CFK, Kühlschmierstoff

"Die Anwender profitieren mehrfach vom Einsatz von Kühlschmierstoffen bei der CFK-Bearbeitung. In der Regel ändern sich auch die physikalischen Eigenschaften des Bauteils nicht", sagt Georg Reissich, Projektmanager bei Blaser Swisslube. (Bild: Blaser Swisslube)

Produktion: Wann ist bei der CFK-Bearbeitung der Einsatz eines KSS empfehlenswert?

Georg Reissich: "Der Einsatz von Kühlschmierstoff kann grundsätzlich empfohlen werden. Einschränkungen können durch die bereits bestehende Maschineninfrastruktur entstehen. Sofern noch keine Maschine für die CFK-Bearbeitung angeschafft wurde, kann eine Nassbearbeitung empfohlen werden. Notwendig ist der Einsatz von KSS auch dann, wenn keine für die CFK-Zerspanung angepasste Absaugvorrichtung installiert ist."

Produktion: Welche Vorteile bietet die CFK-Nassbearbeitung?

Reissisch: "Ein sehr wichtiger Punkt bei der Bearbeitung von CFK ist der Temperaturhaushalt im Bauteil. Durch die hohen Drehzahlen in Verbindung mit den abrasiven Partikeln entsteht eine sehr hohe Temperatur in der Schnittzone. Da die Kunststoffmatrix in der Regel keinen sehr hohen Schmelzpunkt hat, kann diese also nahe der Schnittkante weich werden, was die Anbindung der Matrix an die Faser schädigt. Hierdurch werden Bauteilfehler wie Delamination und Ausfransungen begünstigt.

Der Kühlschmierstoff stellt zum einen sicher, dass die abrasiven Partikel aus der Schnittzone abtransportiert werden und zum anderen kühlt er sowohl das Bauteil als auch das Werkzeug. Dieser Umstand erlaubt es, die Bearbeitungsparameter und somit die Produktivität zu erhöhen, bei gleichbleibendem Werkzeugverschleiss und Bauteilqualität.
Stark ins Gewicht fällt auch die Bindung der Stäube, die sonst mittels aufwändiger Absaugung abtransportiert werden müssen."

Produktion: Besteht bei der CFK-Bearbeitung nicht die Gefahr, dass das Matrixmaterial zum Beispiel durch „Vollsaugen“ geschädigt wird?

Reissisch: "Das ist ein Grund, weswegen viele Anwender davon absehen, Kühlschmierstoff für ihre CFK-Zerspanung einzusetzen. Tatsächlich lässt es sich nicht pauschal beantworten. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung hat Blaser Swisslube eine Reihe von Forschungsarbeiten durchgeführt, in denen wir unter anderem auf diesen Sachverhalt eine Antwort gesucht haben. In den von uns durchgeführten Versuchen gab es keinen Einfluss auf das Matrixsystem der Proben. Da es auf dem Markt jedoch Unmengen von verschiedenen Kombinationen von Fasern und Matrizen gibt, bieten wir unseren Kunden jeweils an, ihr Material im Vorfeld auf die Verträglichkeit zu prüfen. Auch die Wahl des richtigen Kühlschmierstoffs spielt hier eine Rolle.

Robert Beckenlechner vom Fraunhofer IPA bestätigt, dass die Untersuchungen zur Wirkung von KSS auf die mechanischen Eigenschaften des CFK keine signifikanten Unterschiede zwischen den nass und trocken gefrästen Proben gezeigt hat. Als Vergleichsgröße wurde die interlaminare Scherfestigkeit betrachtet. Da die Tests jedoch nur einen Bruchteil der möglichen KSS/CFK-Kombinationen abgedeckt haben, werden anwendungsspezifische Verträglichkeitstests empfohlen."

CFK-Bearbeitung, Kühlschmierstoff
Nass schlägt trocken: Noch überwiegt in der Praxis die Trockenbearbeitung von CFK. Angesichts etlicher Vorteile der Nassbearbeitung dürfte sich das bald ändern. (Bild: Blaser Swisslube)

Produktion: Wie aufwändig ist die Reinigung und Aufbereitung des KSS?

Reissisch: "Da bei der Bearbeitung von Faserverbundwerkstoffen keine Späne im klassischen Sinn, sondern viel mehr Stäube und Faserverschnitte entstehen, muss auch die Filtration dementsprechend ausgelegt werden. Versuche haben gezeigt, dass eine Filterstufe von kleiner 10µm ausreichend ist.

In einem gemeinsamen Projekt mit der Firma Technotrans AG aus Sassenberg und dem Fraunhofer IPA wurden die genauen Anforderungen an die Filtration erfasst. Es stellte sich heraus, dass herkömmliche Anlagen mit Späneförderer und Vliesfilter die groben Partikel gut abscheiden können, jedoch keine ausreichende Filtration im Bereich 10µm leisten können. Aufgrund des sehr hohen Spanvolumens in diesem Kleinstpartikel-Bereich ist eine Feinstfiltration unabdingbar.

Für diese Anwendung hat die Technotrans AG einen rückspülbaren Filter entwickelt. Die Filter der Baureihe toolsmart.line bieten Nachrüstlösungen als Ergänzung zu bestehenden Anlagen bis hin zu Komplettsystemen für Neuanschaffungen. Die Nachfrage ist sehr groß und die technotrans AG ist auf der Suche nach weiteren Feldtest-Partnern."


Produktion: Besteht nicht die Gefahr, dass sich im Arbeitsraum der Maschine eine „Schlammschicht“ bildet?

Reissisch: "Erfahrungen haben gezeigt, dass es hier auch wieder auf den eingesetzten Kühlschmierstoff ankommt. Um eine optimale Filtration zu erreichen müssen die Partikel im KSS möglichst lang in der Schwebe bleiben. Diese Eigenschaft wirkt einem Absetzen der Partikel und dem Entstehen einer „Schlammschicht“ im Arbeitsraum deutlich entgegen.

Ferner legen sich die Partikel nur temporär bei Stillstand der Maschine auf dem Grund ab. Sobald der Kühlschmierstoff wieder zirkuliert, werden die Partikel aufgewirbelt und in Richtung Filter transportiert. Bei richtiger Einstellung des Beflutungssystems ist eine Schlammschicht also nicht zu erwarten."


Produktion: Welche chemischen Besonderheiten weist ein KSS für die CFK-Bearbeitung auf?

Reissisch: "Neben den grundlegenden Anforderungen an einen Kühlschmierstoff, wie mikrobiologische Stabilität, Schaumverhalten und Humanverträglichkeit kommen noch weitere materialspezifische Faktoren hinzu. Faserverstärkte Kunststoffe werden häufig durch Kleben gefügt beziehungsweise nach der Bearbeitung lackiert. Hieraus ergeben sich besondere Anforderungen an die Oberfläche. So dürfen keine Rückstände auf der Oberfläche zurückblieben, welche mit aufwändigen Reinigungsprozessen vom Bauteil entfernt werden müssen.

Um dem entgegenzuwirken wird ein ölfreier Kühlschmierstoff für die Bearbeitung empfohlen.
Hinzu kommt bei diesem Thema, dass ein Kühlschmierstoffsystem verschiedenen Einflüssen ausgesetzt ist. So ist es häufig der Fall, dass Fremdöl ins System eingetragen wird. Der KSS muss in der Lage sein, das Öl wieder abzuscheiden. Nur so kann verhindert werden, dass die Bauteile kontaminiert werden.

Die Eigenschaften bezüglich Filtrierung wurden bereits erwähnt: es geht darum, dass die Partikel möglichst lange in der Schwebe bleiben und keine Konglomerate bilden. So kann eine optimale Filtration gewährleistet werden."


Produktion: Wie heissen die geeigneten Produkte aus dem Hause Blaser?

Reissich: "Die Prozesse unserer Kunden lassen sich nur selten direkt miteinander vergleichen. Dementsprechend unterscheiden sich unsere Lösungen für die jeweiligen Kunden auch. Wir möchten immer das Optimum für den Endanwender finden, weshalb wir den Prozess vor einer Empfehlung sehr genau analysieren und im Anschluss Empfehlungen aussprechen.

Einige unserer Kunden haben gute Erfahrungen mit dem Synergy 915 bei Anwendungen auf kohlefaserverstärkten-Kunststoffen gemacht."

Kundenstatement Moll Engineering

"Wir fertigen seit rund 20 Jahren Teile für die Medizintechnik. Die Trockenbearbeitung von CFK war nur zu Beginn ein Thema für uns", erklärt Stefan Moll, Mitbegründer von Moll Engineering. Rasch ist der Verarbeitungsspezialist dann auf die Nassbearbeitung umgestiegen, denn die gesundheitsschädlichen Stäube bei der CFK-Verarbeitung werden nur bei der Nasszerspanung gebunden. Selbst die Staubabsauganlage war bei der Trockenbearbeitung schnell an ihre Grenzen gestossen. Dieser Vorteil sei ausschlaggebend gewesen, neben der Bestrebung, höhere Werkzeugstandzeiten zu erreichen, meinte er.

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