Wasserstoffproduktion durch Elektrolyse

Nur 15 Prozent des in Deutschland benötigten Wasserstoff werden auch hierzulande produziert. Deshalb braucht es deutlich mehr Elektrolyseure, was auch dem Maschinen- und Anlagenbau in die Karten spielt. Für Maschinenbauer gibt es jetzt sogar eine Erprobungsplattform rund um Wasserstoff. (Bild: adobestock.com - Corona Borealis)

Dem Beitrag von Wasserstoff kommt für eine CO2-neutrale Fabrik eine immens wichtige Rolle zu. Doch warum gerade Wasserstoff? "Weil wir weg von Gas und Öl wollen beziehungsweise eine Defossilisierung erreichen müssen", erklärt Alexander Sauer von der Universität Stuttgart, Leiter des Instituts Energieeffizienz in der Produktion (EEP). Für den Maschinenbau geht es natürlich auch um die Frage, welche Technologien er in einer Wasserstoffwirtschaft anbieten kann. Außerdem stellen sich Unternehmer die Frage, wie sie eine H2-Wertschöpfungskette lokal am Standort aufbauen können, die sie in idealer Weise dabei unterstützt, ihren Energiebedarf zu decken, sagt Sauer.

Eine Studie der Agora-Energiewende zeige auf, mit welchen Energieträgern dies geschehen soll. Dazu erläutert Sauer: "Innerhalb der nächsten 20 Jahre soll Gas durch Biomasse und Wasserstoff ersetzt werden. Der klassische Produktionstechniker denkt dabei an Gase, die er leichter manipulieren kann. Das heißt, inwieweit lässt sich Wasserstoff auch für andere Prozesse außerhalb der großen, diskutierten Themen verwenden wie die klimaneutrale Stahlerzeugung oder Themen der Grundstoffchemie." Diese Fragen drängen sich laut Sauer auch für den klassischen maschinenbauorientierten Mittelstand auf.

Alexander Sauer Universität Stuttgart
...sagt Alexander Sauer. (Bild: Universität Stuttgart)

"Wir brauchen massiv Elektrolyseur-Kapazitäten, um H2 selbst produzieren zu können", sagt Alexander Sauer von der Universität Stuttgart, Leiter des Instituts Energieeffizienz in der Produktion (EEP).

Die Preisfrage: Wer kann sich grünen Wasserstoff erlauben?

Vor allem in der Energiewirtschaft gebe es viel Einsparpotenzial, etwas moderater komme die Industrie weg. Doch wo soll der Wasserstoff herkommen? "Dazu besagt die Agora-Studie, dass deutlich mehr Wasserstoff importiert werden muss, als wir in Deutschland selber erzeugen können. Demnach brauchen wir massiv Elektrolyseur-Kapazitäten, um H2 selbst produzieren zu können", verdeutlicht Sauer und stellt zugleich die Preisfrage: "Wer kann sich grünen Wasserstoff erlauben? Studien rechnen damit, dass wir zwischen Mitte 2030 und Anfang 2040 eine Kostenparität zwischen grünem und grauem Wasserstoff erreichen. Da spielt natürlich die politische Steuerung eine gravierende Rolle, ob dies früher oder später der Fall sein könnte."

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Diese Technologien kann der Maschinenbau anbieten

Auch Christoph Herrmann, Leiter des Instituts für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik der Technischen Universität Braunschweig verweist darauf, dass es für den Maschinenbau um die Frage geht, welche Technologien er in einer Wasserstoffwirtschaft anbieten kann. Dabei sei natürlich die Herstellung von H2 ganz wesentlich. Dazu gebe es drei große Technologiebereiche, die miteinander im Wettbewerb stehen.

"Industriestandard ist derzeit die alkalische Elektrolyse, wo die Systemwirkungsgrade noch nicht da sind, was wir uns langfristig wünschen. Die nächste Stufe ist die Protonen-Austauschmembran-Elektrolyse (PEMEL). Die hat schon relativ hohe Technologiereifegrade, wo allerdings auch noch einiges an Forschungsbedarfen besteht, um es großskalig und attraktiv anzuwenden. Noch weiter weg ist das Thema der Hochtemperaturelektrolyse (HTL), wo derzeit viele Forschungsgelder hineinfließen", beschreibt Herrmann.

Christoph Herrmann, Institutsleitung am Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik der Technischen Universität Braunschweig
sagt Christoph Herrmann. (Bild: TU Braunschweig)

"Für den Maschinenbau geht es um die Frage, welche Technologien er in einer Wasserstoffwirtschaft anbieten kann", sagt Christoph Herrmann, Leiter des Instituts für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik der Technischen Universität Braunschweig.

Transport von Wasserstoff in Netzwerken

"Wichtig für eine Fabrik ist auch das Thema Wasserstofftransport", beschreibt Herrmann. "Für den hierzulande selbst erzeugten Wasserstoff - wobei es sich nur um 15 Prozent handelt - wird es ein wie auch immer geartetes Wasserstoffnetzwerk geben. An diesem werden zunächst einmal die besonders energieintensiven Industrien angebunden – das sind vor allem Chemie- und Stahlwerke. Da kann auch auf bereits bestehende Gasleitungen aufgebaut werden."

Anschließend werde das europäische Wasserstoff-Netzwerk eine gewichtige Rolle spielen, das eine mittel- bis langfristige Perspektive haben wird. "Zum Beispiel die Niederlande als Wasserstofflieferanten einzubinden oder auch den 'europäischen Sun belt' – was aber auch noch technologische Herausforderungen beinhaltet", so Herrmann. Aber auch die Lieferung von H2 mittels Schiff werde diskutiert - sowohl flüssig oder gasförmig.

Erprobungsplattform für den Maschinenbauer

Laut Sauer geht ein Großteil des Wasserstoffs wieder in Strom und Fernwärme, der Rest verteilt sich auf Industrie und Verkehr. Sauer stellt die Frage, wie wir Wasserstoff vom Elektrolyseur bis zum Verbraucher in industrielle Prozesse einbinden können – und zwar in einer dezentralen Art und Weise, um lokale Überschüsse nutzen zu können, um wiederum Wasserstoff zu erzeugen, um die stromarmen Momente zu überbrücken.

Lösungen dazu bietet die Wasserstoff-Erprobungsplattform der Uni Stuttgart, wie Sauer erklärt: "Wenn ich einen Betrieb mit viel Härterei oder mit hohem Energiebedarf habe, frage ich mich, wie ich eine H2-Wertschöpfungskette lokal am Standort aufbauen kann, die mich in idealer Weise dabei unterstützt, meinen Energiebedarf zu decken. Und wie die Abwärme bei der H2-Erzeugung in die Prozesskette eingebunden werden kann. Da es viele Technologien gibt, soll die Plattform dazu eine Hilfestellung geben."

Zudem soll die Wasserstoff-Erprobungsplattform auch die Frage der Anlagenbauer beantworten, wie sie ihre Maschine, die sie heute noch mit Erdgas betreiben, fit für die Zukunft machen können. Dazu beschreibt Sauer: "Nur mit H2 betreiben wird wahrscheinlich schwierig, nur mit Strom betreiben geht auch nicht, weil irgendwann gerade kein Strom vorhanden ist. So wird es wohl auf hybride Konzepte hinauslaufen. Um dies alles zu erproben gibt es die Forschungsplattform."

Wasserstoff: Ein Schlüsselelement für die Energiewende

  • Wasserstoff kann emissionsfrei zum Beispiel als grüner und blauer Wasserstoff erzeugt werden
  • Die Preise für grünen Wasserstoff können in Zukunft in vielen Fällen konkurrenzfähig werden
  • Ausbauziele für erneuerbare Energien müssen erhöht werden, um Anteil von 65 Prozent am Strommix in 2030 zu erreichen und inländische Herstellung von grünem H2 nicht zu gefährden
  • Kostengünstiger H2 -Transport wird durch ein entstehendes, europäisches H2-Pipeline-Netzwerk durch die Umstellung von Erdgas-Pipelines (ab 2030) ermöglicht.
  • Importmöglichkeiten für grünen H2 müssen schnell erschlossen werden, dies beinhaltet auch Investitionen in ausländische Erzeugungskapazitäten
  • Grüner H2 ist insbesondere Schlüsselelement in der Defossilisierung kohlenstoffintensiver Industrien wie Stahl und Chemieindustrie
  • Industrielle Verwendungsmöglichkeiten reichen von der stofflichen Nutzung über die dezentrale Wärme- und Stromerzeugung bis zur Logistik

Energie und Produktion zusammen denken

Als weiteres Beispiel nennt Sauer einen Tiegelofenbauer, dessen Öfen heute mit Strom oder Erdgas betrieben werden. "Der Tiegelofenbauer denkt sich, dass er solche Öfen künftig nicht mehr verkaufen kann, sondern nur noch Öfen verkaufen wird, denen es egal ist, womit sie betrieben werden können. Er braucht demnach einen Ofen, dem es gleich ist, wie schnell wir alles elektrifizieren oder welches Gas wann kommt", sagt Sauer.

Dieser Ofen solle den Energieträger nutzen können, der gerade politisch der 'Gewollteste' sei. "Dafür entwickeln wir Konzepte für die Maschinen- und Anlagenbauer. Das ist auch notwendig, da wir zunehmend Energie und Produktion zusammen denken müssen", erklärt Sauer.

Herrmann wiederum bezieht sich auf ein Beispiel des Wasserstoffcampus Salzgitter, wo ein großes Reallabor entsteht. "Ein Projekt ist 'Salzgitter low carbon steel making'. Sicherlich ist einer der größten Hebel im Moment Wasserstoff für die Direktreduktion einzusetzen - in Deutschland oder weltweit. Es gibt Reduktionspotenziale von circa 90 Prozent, wenn wir grünen Wasserstoff für die Stahlerzeugung einsetzen", rechnet Hermann vor. Der nächste große Kunde für den Einsatz von Wasserstoff wäre dann die Automobilindustrie.

Alles Wissenswerte zum Thema CO2-neutrale Industrie

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Um die klimaneutrale Industrie auch  real werden zu lassen, benötigt es regenerative Energien. Welche Erneuerbaren Energien es gibt und wie deren Nutzen in der Industrie am höchsten ist, lesen Sie hier.

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