Prolynk-Taxi

Wie Taxis für die Produktion: Kleine fahrerlose Transporteinheiten (Automated Guided Vehicle, AGV) fahren zu bearbeitende Teile zielsicher zu allen benötigten Stationen der Fertigung. - (Bild: Faulhaber)

Das Internet of Things macht es möglich, individualisierte Produkte automatisch herzustellen – bis hin zur Losgröße eins. Dabei bekommt der Weg des Bauteils durch die Montage eine ganz neue Bedeutung.

In der adaptiven Maschinenplattform von Prolynk können Fertigungsmaschinen und Montagestationen frei kombiniert und flexibel konfiguriert werden. Die Teile fahren einzeln, quasi mit einem Mini-Taxi von einer Station zur nächsten. Faulhaber liefert die Antriebstechnik für die kleinen Fahrzeuge.

Als Henry Ford im Jahr 1913 die erste „moving assembly line“ installierte, steigerte er damit den Ausstoß seiner Autos auf das Achtfache – ein Quantensprung der Produktionseffizienz. Das erlaubte ihm übrigens nicht nur, den Preis seines T-Modells drastisch zu senken, sondern zugleich auch die Arbeitslöhne zu erhöhen. Kein Wunder, dass dieser Erfolg bald abgekupfert wurde. Bis heute entstehen zahllose Produkte nach dem Fließbandprinzip.

Allerdings passt es weniger gut zu Kleinserien und gar nicht zur individualisiert- automatischen Fertigung. Diese ist aber eines der Ziele von Industrie 4.0 und dem Industrial Internet of Things (IIoT): Einzelne Produkte sollen – bei möglichst hohem Grad der Automatisierung – nach Kundenwunsch gestaltet und ausgestattet werden. Dafür braucht es eine Flexibilität in den Abläufen, die sich mit der fest installierten Bahn eines Fließbands nur schlecht verträgt.

Wie sieht eine moderne industrielle Produktion aus?

Das Internet of Things macht es möglich, individualisierte Produkte automatisch herzustellen – bis hin zur Losgröße eins. Dabei bekommt der Weg des Bauteils durch die Montage eine ganz neue Bedeutung. In einer adaptiven Maschinenplattform können Fertigungsmaschinen und Montagestationen frei kombiniert und flexibel konfiguriert werden. Die Teile fahren einzeln, quasi mit einem Mini-Taxi von einer Station zur nächsten.

Komponenten fahren Taxi

Mit der Prolynk-Technologie kann die Konfiguration der „Fertigungsstraße“ beliebig verändert und an wechselnde Anforderungen angepasst werden. Die Komponenten absolvieren nicht mehr unterschiedslos eine festgelegte Strecke, stattdessen nimmt jede einzelne ein Taxi in Form einer kleinen fahrerlosen Transporteinheit (Automated Guided Vehicle, AGV): „Das zu bearbeitende Teil wird damit zielsicher zu allen benötigten Stationen transportiert“, erklärt Antonio Sanchez, Chief Commercial Officer von Prolynk. „Die Bearbeitung, manuell oder durch Roboter, kann völlig individuell erfolgen. Der Ablauf ist trotzdem automatisiert.“

Eine Plattform aus tischförmigen Modulen bildet die physische Grundlage des Systems. Es wird aus diesen standardisierten Platten zusammengesetzt und kann in Größe und Form beliebig gestaltet werden. Einfache Metallplatten bilden die Basiseinheit und dienen als Bewegungsfläche.

Eine Variante der Basisplatte verfügt über Fixiereinheiten mit Indexfunktion. Bei Fertigungsschritten, die eine hohe Präzision erfordern oder bei denen eine größere Krafteinwirkung ausgeglichen werden muss, halten sie Fahrzeug und Komponente in Position. Hier hat das Plattenelement auch eine Aussparung in der Mitte. Durch sie kann die Bearbeitung auch von unten erfolgen, denn sie entspricht einer genauso geformten Aussparung im AGV.

Die Prolynk-AGV gibt es in zwei Größen
Die Prolynk-AGV gibt es in zwei Größen (325x230 und 450x350 Millimeter). - (Bild: Prolynk)

Beliebige Reihenfolge der Montagestationen

Die Prolynk-AGV gibt es in zwei Größen (325x230 und 450x350 Millimeter); die maximale Beladung beträgt je nach Modell zwischen 5 und 35 Kilogramm. Über der mittigen Aussparung wird die zu bearbeitende Komponente befestigt, um auf den Weg zu den einzelnen Montagestationen aufzubrechen. Solche Stationen für manuelle oder maschinelle Arbeitsschritte können beliebig angeordnet werden. Dort werden zum Beispiel Teile angelötet, Schrauben befestigt, Lasermarkierungen aufgebracht oder Prüfroutinen durchgeführt. Gibt es ein Qualitätsproblem, kann man das Fahrzeug gezielt zu der Station schicken, wo dieses behoben wird.

„Die zentrale Steuerung kennt jedes AGV und seine Ladung“, erklärt Antonio Sanchez. „Sie weiß, welche Bearbeitungsschritte an einem bestimmten Teil ausgeführt werden müssen. So können in einem automatisierten Ablauf individuelle Produkte entstehen. Während sie ständig mit dem Prolynk-System kommuniziert, behält die SPS immer die vollständige Kontrolle über die Prozesse.“

 

Die maximale Beladung beträgt je nach Modell zwischen 5 und 35 Kilogramm
Die maximale Beladung beträgt je nach Modell zwischen 5 und 35 Kilogramm. - (Bild: Prolynk)

Wenn die Bearbeitungsschritte nicht in einer bestimmten Reihenfolge benötigt werden müssen, entsteht ein zusätzlicher Effizienzgewinn: In diesem Fall fährt das AGV zu einer Station, die gerade frei ist. Wartezeiten entfallen, die Auslastung steigt. Ein weiterer Vorteil des Systems kann in der Entlastung der Mitarbeiter bestehen. Komponenten müssen nicht mehr mit Muskelkraft weiterbefördert werden. Ständiges Anheben und Absetzen – Bewegungen mit besonders hohem Rückenschmerzpotenzial – können entfallen.

Das Prolynk-AGV wird von zwei Rädern angetrieben, die jeweils in der Mitte der Längsseiten platziert sind. Die Ecken des Fahrzeugs werden von passiven Rollen abgestützt. Wenn die Räder sich gegenläufig bewegen, dreht das Fahrzeug auf der Stelle. Das geschieht meistens im 90-Grad-Winkel. So kann es mit einer Vierteldrehung zu einer Station abbiegen oder mit zwei Drehbewegungen zwischen den parallelen „Fahrbahnen“ auf dem Tisch hin und her wechseln. Diese Fahrbahnen existieren wohlgemerkt nur virtuell: Das AGV hält wie ein Auto auch ohne Markierungen auf der Straße die Spur.

Große Kraft und präzise Orientierung

Auf welcher Spur es vor- oder rückwärts fahren oder wohin es abbiegen soll, erfährt das Fahrzeug per WLAN von der zentralen Steuerung. Sie gibt die Wege sowie die Stationen vor und entscheidet, welches Gefährt bei kreuzenden Bahnen die Vorfahrt bekommt. Die Teile-Taxis müssen nur ihre genaue Position rückmelden, damit diese Verkehrsregelung funktioniert.

Dabei spielen die Motion Controller vom Typ MC 5004 P und die Encoder der Serie IE3-1024 von FAULHABER eine wichtige Rolle. Sie erfassen die Drehung der bürstenlosen Motoren der Serie BX4. Mithilfe ihrer Daten berechnet die Prolynk-Elektronik Wege und Positionen. Die Motorkraft wird durch Planetengetrieben der Bauart 32/3 auf die Antriebsriemen der Räder übertragen.

 

Der Faulhaber BX4
Der Faulhaber BX4. - (Bild: Faulhaber)

„Wenn sich ein Unternehmen für die Prolynk-Lösung entscheidet, werden die kleinen Fahrzeuge zum Kernstück eines Produktionsprozesses. Sie müssen also unbedingt völlig zuverlässig und mit minimalem Wartungsbedarf funktionieren – über möglichst lange Zeit und bei niedrigen Betriebskosten“, erläutert Antonio Sanchez die Prioritäten für die Auswahl der AGV-Komponenten.

„Bei der Antriebseinheit stand für uns also die Qualität der Produkte an erster Stelle. Faulhaber kann uns aber nicht nur die geforderte Qualität gewährleisten, die Motoren bieten weitere Vorteile, die für unsere Anwendung unverzichtbar sind. In dem Fahrzeug ist nur sehr wenig Platz, es braucht dennoch viel Motorkraft, um auch schwere Teile mit der geforderten Geschwindigkeit zu bewegen. Beim Verhältnis zwischen Volumen und Drehmoment hält die Serie BX4 auf dem Weltmarkt eine Spitzenstellung. Diese Leistungsdichte trägt entscheidend dazu bei, dass wir unseren Kunden eine ebenso verlässliche wie flexible Lösung anbieten können.“

Die Kombination aus Verlässlichkeit und Flexibilität gibt den Anwendern der Prolynk-Lösung größtmögliche Freiheit bei der Gestaltung ihrer Produktionsprozesse. Sie können theoretisch mit einer kleinen Plattform aus wenigen Platten und einem einzigen Mini-AGV anfangen. Das System lässt sich beliebig erweitern oder umorganisieren und hochgradig flexibel an die benötigten Maschinen anpassen. Es bietet smarte Funktionen und kann leicht in die jeweilige Steuerung eingebunden werden. Neue Produkte, neue Abläufe und Technologien kann man ebenfalls problemlos integrieren; die vorhandenen Module lassen sich je nach den Gegebenheiten neu zusammenstellen. „Das System ist unbegrenzt anpassungsfähig“, betont Antonio Sanchez. „Die Produktionskapazität folgt unmittelbar der Auftragslage.“

Homeschoooling für Entwickler

Faulhaber Experte Mario Zecchin während einer Webinar-Session.
Faulhaber Experte Mario Zecchin während einer Webinar-Session. - (Bild: Faulhaber)

Man lernt nie aus. Gerade im Bereich der Antriebstechnik ist es wichtig, den eigenen Erfahrungshorizont kontinuierlich zu erweitern, um innovative Möglichkeiten frühzeitig zu erkennen und für die Anwendungsentwicklung zu nutzen. Hierzu hat FAULHABER eine spannende Webinarserie gestartet. Jedes Webinar behandelt ein spezielles Thema und wird von einem ausgewiesenen Experten professionell moderiert. Die Teilnehmer haben die Gelegenheit sich mit unseren Experten auf Augenhöhe auszutauschen, wobei diese auch auf individuelle Fragestellungen eingehen. Modern, mobil, multimedial: unsere Webinare sind das Tool der Stunde, wenn es darum geht, das eigene Wissen zu vertiefen – gerade auch im Homeoffice. Die Teilnahme ist völlig kostenlos und erfordert lediglich eine einmalige Registrierung.

Mehr Informationen finden Sie hier.

 

Wer die ersten Webinare verpasst hat, kann diese jederzeit online in FAULHABER GoTo Stage abrufen. Die Webinare werden in deutscher und englischer Sprache angeboten. GoTo Stage wird laufend ergänzt, sobald ein neues Webinar erstmals durchgeführt wurde, wird die Aufzeichnung hier zur Verfügung gestellt.

Hier gelangen Sie zum Webinare Archiv.

 

Sie möchten gerne weiterlesen?

Dieser Beitrag wird präsentiert von: