
Der neue Produktionsprozess mit der EHLA3D-Technologie ermöglicht es, komplexe Geometrien mit hochfesten Materialien effizient zu produzieren, zu beschichten oder zu reparieren. (Bild: Fraunhofer ILT)
Lasertechnologie ist in der Fertigungstechnik unverzichtbar, besonders im Bereich der Additiven Fertigung. Trends wie Digitalisierung, Automatisierung, Künstliche Intelligenz, Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft lassen sich durch den Einsatz von Lasern realisieren. Ein herausragendes Beispiel für Innovation und technologische Fortschritte stellt das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen, abgekürzt Ehla, sowie dessen Erweiterung für die Additive Fertigung, Ehla 3D, dar.
Makino und das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT nutzen Ehla und Ehla 3D nun, um die Grenzen der additiven Fertigung neu zu definieren. Mittels der Integration in eine fünfachsige CNC-Plattform bietet Ehla 3D jetzt die Möglichkeit, komplexe Geometrien mit hochfesten Materialien effizient zu produzieren, beschichten oder zu reparieren. Die Forschungskooperation verkürzt die Produktionszeiten und verlängert die Lebensdauer von Komponenten in kritischen Industrien. Außerdem legt sie gleichzeitig die Grundlagen für zukünftige Innovationen in der Kreislaufwirtschaft.
In einem kürzlich abgeschlossenen Projekt haben die beiden Akteure Ehla 3D auf eine modifizierte 5-Achs-CNC-Anlage übertragen. Auf Standardsystemen konnten mit dem Ehla-Verfahren nur rotationssymmetrische Bauteile beschichtet werden. Makino hat das Projektergebnis bereits in der Anlage AML 500 umgesetzt. Dieses Projekt illustriert exemplarisch, wie kooperative Zusammenarbeit zwischen industriellen Partnern und Forschungseinrichtungen innerhalb kürzester Zeit von der Idee zum marktfähigen Produkt führt.
Hochgeschwindigkeits-Beschichtung wird zu 3D-Druck-Verfahren
Vor etwa zehn Jahren entwickelten Dr. Thomas Schopphoven, Leiter der Abteilung Laserauftragschweißen am Fraunhofer ILT, und sein Team Ehla. Das Verfahren wird auch Highspeed Laser Material Deposition (HS-LMD), Dynamic Metal Deposition (DMD) oder Highspeed Directed Energy Deposition (HS-DED) genannt. Ehla hebt sich durch seine Prozessgeschwindigkeit von bis zu mehreren Hundert Metern pro Minute hervor; es ermöglicht den Auftrag von wenigen Mikrometern dünnen, besonders harten Schichten.
Ein wesentlicher Vorteil von Ehla ist seine Effizienz bei der Beschichtung und der geringe Wärmeintrag, der die Verarbeitung von schwer schweißbaren Materialpaarungen ermöglicht. Die Technologie ist für eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen einsetzbar; inzwischen sind weit mehr als 100 installierte Systeme im industriellen Einsatz.
Die Weiterentwicklung von Ehla zu Ehla 3D stellt einen entscheidenden technologischen Sprung dar: „Nachdem wir Ehlazu Ehla 3D weiterentwickelt hatten, wurde aus einer Technologie zum Auftragen dünner Schichten ein neues, attraktives Verfahren zur Additiven Fertigung“, erklärt Min-Uh Ko, Gruppenleiter für Additive Fertigung und Reparatur LMD am Fraunhofer ILT. Diese Innovation erweitert die zweidimensionale Anwendung von Ehla bei rotationssymmetrischen Komponenten auf dreidimensionale additive Fertigungsprozesse. Ehla 3D ermöglicht es, komplexe Bauteile mit Freiformoberflächen direkt und endkonturnah herzustellen.
Die spezifischen Vorteile von Ehla 3D im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren umfassen eine Reduktion der Wärmeeinflusszone um den Faktor 10 und die Fähigkeit, wesentlich dünnere und präzisere Schichten aufzutragen – typische Schichtstärken von zirka 50 bis 250 Mikrometern statt 1 bis 3 Millimetern. Dies führt zu einer verbesserten Oberflächenqualität sowie einer deutlich erweiterten Materialauswahl und optimierten Materialeigenschaften. Durch diese technischen Merkmale bietet Ehla 3D nicht nur eine höhere Präzision und Materialausnutzung, sondern auch eine deutlich gesteigerte Effizienz in der Produktion
EHLA3D in Aktion
Makino entwickelt in Kooperation mit Fraunhofer ILT fünfachsige CNC-Plattform
Nach der Weiterentwicklung des Verfahrens folgte der Transfer: Das Fraunhofer ILT ging auf Makino zu, mit der Idee die Technologie auf eine fünfachsige CNC-Plattform zu übertragen. Dafür musste allerdings eine Kinematik entwickelt werden, die eine schnelle und dynamische Bewegung des Bearbeitungskopfes für den Ehla-Prozess ermöglicht. Damit ließen sich vielfältige Geometrien flexibel umsetzen, Bauteile könnten mit einer ungeheuren Bandbreite an Materialien beschichtet werden.
Zunächst dachten die Projektpartner ausschließlich an Additive Fertigung, doch schon bald kam das Thema Reparaturen auf: „Reparaturen sind ausgesprochen spannend“, erläutert Projektleiter Ko. „Viele teure Komponenten müssen selbst bei leichten Defekten ausgetauscht werden. Da bietet eine flexible Anlage wie die von Makino mit einem Dreh- und Kipptisch tatsächlich gute Reparaturmöglichkeit, was Kosten für die Neuherstellung spart, Transporte und Lieferzeiten vermeidet, Standzeiten minimiert.“ Zusätzlich sei das Thema Reparatur die Grundvoraussetzung für eine zukünftige Kreislaufwirtschaft.
Makinos Aufgabe in dem Projekt beschränkte sich nicht nur auf die CNC-Hardware, sondern auch auf die Prozesssteuerung, denn die galt es komplett neu zu entwerfen. Die Herausforderung bestand darin, die Maschine technisch auf hohe Beschleunigungen hin anzupassen sowie die Prozesssteuerung und Maschinenkinematik dahingehend zu optimieren, die Interaktion zwischen Laserstrahl und Material exakt zu kontrollieren.
Das kann die neue Makino Maschine

Die von der Makino-Niederlassung in Singapur entwickelte Werkzeugmaschine erreicht eine effektive Vorschubgeschwindigkeit von bis zu 30 Metern pro Minute, was eine erhebliche Steigerung gegenüber herkömmlichen Systemen darstellt. Diese Geschwindigkeit ist besonders vorteilhaft bei der Bearbeitung großer und komplexer Bauteile, da sie die Produktionszeit deutlich verkürzt. Die technischen Verbesserungen führen zu einer konstant hohen Qualität der Endprodukte und einer verbesserten Wirtschaftlichkeit des Fertigungsprozesses, was besonders für hochwertige Bauteile in der Luft- und Raumfahrt sowie im Werkzeugbau von Bedeutung ist.
„Der Schritt in die additive Fertigung, speziell das High-Speed LMD, stellt eine strategische Erweiterung des Makino-Portfolios dar“, sagt Makinos Projektverantwortlicher Dr. Johannes Finger dazu. „Die gemeinsam entwickelte fünfachsige CNC-Maschine ermöglicht es nun, komplexe Geometrien in schwer schweißbaren Materialien wie hochfeste Stähle oder Hartmetall schnell und präzise herzustellen. Das ist einzigartig.“
Gemeinsame Optimierung steigert Effizienz und Präzision
Das ILT brachte seine umfangreiche Expertise im Bereich laserbasierter Fertigungsprozesse und die umfangreiche Infrastruktur und spezialisierten Laboreinrichtungen in das Projekt ein. Mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Prozess- und Komponentenentwicklung für LMD, hat das Institut entscheidend dazu beigetragen, die Prozessparameter für die Bearbeitung verschiedener Werkstoffe zu optimieren.

„Die Optimierung des Wärmeeintrags ist ein kritischer Aspekt des Ehla-3D-Verfahrens“, erläutert der ausgewiesene Materialexperte Min-Uh Ko. „Die Vorschubgeschwindigkeit und der Pulvergasstrahl spielen eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle der Wärme, die in das Material eingebracht wird. Durch Anpassung der Vorschubgeschwindigkeit und den Pulvermassenströmen kann die Wärmezufuhr präzise gesteuert werden, was zur Reduktion der Wärmebeeinflussungszone führt und eine gleichmäßige Beschichtungsqualität sicherstellt.“
Die hohe Aufbaurate ist laut Johannes Finger ein maßgeblicher Fortschritt. „Durch den Einsatz hoher Vorschubgeschwindigkeiten und einer optimierten Pulverzufuhr wird bei gleichbleibender, oder sogar höherer Präzision eine erheblich verbesserte Effizienz des Materialauftrags erreicht. Die Aufbaurate bei HS-LMD kann so signifikant gesteigert werden, was zu einer Erhöhung der Gesamteffizienz des Fertigungsprozesses führt.“
Auch half das ILT dabei, die neue Technologie zu dem industriellen Pilotkunden Toolcraft AG zu transferieren. Dies beinhaltete die Anpassung der Laserparameter, die Feinabstimmung der Pulverzufuhr und die Optimierung der Bewegungssteuerung der CNC-Maschine.
Industry Insights: Olaf Sauer (Fraunhofer IOSB) über die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie
Olaf Sauer ist stellvertretender Institutsleiter des Fraunhofer IOSB und dort verantwortlich für die Geschäftsentwicklung und für Marketing & Vertrieb im Geschäftsfeld Automatisierung. Im Podcast Industry Insights spricht er mit den Moderatorinnen Julia Dusold und Anja Ringel über die Zusammenarbeit von Forschung und Industrie und über Manufacturing-X.
Reparatur und Beschichtung von Hochleistungskomponenten wird möglich
Die Reparatur und Instandhaltung von hochwertigen Werkzeug- und Maschinenteilen, die im regulären Betrieb hohen Belastungen ausgesetzt sind, war eines der Projektziele. Das konnten die Partner mit der angepassten Ehla-3D-Technologie umsetzen.
Darüber hinaus wurde die Ehla-3D-Technologie erfolgreich zur Beschichtung von Verschleißteilen eingesetzt, was die Lebensdauer dieser Komponenten erheblich verbessert. Durch die Möglichkeit, verschleißfeste Schichten präzise und effizient aufzutragen, bietet Ehla 3D eine kostengünstige Lösung für die Verlängerung der Nutzungsdauer von Bauteilen in verschiedenen Branchen, einschließlich Bergbau und Schwerindustrie.
Die praktischen Anwendungen zeigen, dass die Ehla-3D-Technologie nicht nur ein theoretisches Konzept ist, sondern eine fortgeschrittene, robuste und industriell einsetzbare Technik, die erhebliche Vorteile in Bezug auf Kosten, Effizienz und Leistung bietet. Die Zusammenarbeit zwischen dem Industriekunden Makino und dem Fraunhofer ILT hat somit zu handfesten Verbesserungen in der Fertigungstechnologie geführt, die weit über die Laborumgebung hinausgehen.
Ein wesentlicher Aspekt zukünftiger Entwicklungen wird die Identifikation und Validierung neuer Anwendungsbereiche für das Ehla-3D-Verfahren sein. Durch die neugewonnene Flexibilität der verarbeitbaren Materialsysteme kann das erweiterte Ehla-Verfahren nun auf Anwendungsbereiche transferiert werden, die aufgrund der Limitationen des LMD-Prozesses üblicherweise nicht untersucht werden konnten. Dies betrifft insbesondere Applikationen mit Multimaterialsystemen und der Druck von feinen Strukturen.
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Quelle: Fraunhofer ILT