Die Deutsche Post DHL Group erspart ihrer Umwelt durch den Einsatz seiner über 5 000 StreetScooter Lieferfahrzeuge schon heute erhebliche Mengen an Schadgasen wie Kohlendioxid, Stickoxid und auch Lärm. Mit Hilfe einer Entwicklung rückt man jetzt auch dem Feinstaub zu Leibe. Der Ludwigsburger Filtrationsspezialist Mann + Hummel entwickelte einen Feinstaubpartikelfilter, mit dem jetzt das weltweit erste emissionsneutrale Fahrzeug vorgestellt wird.
Doch wie funktioniert solch ein Filter? Dazu Projektleiter Jan-Eric Raschke: „Wir haben drei Kerntechnologien der Firma Mann + Hummel genommen, neu kombiniert und auf das Thema Feinstaub angewendet.“ Diese Technologien – Feinstaubpartikelfilter, Innenraumfilter und Bremsstaubpartikelfilter – habe man auf ein Fahrzeug genommen und dies als eine Technologieplattform vorgestellt. „Diese drei Technologien sind für jeden Kunden frei skalierbar und auf seine Anwendung zu übertragen. Genau diesen Gedanken hat Professor Kampker erkannt“, erläutert Raschke.
Umwelt-Bilanz durch Filterung verbessert
Dazu Achim Kampker, Geschäftsführer der Post-Tochter StreetScooter GmbH, der die weiter verbesserte Umweltbilanz seiner Fahrzeuge lobt: „Mit dem Einsatz von Feinstaubfiltern können wir die hervorragende Öko-Bilanz unserer StreetScooter sogar noch einmal verbessern. Wir freuen uns, mit diesem Test nun erneut Vorreiter und hoffentlich Impulsgeber für einen breiten Trend zu sein.“
Denn auch Fahrzeuge mit Elektroantrieb sondern über Reifen-, Brems- und Straßenabrieb Feinstaub ab, sind also nicht emissionsfrei. „Durch den Einsatz des Filters ist die Gesamtbilanz des Fahrzeuges im Hinblick auf den Feinstaubausstoß hingegen neutral“, erklärt Raschke. Der Feinstaubpartikelfilter nehme so viele Staubpartikel auf, wie beim Fahren durch Reifen-, Bremsen- und Straßenabrieb entstünden.
Serienmäßiger Einsatz der Filterung möglich
„Die Filtermodule werden zunächst in fünf StreetScooter-Testfahrzeugen verbaut, die ab sofort in deutschen Innenstädten in Dienst gehen. Nach erfolgreichem Test ist ein serienmäßiger Einsatz des Feinstaubfilters möglich“, sagt Alfred Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung von Mann + Hummel. Vollständig emissionsneutral sei das Fahrzeug bezogen auf die Gesamtbilanz im Fahrbetrieb: Das heißt kein Kohlendioxid (CO2), kein Stickoxid (NOx), kein Lärm, kein Feinstaub.
Raschke wird detaillierter: „Der Feinstaubpartikelfilter ist mit einem aktiven Filtersystem ausgestattet. Hinter dem Filter sind Ventilatoren eingebaut, die dem Filter Luft aus der Umgebung zuführen. Somit sind die Fahrzeuge auch im stehenden Betrieb in der Lage, Feinstaub aus der Umgebungsluft heraus zu filtern.“ Der Einbauort am Unterboden auf Höhe der Hinterachse mache gleich doppelt Sinn: einerseits gehe hierdurch kein wertvoller Laderaum verloren und andererseits finde sich genau an diesem Ort die höchste Feinstaubkonzentration in der Fahrzeugumgebung.
Weniger Belastung
„Alle unsere Feinstaubpartikelfilter sind mit Sensoren ausgerüstet, um die Effizienz der Systeme durch ein Online-Monitoring zu überprüfen. Informationen über die Filtrationsleistung, die gereinigte Luftmenge, die Feinstaubkonzentration sowie Wetterdaten werden erfasst. Die Daten werden in einer Cloud zusammengeführt, durch eine Webschnittstelle dargestellt und von den Filtrationsexperten ausgewertet“, so Raschke.
In der eigenen Emissionswolke
Beim StreetScooter habe man die Box in den optimalen Bauraum und die optimale Wirksamkeit überführt. „Also unten im Heck des Fahrzeugs sind wir in der Lage, direkt in der eigenen Emissionswolke des Fahrzeugs über zwei Lüfter den Großteil der Eigenemission und auch einen sehr großen Teil der Umgebungsemission durch einen perfekt ausgelegten Filter durchzuziehen. Somit können wir einen Großteil des Feinstaubs direkt am Fahrzeug binden“, verdeutlicht Raschke. Weber stellt stolz klar: „Wenn sich der größte Logistikdienstleister, der größte Hersteller von Elektro-Nutzfahrzeugen in Deutschland und der führende Filtrationsexperte zusammentun, wird das emissionsneutrale Fahren möglich.“
Besser als Fahrverbote
Werner Spec, Oberbürgermeister von Ludwigsburg verdeutlicht, dass das von den Kooperationspartnern vorgestellte Projekt eine wirksamere und schlauere Maßnahme als ein Fahrverbot sei.
Weber erklärt zur Filtration, dass die jeweiligen Schadstoffe aussortiert und abgeschieden werden sollen, denn „die Menschen leiden unter Luftverschmutzung. Deshalb haben wir im Sommer das Projekt ‚Feinstaubfresser‘ gestartet. Das haben wir auch nach China und Indien übertragen, um durch gezielten Wissenstransfer schnell ein globales Ökosystem zu schaffen, von dem viele profitieren können.“
Mann + Hummel nehme die Herausforderung, das Feinstaubproblem zu lösen, an. „Durch unser Filtrations-Know how wird emissionsfreies Zustellen von Sendungen in Ballungsräumen möglich“, stellt der Vorsitzender der Geschäftsführung dar.
Deutsche Post DHL und StreetScooter
Der weltweit führende Logistiker Deutsche Post DHL Group hat jetzt 5 000 StreetScooter in der Brief- und Paketzustellung im Einsatz. Die Bilanz nach 13,5 Millionen gefahrenen Kilometern ist für den Konzern sehr erfreulich: Die Elektrofahrzeuge, die über 300 Brems- und Anfahrvorgänge täglich an über 300 Tagen im Jahr bewältigen müssen, bewähren sich im harten Post-Alltag.
Mehr noch: Sie verursachen 60 bis 80 Prozent weniger Kosten für Wartung und Verschleiß gegenüber vergleichbaren konventionellen Fahrzeugen. Zudem sparen die rund 3 700 StreetScooter des Typs Work und die etwa 1 300 Work L jährlich mehr als 16 000 Tonnen CO2 ein und leisten damit einen wichtigen Beitrag für mehr Klima- und auch Lärmschutz.
Bedarf nach Fahrzeugen vorhanden
Kampker erläutert, dass die Deutsche Post durch den Street-Scooter von einem Innovationsanwender zu einem Innovationstreiber geworden sei – also das erste lokal emissionsfreie Fahrzeug zu entwickeln. „Dennoch gibt es lokale Emissionen durch Bremsen- und Reifenabrieb und die Post will sich dieses Themas annehmen und einen Trend setzen – und zwar bevor es Gesetze in diese Richtung gibt.
Der Bedarf nach sollen Fahrzeugen ist vorhanden, werden wir doch auch von externer Seite angesprochen, dieses Fahrzeug in anderen Farben und für andere Anwendungen zu verkaufen. Beispielsweise an Städte, Immobiliengesellschaften oder Handwerker.“
Auch Oberbürgermeister Spec denkt schon heute an morgen: „Ich sehe vorher, dass die Städte Logistikunternehmen bei den Zufahrtsmöglichkeiten privilegieren werden, die mehr dafür tun, dass Logistik emissionsarm wird. Deshalb sind alle Logistikunternehmen gut beraten, wenn sie sich diesem Trend entsprechend stellen.“
Abscheidewirkung von 80 Prozent durch die Filterung
Denn drei Staubemissionen aus Bremsen-, Straßen- und Reifen-abrieb und weitere Quellen wie Aufwirbelung über die Fahrbahn sind zu großen Teilen für die Feinstaubproblematik verantwortlich. Dazu Raschke: „Wir filtern circa 2 500 Kubikmeter Luft bei einer Abscheidewirkung von circa 80 Prozent. Theoretisch können wir mehr, aber wenn wir den Abscheidegrad ad hoc erhöhen bringen wir überproportionale Leistungsaufnahme rein.
Für uns ist es wichtig, genau den besten Wirkungsgrad eines solchen Systems zu finden, damit wir in die Wechselwirkung mit dem Elektrofahrzeug gehen und das System so wenig wie möglich belasten.“ Man sei in der Lage, über die Kenndaten die Feinstaubneutralität zu erfüllen – im urbanen Umfeld und nicht auf einer sauberen Bergwiese. In Ballungsräumen hingegen sei sogar ein Überkompensieren möglich.
"Durch die Position des Filters unten im Heck des Fahrzeugs sind wir in der Lage, einen Großteil des Feinstaubs direkt am Fahrzeug binden", sagt Jan-Eric Raschke, Projektleiter Feinstaubfilter Mann + Hummel. - Bild: Mann + Hummel
Stromverbrauch und Reichweite
Doch inwieweit reduziert der Stromverbrauch die Reichweite? Dazu Raschke: „An Reichweite im urbanen Umfeld wird der Street-Scooter nichts verlieren, weil die Batteriekapazität so ausgelegt ist, dass der komplette Streckenverkehr der Post ausreichend abgedeckt ist.“
Zukünftig werde die Top-Abdeckung des StreetScooter mit Solarmodulen versehen, so dass der Strom aus regenerativen Energien selber am Fahrzeug erzeugt wird. Auch die Auswechslung des Filters bereite keine Probleme, da dies in einem regulären Service von ungefähr 20 000 Kilometern integriert sei.
Vorsorge habe man auch für den Wintereinsatz bei Salz und Schnee getroffen, denn „vor dem Feinstaubpartikelfilter haben wir einen sogenannten Vorabscheider installiert, der dafür gemacht ist. Die Effizienz dieses Systems werden wir gerade jetzt in der Winterphase noch erproben, um die ausreichende Funktionalität sicherzustellen“, beschreibt Raschke.
Angebracht am Heck und unter dem Fahrzeugboden kann der Feinstaubfilter am effektivsten arbeiten. - Bild: Mann + Hummel
Preis von circa 1000 Euro für saubere Luft
Die Kosten für den Filter liegen bei rund 1000 Euro, wie Weber erklärt: „Wir gehen davon aus, dass viele Firmen Interesse an diesen Produkten zeigen werden. Gerade das Thema innerstädtischer Nutzfahrzeuge – 20 bis 30 Prozent des innerstädtischen Verkehrs werden durch Lieferverkehr erzeugt – werde da künftig Bedarf haben.“
Zu dem Preis resümiert Kampker: „Es wird sehr viel Geld investiert, um den Antriebsstrang sauber zu bekommen. Wir halten es für gut investiertes Geld – außerdem kommt der Preis aufgrund der momentan noch relativ kleinen Stückzahl zustande. An bestimmten Stellen kostet es halt auch Geld, wenn man Vorreiter ist. Das Verhältnis, was ich aber sonst investiere, um Fahrzeuge sauberer zu bekommen, ist sehr effizient.“