wiederzuerlangen, müssen die Barrieren beiseite geräumt werden, die Tempo und Innovationsfähigkeit entgegenstehen.“ Diskutiert werden müsse auch, dass bei sicherheitskritischen Produkten ein hoher Wertschöpfungsanteil aus deutscher bzw. europäischer Produktion stammen sollte (Stichwort: „local content“).

ZVEI-Umfrage zur Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
- So gut wie alle Unternehmen erwarten von der Steigerung der Verteidigungsausgaben positive wirtschaftliche Impulse
- Gut ein Drittel ist bereits im Geschäftsfeld der Rüstungsindustrie engagiert, allerdings ganz überwiegend eher mittelbar –mit 5 Prozent des Umsatzes. Bis 2029 sollte dieser Anteil zulegen
- Ein knappes Viertel will künftig ins SVI-Geschäftsfeld einsteigen, ein weiteres Fünftel eventuell. Dabei sollen die Aktivitäten v.a. aus Deutschland (34 Prozent) bzw. Europa (19 Prozent) heraus betrieben werden
- Zur Überwindung von Eintrittsbarrieren(s. Grafik links) wünschen sich die Unternehmen v.a. … „vereinfachte Zulassungsverfahren u. mehr Planungssicherheit, gemeinsame (europäische) Standards bei der militärischen Beschaffung, vereinfachte Zulassung ziviler Produkte für militärische Nutzung, stärkere Vernetzung zwischen SVI und EDI“
- Die Hälfte befürwortet Verteidigungsausgaben zwischen 2 Prozent u. 3 Prozent vom BIP. Der überwiegende Rest plädiert für noch höhere Ausgaben
- 9 von 10 Firmen befürworten zwar mehr Schulden für mehr Verteidigung, aber nicht als Dauerzustand