Roboter greift in eine Kiste und entnimmt einen Karton

Vor allem durch KI und Bildverarbeitungssysteme sind in der Robotik mittlerweile automatisierte Abläufe möglich, die bisher meist nur manuell ausgeführt werden konnten. (Bild: Schmalz)

Die Möglichkeiten der Automatisierung erweitern sich stetig und rücken für Roboter Applikationen in den Fokus, die bislang nur manuell ausgeführt werden konnten. Das Sortieren von Abfällen auf einem Förderband zum Beispiel. Und so wie sich in den letzten beiden Jahren mit Lösungen für automatisiertes Schweißen ein großer Markt entwickelt hat, so werden jetzt auch automatisierte Schraubendreher in der Montage viele Prozesse automatisieren und vor allem präzisieren.

Unter anderem, denn neben der Ausstattung mit KI, Bildverarbeitungssystemen und Sensorik, sind die neuen Roboter-Generationen einfacher zu installieren, zu programmieren und vernetzbar – beste Voraussetzungen, um die traditionelle Produktion mit Digitalstrategien zu verbinden. Welche Komponenten der Roboter ihre Anwendung verbessern oder erst ermöglichen erfahren Sie nachfolgend.

Sie haben wenig Zeit? Hier geht es direkt zu den einzelnen Komponenten:

Greifer

Antriebe

Sensorik

Vision-System

Steuerung

Mensch-Roboter-Kollaboration

Applikationen

Roboter einfach programmieren

Greifer von OnRobot an einem Kawasaki-Roboter
Totz ihrer kompakten Bauweise haben die Greifer 3FG15 eine Traglast von 15 kg. - (Bild: OnRobot)

Greifer

Greifer werden zunehmend intelligent, um für den sinnvollen Einsatz mit ihrem technischen Umfeld via IO-Link, Profinet, EtherCat oder EtherNet/IP kommunizieren zu können. Sie empfangen nicht nur Informationen, die Sensordaten eines Greifers, wie etwa Temperatur oder Beschleunigung, können auch an die Anlagensteuerung geschickt oder in der Datencloud gespeichert werden.

Die Vakuum-Greifsysteme von Schmalz zum Beispiel liefern wichtige Daten zum Zustand der Anlage und ermöglichen Funktionen wie Condition Monitoring und Predictive Maintenance. Dem Anwender steht hierfür eine umfangreiche IO-Link-Konfigurationsdatei IODD (IO Device Description) zur Verfügung, die unter anderem Informationen zur Identifikation, Geräteparameter, Prozess- und Diagnosedaten sowie Kommunikationsprofile beinhaltet. Ebenso wird der Austausch von Geräten vereinfacht, da das IO-Link-Protokoll einen Automatismus zur Datenübernahme enthält.

Integration und Bedienung deutlich vereinfacht

Zur Vereinfachung von Integration und Bedienung werden Greifer zunehmend als Plug-and-Produce-Lösungen konzipiert, die direkt nach dem Auspacken voll einsatzfähig sind. OnRobot etwa ermöglicht dies durch die standardmäßige Integration eines Schnellwechselsystems in seinen Tools (Quick Changer) sowie durch die Bereitstellung einer einheitlichen Programmierlogik (One System – Zero Complexity). Auch Schmalz liefert zunehmend Sofware-Plugins mit, die den Anwender mit grafischer Unterstützung durch die Konfiguration führen.

Die größere Kompatibilität der Greifer mit Roboterarmen verschiedener Hersteller erleichtert den Anwendern die Integration ebenfalls und erweitert darüber hinaus die Einsatzmöglichkeiten. Durch neue Einsatzgebiete entstehen auch immer neue Ansätze, Bauteile zu handhaben. Mit Hilfe von Adhäsionskräften, wie zum Beispiel bei der neuen Greifertechnologie Adheso von Schunk, können empfindliche Bauteile völlig energiefrei, sanft und rückstandsfrei gegriffen werden.

Außenläufermotor der Baureihe BXT von Faulhaber
Außenläufer-Motoren der Baureihe BXT von Faulhaber sind für Anwendungen geeignet, die eine kurze Antriebslösung mit hohem Drehmoment erfordern. - (Bild: Faulhaber)

Antriebe

Um die Einsatzmöglichkeiten eines Industrieroboters auch auf Arbeitsumgebungen auszuweiten, in denen potentielle Verschmutzung etwa durch Hydrauliköle ausgeschlossen sind, werden in der Pharma- oder Lebensmittelindustrie pneumatisch/druckluft-basierte Greifer durch elektrisch betriebene Aktorik ersetzt. Greifer mit Elektromotor reduzieren die Wartungskosten und vereinfachen die Handhabung, da sie ohne verschleißanfällige externe Verschlauchung auskommen.

Antriebe, die sich mit intelligenten Schnittstellen wie RS232 oder CAN verstehen, ermöglichen die Kommunikation zwischen einem Greifer und der übergeordneten Steuerung zum Zweck der Griffüberwachung und Greifteilerkennung sowie der flexiblen Anpassung der Griffkraft und des Greiferhubs. Wartungsfreie Antriebe mit hoher Zuverlässigkeit und Leistung bei möglichst geringem Gewicht sind insbesondere bei Leichtbaurobotern/Cobots gefragt. Der Grund: Je geringer das Gewicht des EOT (End of Arm Tool), desto mehr Last kann ein Cobot heben.

Kompakte Bauformen erleichtern Job für Greifer

Kompaktere Bauformen verringern zudem die Störkonturen der Greifer. Ein Beispiel für ein einzigartiges Verhältnis von Drehmoment zu Gewicht und Bauvolumen sind die Außenläufer-Motoren der Baureihe BXT von Faulhaber. Die eisenbehafteten Motoren mit 14 Hochleistungs-Selten-Erd-Magneten auf dem Rotor und 12 Zähnen auf dem Stator sind nur 14 mm, 16 mm beziehungsweise 21 mm lang und damit für Anwendungen geeignet, die eine kurze Antriebslösung mit hohem Drehmoment von bis zu 134 mNm erfordern.

Greifer von OnRobot mit Sensoren in den Fingerspitzen der Greifer
Die in den 'Fingerspitzen' integrierte Sensorik verleiht den Greifern RG2-FT Feingefühl. (Bild: OnRobot)

Sensorik

Cobots werden immer feinfühliger und übernehmen dadurch mittlerweile auch Aufgaben in Präzisionsmontage oder Oberflächenbearbeitung, zum Beispiel Entgraten, Schleifen oder Polieren; die Sensorik kann dabei im Greifer selbst integriert sein oder als externes Modul am Werkzeugflansch des Roboterarms montiert werden.

Sensorik direkt in ihren Fingerspitzen beispielsweise verleiht den Greifern RG2-FT von OnRobot so viel Intelligenz, dass sie die genaue Werkstückposition erkennen. Die vorherige Programmierung der Parameter entfällt somit. Die Modelle der e-Series von Universal Robots hingegen verfügen über einen am Werkzeugflansch integrierten Kraft-Momenten-Sensor: Der hochsensible Sensor registriert selbst kleinste Bewegungen und verleiht dem Cobot Fingerspitzengefühl.

Greifer mit Kamera von Micropsi Industries
Mittels Kamerasystem lernt Mirai die Umgebung kennen, um dann selbständig agieren zu können. - (Bild: Micropsi Industries)

Vision-Systeme

Künstliche Intelligenz hilft durch Algorithmen und selbstlernende Systeme die Performance zu optimieren, wovon vor allem Vision-Lösungen wie kameragestütztes Bin Picking profitieren. Für den automatisierten 'Griff in die Kiste' hat sich der anschlussfertige Bin-Picker SBPG von Schmalz bewährt. Er arbeitet in Kombination mit einem 3D-Kamerasystem, das visuelle Teileerkennung ermöglicht. Nur wenige hundert Gramm schwer, holt der Bin-Picker Werkstücke zuverlässig aus dem Behälter – unabhängig davon, ob sie chaotisch oder vorsortiert abgelegt sind.

Immer mehr Anbieter bringen Bildverarbeitungssysteme auf den Markt, mit deren Hilfe Roboter ihre Umgebung visuell und mehrdimensional erfassen. So können sie Objekte erkennen, selbst wenn sich diese stapeln oder überlagern. Vision-Systeme wie OnRobots Eyes erlauben Robotern, Teile optisch zu erkennen und ihre Umgebung räumlich wahrzunehmen. Dadurch können sie zielgerichteter greifen und kommissionieren.

KI und Deep Learning im Einsatz

Auch hier kommen teilweise KI und Deep Learning zum Einsatz: UR+ Partner von Universal Robots haben hier eine sensorbasierte Vision-Lösung entwickelt, mit der UR-Cobots den 'Griff in die Kiste' meistern. Anwender lernen den Roboter dabei nicht mehr für einzelne Objekte, sondern für den Greifprozess an sich an.

Ausgestattet mit Kamera, Greifer und entsprechender Software kann ein Cobot so beliebige Objekte koordinatenunabhängig erkennen und selbstständig optimale Greifpunkte identifizieren. Ein in der Kamera integrierter KI-Vision-Sensor lernt stetig dazu, sodass der Prozess immer flüssiger läuft – ein Einlernen der zu greifenden Bauteile ist nicht erforderlich.

Robotersteuerungen der Omni-Core-Familie von ABB
Robotersteuerungen der Omni-Core-Familie bieten die notwendige Flexibilität zur Integration neuester digitaler Technologien. - (Bild: ABB)

Steuerung

Neue Steuerungsstrategien, die auf KI – konkreter auf Machine Learning – basieren, ermöglichen es, manuelle Fertigungsschritte zu automatisieren. Die KI-getriebene Robotik-Steuerung Mirai von Micropsi Industries erweitert beispielsweise die native Steuerung des Roboters und verleiht ihm die wertvolle Fähigkeit der Augen-Hand-Koordination.

Im Gegensatz zu klassischen Vision-Systemen, bei denen eine Kamera jede Situation und jedes Werkstück neu vermisst, reagieren KI-getriebene Steuerungen in Echtzeit auf Varianzen in der Umgebung und steuern den Roboter kontinuierlich durch seine Bahn. Möglich ist dies durch das Zusammenspiel von Kamera und Software: Roboter können mit KI-basierten Lösungen in Zukunft vermehrt 'trainiert' statt programmiert werden.

Positionierungsaufgaben schneller und einfacher zu lösen

Mirai verfügt seit Kurzem zudem über sogenannte Positioning Skills, mit denen Positionierungsaufgaben noch schneller und einfacher zu lösen sind. Dafür führt der menschliche Mitarbeiter den Roboter zum Ziel und 'zeigt' ihm dann mit der Kamera die Gegend um das Ziel, wobei der Roboter die eigene Bahn nicht beachtet. Die KI-Steuerung entscheidet sich im Anschluss eigenständig für den besten Weg und führt den Roboter jedes Mal aufs Neue entsprechend durch seine Bahn.

Auch die Bedienung kollaborierender Roboter wird zunehmend einfacher, wie mit dem handlichen Bediengerät Teach Pendant von UR. Die intuitive Benutzeroberfläche befähigt auch Anwender ohne Vorkenntnisse, den Roboter zu steuern und die jeweilige Applikation an die situativen Gegebenheiten anzupassen. Bediengeräte der neuesten Steuerungsgenerationen bieten zum Beispiel dank Hot-Plug-Funktion auch enorme Flexibilität. So kann das Tablet im laufenden Betrieb abgetrennt und mit einer anderen Steuerung verbunden werden.

Konnektivität zu digitalen Plattform- und Cloudlösungen

Flexibel sind auch Individualisierungsmöglichkeiten sowie die vielfältigen Montageoptionen, die sich aus kleineren Stellflächen ergeben. Eines der wichtigsten Steuerungs-Features ist die Konnektivität zu digitalen Plattform- und Cloudlösungen, mit denen sich Performance und Zuverlässigkeit von einzelnen Robotern bis hin zu ganzen Roboterflotten verbessern lassen.

So beinhaltet die digitale ABB Ability-Plattform vernetzte Dienste ebenso wie die ABB-Sicherheitslösung SafeMove. Damit bieten die Steuerungen grundlegende Funktionen, die eine Kollaboration mit einem angeschlossenen Industrieroboter ermöglichen können.

Cobot von Yaskawa mit einem Menschen
Der tut nichts! Durch seine Power- and Force Limit Platine geht vom Motoman HC bei der Interaktion mit seiner Umgebung keine Gefahr für den Bediener aus. - (Bild: Yaskawa)

Mensch-Roboter-Kollaboration

Bei 'hybriden' kollaborativen Robotern handelt es sich um vollwertige Industrieroboter, die einerseits mit hoher Geschwindigkeit arbeiten können, aber auf sicher reduzierte Geschwindigkeit zurückfallen, sobald sich der Mensch unmittelbar im Arbeitsraum befindet. Denn nur bei den wenigsten Automatisierungsaufgaben ist tatsächlich eine permanente Mensch-Roboter-Interaktion gefragt.

Vielmehr ist der Mensch dem Roboter in vielen Fällen eher 'im Weg', muss doch der Roboter im direkten Kontakt mit seinem Bediener langsam – in sicher begrenzter Geschwindigkeit – arbeiten, was zu langen Zykluszeiten führt. Die Modelle der Baureihe Motoman HC von Yaskawa zum Beispiel sind solche hybriden Roboter mit zehn beziehungsweise 20 kg Handhabungsgewicht. Die geforderte Sicherheit im direkten Kontakt mit dem Bediener gewährleisten sie durch seine Power- and Force Limit Platine, die eine flexible Interaktion zwischen dem Roboter und seiner Umgebung ermöglicht.

Auch klassische Robotersysteme arbeiten ohne Schutzzaun

Doch auch klassische Robotersysteme können, sofern sie mit einer sicheren Robotersteuerung ausgestattet sind, ohne Schutzzaun arbeiten. Der Unterschied zu einem MRK-fähigen Hybridroboter besteht lediglich darin, dass der klassische Industrieroboter in Gegenwart des Menschen in sicherem Halt stehen bleiben muss, während der kollaborierende Hybridroboter langsam und sicher weiterarbeitet. Zur Erkennung, ob ein Mensch anwesend ist oder nicht, lässt sich marktübliche Sicherheitstechnik (wie Sicherheits-Laserscanner, Sicherheitsvorhang oder Trittmatte) nutzen.

Elektronikkomponenten und Wafer lassen sich mit Greifer von Schunk handhaben
Individuell auf die jeweilige Anwendung zugeschnitten, lassen sich mit der Adheso-Greiftechnologie Wafer und kleinste Elektronikkomponenten ebenso handhaben wie Folien oder Werkstücke aus der Metallbearbeitung und Automotive-Montage. - (Bild: Schunk)

Applikationen

Automationseinsteiger fragen keine Einzelkomponenten, sondern Applikationen an. Hier bieten Applikationskits, das heißt ein standardisiertes Komponentenbundle mit ergänzenden Softwareservices, optimal aufeinander und auf den Roboter abgestimmte Lösungen. Zudem vernetzen Online-Plattformen Endanwender, Systemintegratoren und Komponentenhersteller und bieten standardisierte, preisattraktive Roboterzellen, die mit geringem Installationsaufwand bisher manuell ausgeführte Prozesse automatisieren. Schunk bietet mit dem CoLab einen essentiellen Baustein dieser Plattformen, denn dort werden diese Applikationen validiert und mit den richtigen Komponenten und Software-Bausteinen versehen.

Person programmiert mittels grafischen Tools auf einem Tablet einen Industrieroboter
Mit grafischen Tools wie Wizard Easy Programming lässt sich per Drag&Drop von Funktionsblöcken ein Programm für den Roboter zusammenstellen. (Bild: ABB)

Roboter einfacher programmieren

Die schnelle Inbetriebnahme von Robotern ist ein brandheißes Thema. So bietet ABB bei der einfachen Programmierung eine grafische Lösung namens Wizard Easy Programming, wo sich durch Drag&Drop von Funktionsblöcken ein Programm zusammenstellen lässt, wie Katja Butterweck, Global Product Specialist bei ABB Robotics, erklärt. "Das Programm bezieht sich nicht nur auf die ABB-Roboter, es gibt auch Blöcke für Greifer und anderes Standardzubehör von Drittherstellern. Mit Wizard Easy Progamming kann man sowohl am echten Roboter auf dem Handbediengerät wie auch virtuell am PC arbeiten. Wenn jemand schnell und einfach starten möchte, ist das ein sehr guter Einstiegspunkt", so Butterweck.

Laut Butterweck gebe es auch keine relevanten Unterschiede bei der virtuellen Inbetriebnahme zwischen Cobots und klassischen Industrierobotern, denn "man kann sowohl am realen Roboter wie am virtuellen Zwilling arbeiten, egal ob es ein Cobot oder ein Industrieroboter ist. Ich sehe die Unterscheidung wirklich eher beim Nutzer, wie er mit dem System umgehen möchte", erklärt Butterweck.

Zwei Gruppen von Nutzern

So gebe es zwei Gruppen von Nutzern: Viele wollten einfach loslegen und direkt mit dem Roboter agieren, um ein Gefühl für dessen Möglichkeiten und Aktionen zu bekommen. Das sei einfacher, wenn man am realen Roboter stehe. "Auf der anderen Seite gibt es potenzielle Anwender, die sagen: Ich will noch nicht gleich investieren, aber ich möchte dennoch schon wissen, was möglich ist. In diesem Fall kann der Nutzer dann etwa mit unserem RobotStudio unmittelbar mit dem virtuellen Zwilling anfangen", erläutert Butterweck.

Hier lesen Sie das gesamte Interview über die einfachere Programmierung von Robotern.

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