„Wir haben hier perfekte Voraussetzungen für die Wärmerückgewinnung und wo sie noch nicht perfekt waren, haben wir sie perfekt gemacht“, erklärt Olaf Naupert, verantwortlich für das Energiemanagement bei Thyssen-Krupp Presta. Zu den perfekten Voraussetzungen gehört bei dem Automobilzulieferer ein großer ganzjähriger Bedarf an Prozesswärme. Den gibt es allerdings erst seit 2009, als sich Naupert entschloss, die Waschmaschinen für die Reinigung der produzierten Metallteile sukzessive von elektrischer Beheizung auf Fernwärme umzustellen.
Im Schönebecker Werk fertigen mehr als 700 Mitarbeiter elektromechanische und hydraulische Lenkgetriebe für die Automobilindustrie. Die Einzelteile, wie etwa Ritzel, Steuerbuchsen, Drehschieber, Zahnstangen oder Kugelmuttern, werden im Werk gedreht, gefräst, geschliffen, gehärtet und gereinigt. Für die Fertigungsprozesse und die anschließende Montage sind große Mengen an Druckluft erforderlich. 400 bis 1200 l/s werden mit zwölf öleingespritzten GA-Schraubenkompressoren zwischen 30 bis 90 kW von Atlas Copco erzeugt; drei arbeiten mit variabler Drehzahl. Das Dutzend verteilt sich auf drei Stationen und speist die Druckluft in ein gemeinsames Netz. „Ich steuere die Anlage mit vier verschiedenen Druckbändern zwischen 5,7 und 6,3 bar“, so Naupert. „Normalerweise fahren wir mit 6,3 bar. Wenn das Werk im Energieverbrauch aber in eine Spitze läuft, kann ich den Druck vollautomatisiert reduzieren. Das ist eine der Maßnahmen, mit denen wir die Stromspitzen abfedern, denn ich muss ja im Prinzip meine höchste Monatsleistung bezahlen.“
Dass die Druckluft im Werk heute hocheffizient und sicher bereitgestellt wird, war jedoch kein Selbstläufer. „Im Oktober 2012 haben wir hier eine Fusion erlebt“, sagt Naupert. „Vorher gab es zwei Firmen auf dem Werksgelände.“ Zu diesem Zeitpunkt speisten zwölf Kompressoren in drei Netze, auf denen ungefähr der gleiche Betriebsdruck lag. Eine übergeordnete Steuerung war nicht vorhanden. Aus dieser Situation heraus sei das erste große Projekt mit Dr. Weigel Anlagenbau (WAB) entstanden, einem Vertragshändler von Atlas Copco. „Wir haben für die Netzvereinigung etwa 30.000 Euro ausgegeben, hauptsächlich für Rohrleitungen“, berichtet Naupert. „Durch den bedarfsgerechten Ausbau der Leitungen, die Installation einer übergeordneten Steuerung ES 16 und die Einflussnahme auf die Druckbänder sparen wir heute mehr als 460000 kWh oder 70.000 Euro pro Jahr.“
Dazu addieren sich seit Herbst 2014 die Einsparungen durch die Wärmerückgewinnung. Zurzeit sind im Werk sieben Waschmaschinen und eine große Hallenlüftung ans Fernwärme-Abwärme-Netz angeschlossen. „Unser Temperaturniveau in den Bädern beträgt 60 °C, und diese Temperatur kann ich auch mit Fernwärme erzeugen“, beschreibt Naupert die Voraussetzung für die Umstellung. „Die elektrische Heizspirale im Becken muss nur durch eine hydraulische ausgetauscht werden.“ Der Aufwand sei gering: In der Regel reichten 8000 Euro pro Maschine. „Pro Kilowattstunde erspart uns die Umrüstung von Elektro auf Fernwärme 6 Cent, die Wärmerückgewinnung im Schnitt weitere 2 bis 3,5 Cent.“
Dass die Waschmaschinen heute mit einem preiswerten Gemisch aus Fern- und Abwärme betrieben werden können, hat Olaf Naupert einem Impuls der Dr. Weigel Anlagenbau zu verdanken. Denn diese suchte im Herbst 2013 ein Thema für die Diplomarbeit des Studenten Mathias Bahrs, der heute als Projektingenieur die Integration der Wärmerückgewinnung begleitet. „Am 10. September 2014 haben wir an den ersten vier Kompressoren die Wärmerückgewinnung in Betrieb genommen“, berichtet Naupert. „Die Gesamtkosten dafür lagen ohne Eigenleistung bei 36.500 Euro, und am 20. Februar war der Stichtag für die Amortisation.“ „Hier hat alles gepasst“, sagt Mathias Bahrs. „Der kontinuierliche Bedarf war da, die Wärmemenge hat gestimmt. Und perfekterweise liegen Fernwärmeversorgung und Kompressoren direkt nebeneinander.“
Im ersten Projektabschnitt hat die WAB zwei GA-30-FF-Kompressoren sowie einen drehzahlgeregelten GA 30 VSD FF jeweils mit einer Energierückgewinnungseinheit ER-S1 von Atlas Copco ausgestattet. Ein vierter GA 55 liefert seine Abwärme über ein größeres ER-S2-Modul an die Heizungsanlage des Unternehmens. Den zweiten Projektabschnitt haben Naupert und Bahrs bis Dezember 2014 fertiggestellt. Zwei GA-90-FF-Kompressoren wurden mit einer integrierten Wärmerückgewinnung ausgerüstet und an den Heizungsrücklauf angeschlossen. Projektabschnitt 3 folgte im ersten Quartal 2015 – wiederum mit drei ER-S2-Einheiten, die die Abwärme aus drei GA 55 FF nutzbar machen.
Wie viel der benötigten Wärme in Zukunft über die Wärmerückgewinnung zur Verfügung gestellt wird, lässt sich laut Naupert nicht pauschal sagen. „Das ist in jedem Monat anders, denn diese Zahlen hängen von der Außentemperatur ab“, erklärt der Energiemanager. „Aber übers Jahr gesehen erzeugen wir jetzt 25 % der Wärme selbst.“