Ein Gemba-Walk, bei dem Manager und Werker gemeinsam vor Ort in der Fertigung besprechen, wo es anzupacken gilt.

Ein Gemba-Walk, bei dem Manager und Werker gemeinsam vor Ort in der Fertigung besprechen, wo es anzupacken gilt. (Bild: KI)

Gemba, ein Begriff aus dem Japanischen, bedeutet wörtlich "der reale Ort" und bezieht sich auf den Ort, an dem der Wert geschaffen wird - in der Fertigung also die Werkstatt oder die Produktionslinie. Dieser Artikel beleuchtet die Rolle des Gemba im Kontext des Lean-Prinzips, dessen Funktionsweise, den Zusammenhang mit Lean-Management und die daraus resultierenden Vorteile für den Maschinenbau.

Was ist Gemba?

Gemba steht für den unmittelbaren Ort der Wertschöpfung. In der Praxis des Maschinenbaus ist dies der Ort, an dem Maschinen entworfen, montiert oder gewartet werden. Das Gemba-Konzept legt nahe, dass das tiefste Verständnis für die Arbeitsabläufe und potenzielle Verbesserungen durch direkte Beobachtung und Engagement am Ort des Geschehens erlangt wird.

Wie funktioniert Gemba?

Die Gemba-Philosophie fordert Manager und Entscheidungsträger auf, regelmäßig den Schreibtisch zu verlassen und sich direkt an den Ort des Geschehens zu begeben. Durch sogenannte Gemba-Walks erhalten sie Einblicke in die täglichen Abläufe, Herausforderungen und Erfolge ihres Teams. Diese Begehungen sind nicht als Inspektionsrunden zu verstehen, sondern vielmehr als Möglichkeit, mit den Mitarbeitern zu interagieren, Fragen zu stellen und zuzuhören.

Verbindung zum Lean-Prinzip

Gemba ist untrennbar mit den Grundlagen des Lean-Managements verbunden. Lean-Management zielt darauf ab, Verschwendung zu minimieren und den Wert für den Kunden zu maximieren. Durch direkte Beobachtung am Gemba können Führungskräfte Verschwendung identifizieren, Prozesse optimieren und somit die Effizienz steigern. Gemba fördert eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, die ein Kernaspekt des Lean-Managements ist.

Was ist der Gemba-Walk?

Der Begriff Gemba Walk bezieht sich auf die Praxis, bei der Führungskräfte und Manager regelmäßig den Arbeitsbereich (Gemba) besuchen, um die tatsächlichen Arbeitsprozesse zu beobachten, direkt mit den Mitarbeitern zu kommunizieren und sich ein authentisches Bild von den Abläufen und Herausforderungen vor Ort zu machen – sei es in der Produktion, im Lager oder an jedem anderen Ort, wo die Kernarbeit geleistet wird.

Zielsetzung des Gemba Walks:

  • Direkte Beobachtung: Im Gegensatz zu Berichten oder Meetings ermöglicht der Gemba Walk den Führungskräften, Prozesse in Echtzeit zu sehen. Dies hilft, die Situation ohne Filter oder Verzerrungen zu verstehen.
  • Kommunikation verbessern: Durch den direkten Dialog mit den Mitarbeitern können Führungskräfte besser verstehen, welche Herausforderungen und Probleme im Arbeitsalltag existieren. Es bietet auch eine Plattform, um Anerkennung auszudrücken und das Engagement der Mitarbeiter zu stärken.
  • Identifikation von Verschwendungen: Einer der Hauptgründe für den Gemba Walk ist die Identifizierung und Eliminierung von Verschwendungen (Muda) in Prozessen. Führungskräfte suchen nach Ineffizienzen, unnötigen Wartezeiten, Überproduktion und anderen Arten von Verschwendung.
  • Problemidentifizierung und -lösung: Neben der Identifikation von Verschwendung zielt der Gemba Walk darauf ab, Probleme an ihrer Wurzel zu erfassen und sofortige oder langfristige Lösungen zu entwickeln.
  • Förderung von Kaizen: Der Gemba Walk unterstützt die Kaizen-Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung, indem er den Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, Verbesserungsvorschläge direkt an das Management zu kommunizieren.

Durchführung eines Gemba Walks

  • Planung: Obwohl ein Teil der Stärke des Gemba Walks in der spontanen Beobachtung liegt, sollte er dennoch geplant werden, um sicherzustellen, dass alle relevanten Bereiche abgedeckt werden.
  • Respektvolles Verhalten: Der Gemba Walk ist kein Audit, sondern eine Gelegenheit zum Lernen und Zuhören. Es ist wichtig, Respekt gegenüber den Mitarbeitern zu zeigen und eine positive Haltung zu bewahren.
  • Aktives Zuhören: Führungskräfte sollten während des Gemba Walks aktiv zuhören, Fragen stellen und sich Notizen machen, anstatt sofortige Lösungen vorzuschlagen oder Kritik zu üben.
  • Nachverfolgung: Nach dem Gemba Walk sollten erkannte Probleme und die daraus resultierenden Maßnahmen dokumentiert und nachverfolgt werden, um sicherzustellen, dass Verbesserungen umgesetzt werden.

Ein effektiv durchgeführter Gemba Walk kann eine transformative Wirkung auf Organisationen haben, indem er die Kommunikation zwischen Management und Mitarbeitern verbessert, zur Identifikation und Lösung von Problemen beiträgt und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess fördert.

Was ist ein Gemba-Board?

Ein Gemba Board ist ein visuelles Management-Tool, das in der Nähe des Arbeitsplatzes (Gemba) angebracht wird, um Arbeitsprozesse, Fortschritte, Probleme und Verbesserungen in Echtzeit zu verfolgen und zu visualisieren. Es dient als zentrale Anlaufstelle für Teams, um sich schnell über den aktuellen Status von Arbeitsabläufen, Projekten oder Lean-Initiativen zu informieren. Gemba Boards sind ein Schlüsselelement des visuellen Managements und unterstützen die Philosophie des kontinuierlichen Lernens und Verbesserns durch direkte Sichtbarkeit und Kommunikation.

Wesentliche Elemente eines Gemba Boards:

  • Kennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs): Gemba Boards zeigen wichtige Leistungsindikatoren, die für den spezifischen Arbeitsbereich oder Prozess relevant sind. Diese Kennzahlen können Produktivität, Qualität, Lieferzeiten und andere messbare Größen umfassen.

  • Statusanzeigen: Mithilfe von einfachen visuellen Hilfsmitteln wie Ampelsystemen (rot, gelb, grün), Symbolen oder Fortschrittsbalken wird der Zustand von Prozessen oder Aufgaben schnell verständlich gemacht. So können Mitarbeiter und Führungskräfte auf einen Blick erkennen, welche Bereiche Aufmerksamkeit benötigen.

  • Aktionspläne und Problemlösungen: Das Board enthält Informationen zu aktuellen Herausforderungen, geplanten Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme und dem Zuständigen für jede Aufgabe. Es fördert die Zusammenarbeit im Team bei der Problemlösung und ermöglicht es, Verbesserungsmaßnahmen systematisch zu verfolgen.

  • Verbesserungsvorschläge: Ein Bereich für Ideen und Vorschläge von Mitarbeitern zur Verbesserung von Prozessen ist ebenfalls häufig Teil eines Gemba Boards. Dies unterstützt die Kaizen-Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung und betont die Bedeutung der Mitarbeiterbeteiligung.

  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Gemba Boards sind oft modular oder mit einfach zu aktualisierenden Elementen gestaltet, sodass sie schnell an veränderte Bedingungen oder Fokusgebiete angepasst werden können.

Das Gemba Board fördert Transparenz, Teamarbeit und proaktives Management. Es unterstützt die Idee, dass wichtige Informationen und die Steuerung von Verbesserungen am besten dort stattfinden, wo die Arbeit ausgeführt wird. Durch tägliche oder regelmäßige Stand-up-Meetings am Gemba Board können Teams ihre Aktivitäten koordinieren, Probleme schnell identifizieren und Lösungsansätze entwickeln, wodurch die Effizienz und Effektivität der Arbeitsprozesse gesteigert wird.

Wichtige Konzepte rund um Gemba

Es gibt viele wichtige Konzepte rund um das Thema Gemba, die in der Lean-Management-Philosophie verankert sind. Hier sind fünf solcher Begriffe, die eng mit Gemba verbunden sind:

  1. Kaizen (改善): Kaizen ist ein japanisches Wort, das "Veränderung zum Besseren" oder "kontinuierliche Verbesserung" bedeutet. Dieses Prinzip ist zentral für die Lean-Philosophie und betont die ständige, inkrementelle Verbesserung aller Aspekte eines Unternehmens. Kaizen beinhaltet die aktive Beteiligung aller Mitarbeiter, vom Management bis zur Basis, und fördert eine Kultur, in der Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsprozesse, der Produktqualität und der Arbeitsumgebung ermutigt und wertgeschätzt werden.

  2. 5S (Sortieren, Setzen in Ordnung, Sauberkeit, Standardisieren, Selbstdisziplin): 5S ist ein systematischer Ansatz zur Schaffung und Aufrechterhaltung eines organisierten, sauberen, effizienten und sicheren Arbeitsplatzes. Ursprünglich in Japan entwickelt, dient 5S dazu, Verschwendung zu reduzieren und die Produktivität durch eine besser organisierte Arbeitsumgebung zu steigern. Jeder der fünf Schritte (Seiri, Seiton, Seiso, Seiketsu, Shitsuke) hilft, den Arbeitsplatz zu optimieren und ein starkes Fundament für kontinuierliche Verbesserung zu schaffen.

  3. Muda (無駄, Verschwendung): Muda bezeichnet in der Lean-Philosophie alle Elemente einer Prozesskette, die keinen Wert aus Sicht des Kunden generieren und daher als Verschwendung betrachtet werden. Es gibt traditionell sieben Arten von Muda: Überproduktion, Wartezeiten, unnötiger Transport, unangemessene Prozesse, unnötige Bestände, unnötige Bewegungen und Fehler. Die Identifizierung und Eliminierung von Muda ist ein zentraler Aspekt von Verbesserungsaktivitäten im Gemba.

  4. Standardarbeit (Standard Work): Standardarbeit ist die aktuell beste, bekannte Methode, eine Aufgabe auszuführen. Sie definiert die effizienteste Sequenz von Aktivitäten, zugeteilte Zeiten und das benötigte Material, um eine Aufgabe mit konsistentem Ergebnis zu erfüllen. Standardarbeit ist ein lebendiges Dokument, das ständig überprüft und verbessert wird, besonders nach Beobachtungen aus dem Gemba, um Prozesse zu optimieren und Variabilität zu reduzieren.

  5. Jidoka (自働化, Automatisierung mit menschlichem Touch): Jidoka ist ein Prinzip, das es Maschinen ermöglicht, bei Erkennung eines Problems automatisch anzuhalten, um menschliche Eingriffe zu erfordern. Dies hilft, sofort auf Probleme aufmerksam zu machen und verhindert die Weitergabe von Fehlern an den nächsten Prozessschritt. Jidoka betont die Bedeutung der Qualitätskontrolle während des Produktionsprozesses und ermöglicht es den Arbeitern, sich auf mehrwertige Aufgaben zu konzentrieren, während Maschinen die Überwachung der Routinequalität übernehmen.

Diese Konzepte sind grundlegend für das Verständnis und die erfolgreiche Umsetzung der Lean-Philosophie und des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses in einem Unternehmen. Sie alle spielen eine Rolle bei der Schaffung und Aufrechterhaltung eines effizienten, produktiven und qualitätsorientierten Arbeitsumfeldes, das den Grundprinzipien des Gemba-Konzepts entspricht.

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