Groz-Beckert ist mit der gesamten Produktion in eine neue Halle gezogen. Für große Maschinen oder Module war bei der Verlagerung ein Autokran notwendig. Für die meisten Anlagen genügten Gabelstapler und Aufzüge.

Groz-Beckert ist mit der gesamten Produktion in eine neue Halle gezogen. Für große Maschinen oder Module war bei der Verlagerung ein Autokran notwendig. Für die meisten Anlagen genügten Gabelstapler und Aufzüge. (Bild: Groz-Beckert)

Traditionsunternehmen haben manchmal mit einem Nachteil zu kämpfen: Ihre Strukturen sind über viele Jahre gewachsen. So war es auch in der Produktion von Groz-Beckert im Stammwerk Albstadt. In den alten Gebäuden mussten die Abläufe und Materialflüsse immer wieder an die baulichen Gegebenheiten angepasst werden. Bis die Geschäftsleitung beschloss, noch einmal von vorne anzufangen, mit einer neuen Produktion. Denn in einem neuen Gebäude lassen sich die Abläufe und Materialflüsse von vorneherein optimal einrichten.

Dann ging es darum, die Fertigung zu verlagern – mit fast allen Prozessen, die zu einer Nadelfertigung dazugehören, vom ersten Bearbeitungsschritt des Rohlings bis hin zum Verpacken. Einzig die Fertigung der Rohlinge blieb an ihrem Ort. Die Aufgabe bestand darin, über 1000 Produktionsmaschinen mit ihren Versorgungsanlagen und Büroausstattungen zu demontieren, in das neue Gebäude zu transportieren und dort wieder aufzubauen.

Dafür beauftragte Groz-Beckert den Industriedienstleister Wisag als Generalunternehmer. In seinen drei Geschäftsbereichen Aviation Service, Facility Service und Industrie Service beschäftigt das Familienunternehmen heute mehr als 50.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Wisag Industrie Service entlastet ihre Kunden als Servicepartner in den Bereichen Gebäude- und Produktionstechnik, Industriemontage, Industriereinigung, Instandhaltung, Logistik, Produktionsunterstützung und Stromversorgung.

Das ist Groz-Beckert

Wer mit der Textilherstellung zu tun hat, kommt an Groz-Beckert nicht vorbei: Das 1852 gegründete Unternehmen ist weltweit führender Anbieter von industriellen Maschinennadeln. An der Spitze liegen die Albstädter auch bei Präzisionsteilen und Feinwerkzeugen sowie Systemen und Dienstleistungen zum Herstellen und Fügen von Stoffen.

Das geht weit über das Nähen hinaus – zum Verfahrensportfolio gehören auch das Stricken, Wirken, Weben, Filzen, Tuften und Kardieren. Produktionsstätten gibt es außer in Albstadt noch in 14 weiteren Ländern, geliefert wird in insgesamt 150 Länder weltweit.

Die Wisag arbeitete in der Bau- und Projektleitung eng mit der Pass Plus GmbH zusammen. Des Weiteren hat die Wisag bei der mechanischen und elektrischen Montage unterstützt. Der Namensbestandteil „Pass“ steht für „Projektmanagement – Automatisierungstechnik – Supply-Chain-Management – Service“ und beschreibt das Tätigkeitsfeld des Dienstleisters. Die zwei Kernbereiche sind Automatisierungstechnik und IIoT einerseits sowie Projektmanagement andererseits. Mit seiner Fokussierung bietet Pass Plus seinen Kunden einen End-to-end Prozess vom Engineering und der Projektplanung über die Bau- und Projektleitung bis hin zur Montage und Inbetriebnahme, geeint durch die ganzheitliche Betrachtungsweise des Supply-Chain-Management.

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Verlagerung fand bei laufender Produktion statt

Zum reinen Umzug kam eine weitere Herausforderung hinzu: Die Verlagerung sollte bei laufender Produktion stattfinden. Denn Groz-Beckert musste seine Kunden weiterhin beliefern, weshalb keine längeren Produktionsunterbrechungen möglich waren. Umso wichtiger war es, den Umzug sorgfältig zu planen, vorzubereiten und umzusetzen. „Wir haben im Sommer 2022, also anderthalb Jahre vor dem Umzug, mit der Detailplanung begonnen“, berichtet Mark Pfeffer, verantwortlich für das Großprojekt bei Groz-Beckert.

Am 4. Dezember 2023 wurde es dann ernst: Die Verlagerung der Produktion in das neue Gebäude begann. Bei den größeren Bereichen, beispielsweise den Rundstricknadeln, wurde Produktionslinie für Produktionslinie verlagert. Die Monteure begannen jeweils am Ende, beim Prozessschritt des Verpackens, und arbeiteten sich die Prozesskette nach vorne. Jede Linie wurde einzeln demontiert und wieder montiert. Die Baustelle musste jeweils sorgfältig gesichert werden – schließlich lief die Produktion nebenan weiter.

Bei den kleineren Produktbereichen gingen die Experten anders vor. Dort, wo die Produktion eher einer klassischen Werkstattfertigung ähnelt, wurde Werkstatt für Werkstatt umgezogen. „Es war äußerst wichtig, den Zeitplan einzuhalten, denn die Produktion musste nach den Verlagerungen unmittelbar weitergehen“, erklärt Ramona Groll, Pass-Plus-Geschäftsführerin und Projektleiterin bei diesem Vorhaben.

Gemeinsam haben sie die Verlagerung gemeistert (von links): Peter Eibl, Industrial Engineering bei Groz-Beckert, Florian Rosenberg, Niederlassungsbereichsleiter bei der Wisag Produktionsservice GmbH, Michael Gomeringer, Industrial Engineering bei Groz-Beckert, Ramona Groll, Geschäftsführerin der Pass Plus GmbH und Projektleiterin, Frank Bogenschütz, Industrial Engineering bei Groz-Beckert und Mark Pfeffer, verantwortlich für das Großprojekt bei Groz-Beckert und Abteilungsleiter Industrial Engineering.
Gemeinsam haben sie die Verlagerung gemeistert (von links): Peter Eibl, Industrial Engineering bei Groz-Beckert, Florian Rosenberg, Niederlassungsbereichsleiter bei der Wisag Produktionsservice GmbH, Michael Gomeringer, Industrial Engineering bei Groz-Beckert, Ramona Groll, Geschäftsführerin der Pass Plus GmbH und Projektleiterin, Frank Bogenschütz, Industrial Engineering bei Groz-Beckert und Mark Pfeffer, verantwortlich für das Großprojekt bei Groz-Beckert und Abteilungsleiter Industrial Engineering. (Bild: Groz-Beckert)

Bis zu acht Tonnen schwere Module mussten umziehen

Auch demontiert waren die Maschinen von sehr unterschiedlicher Größe. Kleinere Anlagen ließen sich mit Aufzug und Gabelstapler transportieren. Doch die größeren Maschinen und Module wogen bis zu acht Tonnen und maßen bis zu vier mal drei Meter. Hierfür stellte die Wisag dann den passenden Autokran bereit. Besonders herausfordernd war die Verlagerung einer komplizierten Anlage, für die auf jeder Linie 13 bis 15 Tage Umzugszeit eingeplant waren. „Eine Verzögerung bei dieser Maschine hätte sich auf das komplette Projekt ausgewirkt“, sagt Florian Rosenberg, Niederlassungsbereichsleiterleiter der Wisag Produktionsservice GmbH in Donaueschingen.

Die Monteure mussten zudem sehr auf den Schwerpunkt und die Aufhängung der Anlagen achtgeben. „Alle mussten genau darauf achten, dass die Maschinen nicht kippen. Dazu galt es, die Kipplastigkeit im Vorfeld genau zu eruieren“, berichtet Pfeffer. Nach Auskunft von Groll waren die Vorarbeiten dafür sehr sorgfältig erledigt: Für jede Anlage gab es genaue Transportanweisungen, und auch die richtigen Gestänge waren schon bereit.

Eine weitere Herausforderung waren die Ausbringpunkte – die alten Gebäude waren nicht so geplant, dass man die Maschinen leicht verlagern konnte. Im neuen Gebäude gab es nur einen Einbringpunkt – doch auch hier gab es Tücken: Die Abläufe mussten koordiniert werden.

„Insgesamt hatten wir acht Gabelstapler mit Tragfähigkeiten zwischen 1,5 und 12 Tonnen dauerhaft im Einsatz. Dazu waren ein 7,5-Tonnen und ein 40-Tonnen-Lastwagen im permanenten Pendelverkehr. Je nach Bedarf hatten wir auch Kraneinsätze, 23 Mal mit einem 80-Tonnen-Kran und ein Mal mit einem 200-Tonnen-Kran“, berichtet Rosenberg. Erschwerend kam hinzu, dass das neue Gebäude noch nicht völlig fertiggestellt war. „Manche Handwerker befanden sich noch auf dem Gelände“, ergänzt Pfeffer.

Im neuen Produktionsgebäude von Groz-Beckert sind die Abläufe deutlich verbessert.
Im neuen Produktionsgebäude von Groz-Beckert sind die Abläufe deutlich verbessert. (Bild: Groz-Beckert)

Montage-Teams immer in der richtigen Zusammensetzung

Auch das Team musste genau gesteuert werden. In Spitzenzeiten waren bis zu 25 Monteure – mechanisch und elektrisch – im Einsatz. „Wir mussten das Know-how halten“, erläutert Groll. Das heißt: Wenn ein Team die Eigenheiten einer Maschine kennt und weiß, wie man sie transportiert, war es wichtig, dass genau diese Monteure noch zwei Wochen später für die baugleiche Maschine wieder da waren. „Wir mussten die Arbeitsschritte immer wieder überwachen und immer wieder auf kleine Sachen hinweisen“, sagt die Projektmanagerin.

Denn trotz Termindruck stand eines unverrückbar fest: Keine Kompromisse bei der Arbeitssicherheit! „Das war auch ein Prozess, es den Mitarbeitern klarzumachen. Die Arbeitssicherheit musste immer wieder kommuniziert werden“, sagt Groll. Gerade kleine, scheinbar einfach zu transportierende Tischmaschinen drohten zu kippen und ließen sich nicht so einfach auf den Stapler laden.

Nach sechs Monaten stand dann fest: Der Umzug war erfolgreich. Darüber hinaus hatten die Beteiligten den Zeitplan exakt eingehalten – bei einem Projekt dieser Größe alles andere als selbstverständlich. Grundlage dafür waren sowohl die sorgfältige Planung und Vorbereitung von Groz-Beckert als auch die agile und konstruktive Zusammenarbeit mit der Wisag und Pass Plus.

Bearbeitet von Julia Dusold

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