
Datenbasierte Dienstleistungen werden immer wichtiger und revolutionieren die Logistikprozesse. - (Bild: zapp2photo - stock.adobe.com)
In der heutigen Logistik muss nicht nur die klassische Bewegung von Personen und Gütern betrachtet werden, sondern vor allem auch der immer wichtiger werdende Austausch von Daten. Diese Daten entstehen durch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung der Logistik im Rahmen der Industrie 4.0.
„Um mit immer vielfältigeren Daten umgehen zu können, ist es wichtig, sowohl Infrastrukturen als auch Services und Programme zu schaffen, die selbst modern, hochskalierbar und flexibel sind. Dazu sind die Themen Big Data, Cloud-Computing, Machine Learning und Block Chain zu betrachten“, erklärt Jens Leveling, Teamleiter Data Driven Logistics vom Fraunhofer IML.
Industrie 4.0 und Big Data
„In der Entwicklung der Industrie 4.0 ist das wesentliche Grundprinzip die Autonomie beziehungsweise Selbststeuerung vieler kleiner logistischer Prozesse: In diversen Stufen der Supply Chain kommunizieren Regale, Behälter, Container und Fahrzeuge über kabellose Schnittstellen miteinander und mit externen System“, erklärt Leveling. Sie treffen lokal Entscheidungen und handeln autonom ohne zentrale Instanz. Diese Daten sind in Cloud-Speichern verfügbar und ermöglichen die Einbindung des Menschen. Dieser trifft strategische Entscheidungen, plant, steuert und überwacht Prozesse und bleibt somit ein essenzieller Bestandteil für effiziente Logistiksysteme.
Data Analytics in der Anwendung
Für die Bewältigung der entstandenen ‚Big Data‘ sind Technologien wie zum Beispiel der Smack-Stack oder Microservice-Architekturen geeignet. Diese Technologien sind vor allem für die Auswertung und Nutzung von Sensor- und AutoID-Daten interessant. Vor allem Letztere werden immer häufiger standort- und unternehmensübergreifend erfasst und zentral zusammengeführt.
„Diese Daten müssen zusammen mit Auftrags-, Produkt- und Transaktionsdaten aus den Warehouse Management (WM)- und ERP-Systemen sowie weiteren Statistikdaten über zurückliegende Vorgänge verarbeitet und ausgewertet werden“, erläutert Leveling.
Business Intelligence
Auch Rainer Schulz, Geschäftsführer der Sysmat GmbH, sagt, dass „Intralogistik und Digitalisierung über eine enge Verbindung verfügen, die die Verwendung von Daten stark beeinflusst.“ Das Unternehmen hat deshalb eine grafische Materialflusslösung entwickelt, die die Lagerverwaltung von automatisierten Anlagen und Automatiklagern optimiert. „Auf einer grafischen Oberfläche macht die Software matControl graphics den Materialfluss sichtbar und ermöglicht so, Störungen zu erkennen“, beschreibt Schulz.

Coud Computing
Bei der Erwähnung von Big-Data Technologien muss natürlich auch die Cloud angesprochen werden. Cloud-Computing bietet die Möglichkeit, Softwaredienstleistung schnell einzubinden und flexibel zu gestalten. Bereitstellung und Nutzung erfolgt hier nach Bedarf, sodass die benötigten Ressourcen optimal angepasst werden können.
Cloud-Services sind viel dynamischer, sie sind in der Lage, bei Bedarf angepasst werden zu können. Inanspruchnahmen zusätzlicher Dienste laufen in der Regel unkompliziert und schnell ab. Einzelne Services oder Softwarekomponenten, wie beispielsweise Datenbanken und Schnittstellen, können nach Belieben hinzugefügt und ausgetauscht werden. Dadurch ist es beispielsweise möglich, saisonbedingte Geschäftsprozessänderungen mit weniger Aufwand durchzuführen.
Smart Contracts
Cloud-Computing muss jedoch nicht nur von Drittanbietern kommen. Es ist auch möglich, firmeninterne Clouds über Microservice- oder Big-Data-Infrastrukturen aufzubauen und dadurch die eigenen Rechenressourcen zu optimieren. Dazu sind vor allem Technologien wie Docker und Mesosphere interessant. Sie erlauben es, Services mit all ihren Abhängigkeiten (Datenbanken, Schnittstellen) in Container, sprich Micro-VMs, zu verpacken, die sich untereinander Systemressourcen teilen und beliebig skaliert werden können.
Lager-App
Der SAP-Partner all4cloud punktet mit seiner mobilen Lager-App scan4cloud. Die Lager-App kann die Prozessgeschwindigkeit in Lager- und Produktionsstätten erhöhen – papierlos. Detlef Aden, Head of Business Development & Channel: „Mit der Lager-App lassen sich Aufgaben automatisieren und Mitarbeitern direkt zuordnen. Das senkt zum einen Bearbeitungszeit und Fehlerraten, zum anderen sparen Unternehmen jede Menge Papier.“
Machine Learning
Unter Machine Learning werden Algorithmen und Technologien zusammengefasst, die es ermöglichen, Computer aus Daten lernen zu lassen, ohne sie explizit zu programmieren. Mit diesen Techniken ist es möglich, den Fokus darauf zu legen, eine große Menge an Beispielbildern zu sammeln, die möglichst viele unterschiedliche Fälle abbilden. Daraus kann der Algorithmus durch ‚Training‘ ein Modell generalisieren und entwickelt somit die Fähigkeit, auch unbekannte Bilder zu klassifizieren. Das führt nicht nur zu einer flexiblen Entwicklung, sondern bietet auch die Möglichkeit, diese Modelle über neue Daten immer wieder zu verfeinern und auch neuen Anforderungen gerecht zu werden.
Künstliche Intelligenz
Beim Machine Learning gab es durch die rasant gestiegenen Datenmengen und Rechenkapazitäten in den letzten Jahren enorme Fortschritte im Bereich der sogenannten neuronalen Netze mittels Methoden des ‚Deep Learning‘. Damit ist es möglich, extrem große Datenmengen, wie etwa eine Million Bilder, zu nutzen, um die Merkmale, die diese Daten ausmachen, zu lernen. Um das Ganze effizient berechnen zu können, werden u. a. High-End Gaming Grafikkarten genutzt. Diese können hochgradig parallelisierbare Probleme, wie das Trainieren eines neuronalen Netzes, lösen.
Maschinelles Lernen
„Der prominenteste Use-Case von Klassifikationsalgorithmen, das Erkennen von Objektklassen in Bildern, ist zugleich für die Logistik ein sehr interessantes Thema. Neben der reinen Klassifikation ist es auch möglich, mehrere Objekte in einem einzelnen Bild zu detektieren und diese einzeln zu klassifizieren“, erklärt Leveling. So können beispielsweise Pakete auf einem Laufband nach Schäden abgesucht werden oder autonome Fahrzeuge neben Entfernungssensoren noch mit Kameras ausgestattet werden, welche die Bewegung von diversen Objekten und Personen im Raum beobachten können.

Blockchain-Technologie
Eine Blockchain ist eine Datenstruktur, die zum einen das hochverschlüsselte Speichern von Datenblöcken ermöglicht, und zum anderen das dezentrale Authentifizieren regelt. Durch diese beiden vereinten Konzepte ist es möglich, Transaktionen nachzuvollziehen und authentifizieren zu können, ohne dabei auf Mittelsmänner wie Banken oder Notare angewiesen zu sein.
In einer Blockchain werden alle Transaktionen als Blöcke chronologisch eingetragen, verschlüsselt und mit Prüfsummen versehen. Jeder Block enthält die Prüfsumme des vorherigen Blocks und sichert so gegenüber Revisionen ab. Im Weiteren werden von Anfang an Kopien der Blockchain erstellt und an Validierungsinstanzen verteilt.
Dadurch wird jeder Transaktion gespeichert und ist auch in Zukunft zurückverfolgbar. Bei Änderungen oder neuen Transaktionen innerhalb einer Instanz werden diese sofort an alle Validierungsinstanzen in Echtzeit zum Überprüfen und Speichern weitergegeben.
Blockchain-Anwendungen
Martin Araman, Geschäftsführer der Sovereign Speed GmbH, sieht deutliche Vorteile: „Es wäre ungemein vorteilhaft, wenn alle Beteiligten auf einen Auftrag zurückgreifen könnten und wenn eine automatisierte Abrechnung folgen würde. Das ist auch dringend notwendig, denn die Prozesskosten in Transport und Logistik sind teils doppelt so hoch wie die Kosten für den tatsächlichen Gütertransport.“