Im Video kommen Vertreter von vier taiwanesischen Unternehmen zum Thema smart manufacturing zu Wort.

Smarte Maschinen und Produkte sind Taiwans Zukunft. ‚Produktion‘ hat sich auf einer einwöchigen Recherchereise in Taiwan umgeschaut und Maschinenbauer rund um Taipeh und Taichung besucht. Was die vier Unternehmen Techman Robot, Delta, Hiwin und Goodway in Sachen Smart Manufacturing bereits auf die Beine gestellt haben, lesen Sie im Artikel.

Techman Robot – ein Cobot mit ‚Augen‘

Südlich an die Hauptstadt Taipeh schließt sich direkt die Stadt Tao­yuan an. Quanta Storage, einer der weltweit größten Notebook-Hersteller, hat dort seinen Hauptsitz. Zu dem Konzern gehört auch die Tochterfirma ‚Techman Robot‘ – ein Cobot-Hersteller.

Techman Robot Haw Chen
Laut CEO Haw Chen bietet Techman Robot den in­telligentesten Cobot weltweit. Möglich ma­che es das integrierte Vision-System. - (Bild: Nördinger)

Techman hat 2017 sein erstes Cobot-Modell gelauncht – den sogenannten TM 5 mit 4 bis 6 Kilogramm Traglast. Heute hat die Firma auch das Modell TM 12 mit 14 Kilogramm Traglast im Programm. Obwohl man zu den jungen Playern am Markt gehört, sagt CEO Haw Chen selbstbewusst, dass man bei Techman den smartesten und intelligentesten Cobot der Welt bekomme.

Er erklärt das damit, dass der Cobot über ein integriertes Vision-System verfügt. Weiterhin sei die Bewegungssteuerung des Roboters direkt mit den Signalen der Kamera verbunden. So sei es für Anwender sehr einfach, den Cobot inklusive Kamera zu nutzen. Denn das Vision-System lässt sich gemeinsam mit dem Roboter über ein Benutzer-Interface bedienen. Integrations-Schwierigkeiten gebe es somit nicht.

Einen smarten Roboter macht laut Techman Folgendes aus. Zunächst muss er fähig sein, zu sehen, sprich über ein integriertes Vision-System verfügen. Gleichzeitig muss er einfach zu programmieren sein und sicher stoppen, wenn sich Menschen in der Nähe befinden. Der Cobot kann mit einem zusätzlichen Infrarotsensor am Sockel ausgestattet werden, der Menschen schon aus der Ferne erkennt. Die Cobots von Techman können auch in mobilen Applikationen genutzt werden, da sie hochgenau arbeiten. Sie eignen sich aber auch für Schraub- und Klebeapplikationen. Wie CEO Chen verriet, ist das Unternehmen bereits mit Amazon im Gespräch, um Applikationen in den Warenlagern umzusetzen.

Aktuell verkauft Techman 40 % seiner Roboter nach China. 20 % gehen nach Europa. Produziert werden die Cobots in Taiwan beim Mutterkonzern Quanta Storage.

Delta Electronics – die smarte Fabrik im Fokus

Am Standort Taoyuan zeigt Delta Electronics, der weltweit größte Hersteller von Schaltnetzteilen und Gleichstromlüftern, seine Lösungen für die smarte Produktion. Die Produkte rund um Automatisierungstechnik sind der Business Unit ‚Industrial Automation‘ zugeordnet. Delta war früher nur ein Komponentenhersteller, hat sich jetzt aber zum Systemlieferanten für die smarte Produktion gewandelt. Das berichtet Sales Managerin Lisa Shu.

So ist man in der Lage, komplette Automatisierungslösungen anzubieten mit Verbindung vom Sensor bis in die Cloud.  Denn Delta hat die notwendigen Produkte für alle Ebenen der Automatisierungspyramide im IoT im Portfolio. Darüber hinaus unterstütz Delta auch bei Themen wie Datenanalyse in der Cloud, Künstliche Intelligenz in der Edge oder in der Cloud sowie bei allen Simulationsthemen.

Delta Electronics Roboter
Delta Electronics produziert laut eigenen Angaben auch Roboter selbst. - (Bild: Nördinger)

In der Smart-Manufacturing-Demozelle zeigt Delta am Beispiel eines individuell bedruckten Kugelschreibers, wie sich automatisiert in Losgröße 1 produzieren lässt. Dabei geben Kunden ihre Bestellungen direkt in das Cloud-basierte MES-System ein.  Das MES erstellt dann automatisiert den Arbeitsplan für die Demozelle und gibt somit vor, was in der Zelle produziert werden soll. Wie Lisa Shu berichtet, können Kunden so individuelle Produkte zu geringen Kosten mit sehr hoher Qualität fertigen.

Delta nutzt die smarten Produktionslösungen auch in der eigenen Fertigung. So produziert das Unternehmen in China in einer kompletten smarten Fabrik. Dort gibt es flexible Arbeitsstationen und hochautomatisierte Linien. Die Roboter in der Fabrik sind alle mit Vision-Systemen ausgestattet und verbinden als Fahrerlose Transportsysteme die verschiedenen Arbeitsstationen. Mithilfe der smarten Produktionsmethoden konnte die Produktionskapazität des Werks in China verdoppelt werden.

Im nächsten Schritt beschäftigt sich Delta nun mit dem Thema Künstliche Intelligenz. Man ist bereits dran, entsprechende Produkte zu entwickeln, verrät Shu. Das Ganze ist aber noch vertraulich.

Hiwin – Robotik und Automatisierung

Bei Hiwin in Taichung geht es nicht nur um Komponenten wie Kugelumlaufspindeln, Linearführungen oder Lager, sondern auch um Automatisierungssysteme wie Scara-, Delta- oder Sechsachsroboter. Rund 600 Ingenieure arbeiten in der Entwicklungsabteilung der Firma. Auch Software wird von Hiwin selbst entwickelt. Der Konzern bietet zudem Spezialprodukte wie ein Robotersystem zur Unterstützung bei endoskopischen Untersuchungen sowie ein robotisches Trainingsgerät für Reha-Anwendungen.

Eines der Tochterunternehmen ist ‚Hiwin Microsystem‘, ein Anbieter von Automatisierungslösungen für Werkzeugmaschinen und Fabrikautomation. Zu den Spezialitäten der Firma gehört zum Beispiel die hochgenaue Positionierung auf bis zu 25 Nanometer.

Kou-I Szu, Präsident von Hiwin, sieht Deutschland als Vorbild bei der Einführung von Industrie 4.0-Technologien. Denn in Deutschland sei man bei diesem Thema schon sehr fortgeschritten. In Taiwan gebe es vor allem im Bereich der Halbleiterfertigung aber auch schon hoch vernetzte Produktionen. Und Hiwin Microsystem bietet zum Beispiel spezielle Lösungen für die Bewegungssteuerung in der Halbleiterfertigung.

In dieser Anwendung kann die Bewegungssteuerng von Hiwin zum Beispiel Veränderungen im Bereich der Reibung eines Lagers erkennen und so eine Warnung an den Maschinenbetreiber senden. So kann eine vorausschauende Wartung in Gang gesetzt werden. „Zusätzlich können unsere Drive-and-Motion-Lösungen auch aus der Ferne debugged oder eingestellt werden“, berichtet Szu. Das erleichtere den Service.

In Zukunft will sich Hiwin Microsystem laut Szu nicht mehr auf die Entwicklung von Komponenten fokussieren, sondern auch auf die Kommunikation zwischen den Komponenten und dabei standardisierte Schnittstellen nutzen. Das gilt sowohl für die M2M-Kommunikation als auch für die Kommunikation zwischen Komponenten wie Motoren.

Goodway – ein smartes HMI für Werkzeugmaschinen

Werkzeugmaschinenbauer Goodway hat seinen Hauptsitz in Taichung. Der Konzern beschäftigt rund 1 400 Mitarbeiter und produziert an verschiedenen Standorten in Taiwan. Das Unternehmen betreibt auch eine eigene Elektronikfertigung. Zum Konzern gehören auch die Marken Yama Seiki, AWEA und Extron. Europa ist einer der Hauptabsatzmärkte für Goodway und sorgt für 30 Prozent des Umsatzes.

Um den Service in Europa zu erhöhen, will Goodway in Zukunft mit einer Online-Plattform für Maschinenbestellungen arbeiten. Über diese Plattform können Kunden dann prüfen, ob eine von ihnen gewünschte Maschine bei einem anderen europäischen Goodway-Händler auf Lager ist. So sollen die Lieferzeiten reduziert werden.

Das Thema Smart Manufacturing ist bei Goodway sehr hoch angesiedelt. So hat das Unternehmen eine intelligente Mensch-Maschine-Schnittstelle auf den Markt gebracht. Über das Touch-Panel können nicht nur Maschine und Werkzeug gesteuert werden. Auch 3D-Simulationen des Werkstücks oder Diagnosefunktionen lassen sich über das Panel erledigen. Gleichzeitig sammelt das HMI alle wichtigen Daten über den Produktionsprozess. Wie Sales-Chefin Rebecca Hsieh berichtet, wird das HMI auch schon in Deutschland genutzt.

Für den Datenaustausch nutzt Goodway Standards wie OPC UA, MT Connect oder Ethernet. Weiterhin sind Goodway-Maschinen mit intelligenten Sensoren ausgestattet, die die notwendigen Daten an Ort und Stelle abgreifen. Roboter und andere Automatisierungstechnik lassen sich problemlos mit den Werkzeugmaschinen kombinieren. Die Werkzeugmaschinen an sich sind also bereits smart.

Auch eine Echtzeit-Kontrolle von den Maschinen aus der Ferne ist bereits möglich. So kann man den Status jeder Maschine und auch die wichtigen KPIs der Maschine jederzeit von überall einsehen. Auf der EMO werden eine neue Drehmaschine, ein neues Kühlsystem sowie das Thema smarte Produktion im Fokus stehen.

Automatisierungsquote: Wo arbeiten die meisten Roboter?

Süßer Roboter

Global betrachtet arbeiten im Schnitt 74 Roboter pro 10.000 Mitarbeiter in der Fertigungsindustrie. Das gab die International Federation of Robotics (IFR) in der jüngsten Statistik bekannt. Klicken Sie sich durch und sehen Sie, wie die Roboterdichte laut IFR weltweit verteilt ist.

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