3D-Drucker, 3D-Drucksoftware, CAD-Systeme, CAM-Systeme

Bevor der 3D-Drucker zum Einsatz kommt, muss der 3D-Datensatz eines Bauteils optimiert werden. Dafür gibt es spezielle Softwaresysteme für die additive Fertigung. -

Sie sind die Stars unter den Maschinen der Zukunft: Professionelle 3D-Drucker. Gerade schicken sie sich an, auch die Serienproduktion zu erobern. Gerne wird dabei übersehen, dass neben der Hardware auch die passende Software ein Schlüssel für den effizienten Einsatz dieser Maschinen ist.

Ausgangspunkt ist dabei immer ein 3D-Datensatz des Bauteils. Die Optimierung der Daten für den Drucker kann entweder in speziellen Features des CAD-Systems erfolgen oder auch nachgeschaltet mit entsprechenden speziellen Softwaresystemen für die additive Fertigung.

Funktionelle Bauteile mit weniger Materialeinsatz erzeugen

Ein Marktführer in Sachen 3D-Drucksoftware ist das Unternehmen Materialise mit seiner Softwareplattform Materialise Magics 3D Print Suite. „Die größten Vorteile der Additiven Fertigung sind funktionelle Bauteile, die sich mit weniger Materialeinsatz erzeugen lassen“, weiß Marcus Joppe, Geschäftsführer der deutschen Materialise Tochtergesellschaft. Das beginne bereits in der Design- und Konstruktionsphase.

Im ersten Schritt geht es darum, die Daten für den jeweiligen Druck aufzubereiten und die Orientierung des Bauteils im Bauraum festzulegen. Dann müssen abhängig von der Drucktechnologie beispielsweise Stützstrukturen erzeugt werden, um das Bauteil mit der Plattform zu verankern. Auch geht es darum, den Bauraum möglichst effizient auszunutzen, wenn mehrere Bauteile auf einmal gedruckt werden. Klassischerweise erfolgt die Simulation des Bauteils und die Topologieoptimierung im CAD-System. Die dabei erzeugten Bauteile sind in der Regel sehr zerklüftet und haben raue Oberflächen.

„Das hängt mit der Auflösung der Berechnung im Finite-Elemente-Programm zusammen. Diese Daten können daher nicht direkt für den 3D-Druck genutzt werden“, so Joppe. Dazu bietet das Softwarepaket 3-matic die Möglichkeit der automatischen Glättung der Oberflächen. Gleichzeitig werden einzelne Stege, Bereiche und Geometrien automatisch erkannt und für den Druck aufbereitet. Sind diese Vorbereitungen abgeschlossen, wird es sehr maschinenspezifisch: Schichtdaten und Verfahrwege müssen erzeugt werden und die Leistungsparameter für den Bauprozess definiert werden.

‚Buildprozessoren‘ als eine Art Druckertreiber

Diese Aufgabe übernehmen innerhalb der der Materialise Magics 3D Print Suite dabei die sogenannten ‚Buildprozessoren‘, welche vereinfacht als eine Art Druckertreiber zu verstehen sind. „Wir haben die Buildprozessoren für nahezu alle gängigen Metalldrucker sowie eine Vielzahl industrieller 3D-Drucksysteme im Kunststoffbereich gemeinsam mit den Anlagenherstellern entwickelt“, berichtet Joppe. Deren Funktionalität hängt davon ab, wie die Anlage arbeitet. So gibt es Buildprozessoren, die nur die Schichtdaten an die Anlage liefern. Der eigentliche Verfahrweg des Lasers oder der Düse wird dann von der Software der Anlage erzeugt.

„Wir haben mehr als fünfundzwanzig Jahre Erfahrung in der Additiven Fertigung und dadurch viel Know-how bei der Erzeugung der Verfahrwege. Deshalb setzen viele Anlagenhersteller auf unsere Expertise“, berichtet Joppe. Der Buildprozessor liefert dann die kompletten Verfahrwege, die die Anlage lediglich umsetzt.

Mit dem Einzug der 3D-Drucker in die Serienfertigung rückt die Prozesssicherheit der Verfahren in den Fokus. Grundvoraussetzung sind dabei vollständig kontrollierte Bauprozesse. Und genau hier liegt noch die größte Schwäche der AM-Anlagen: Die Ausschußquote ist relativ hoch. Auch dabei kommt dem Buildprozessor eine Schlüsselrolle zu: Er arbeitet bidirektional und kann auch Daten von der AM-Anlage übernehmen. Diese Daten stehen dann anderen Softwaresystemen innerhalb der Magics 3D Print Suite zur Analyse und Qualitätssicherung zur Verfügung.

Kontrolle und Monitoring des Bauprozesses unabhängig von der Maschine

Noch einen Schritt weiter geht Materialise mit dem neuesten Produkt der Materialise Magics 3D Print Suite, dem Softwaresystem ‚Inspector‘, das jüngst vorgestellt wurde. Dabei handelt es sich um ein Programm, das maschinenunabhängig die Kontrolle und das Monitoring des Bauprozesses ermöglichen soll.

Dabei werden zum Beispiel Kameradaten, die in vielen Anlagen während des Bauprozesses aufgenommen werden, nachträglich und künftig auch direkt automatisch analysiert. Defekte oder Pulverfehler lassen sich so erkennen. In Verbindung mit der vorbereitenden Datenaufbereitung wird zudem eine Vorhersage möglich, ob die Energieeinträge innerhalb des Bauteils korrekt sind.

Mit Streamics hat Materialise auch ein eigenes übergeordnetes MES-System speziell für Additive Manufacturing entwickelt, das sich auch an ERP-Systeme anschließen lässt. „Die gesamte Auftragsverfolgung, Kapazitätsplanung und Maschinenauslastung lässt sich damit verfolgen und steuern. Das ist insbesondere in stark reglementierten Prozessen im Bereich Automotive, Luftfahrt und Medizintechnik wichtig“, so Joppe.

Damit lasse sich auch nachträglich prüfen, ob der Baujob die geforderte Qualität erreicht hat. Die Zusammenführung aller Daten aus dem Bau- und Designprozess sei auch ein wichtiges Element im Sinne der mit Industrie 4.0 verbundenen Visionen.

Weitere Vorzüge additiver Verfahren

Karl Osti, Autodesk
»Mit den additiven Verfahren können wir die Potenziale eines CAD-Systems endlich voll ausschöpfen«, so Karl Osti, Industry Manager Manufacturing bei Autodesk. - (Bild: Autodesk)

Vom neuen ‚Freedom of Design‘ in der additiven Fertigung schwärmt auch Karl Osti, Industry Manager Manufacturing beim Wettbewerber Autodesk. „Bei den herkömmlichen subtraktiven Verfahren wie Drehen oder Fräsen waren wir beim Design eines Bauteils immer limitiert. Ein Beispiel sind Hinterschnitte im Formenbau, die damit nicht möglich waren.

Mit den additiven Verfahren können wir die Potenziale eines CAD-Systems endlich voll ausschöpfen“, so Karl Osti. Seiner Einschätzung nach findet hier gerade ein Paradigmenwechsel statt. Ziel von CAD-/CAM-Systemen sei es, die additive Fertigung genauso effizient zu gestalten, wie dies aus den klassischen Fräs- und Drehverfahren bekannt sei.

Auf diesem Weg seien die aktuellen Autodesk-Softwarelösungen für die additive Fertigung schon sehr weit. So wird mit der CAM-Lösung Netfabb der Herstellungsprozess so optimiert, dass Support-Strukturen reduziert werden oder komplett entfallen. Gleichzeitig wird die Effizienz der AM-Anlage gesteigert, indem mehrere Bauteile in einem Baujob zusammengefasst werden.

Parallel dazu arbeitet Autodesk an einem Verfahren, um Supportgeometrien automatisch zu entfernen. „Die Geometrie des additiv gefertigten Bauteils ist bekannt. Daher kann der Fräsprozess zumindest für die außenliegenden Support-Strukturen automatisiert werden. Dies gilt auch für die Nachbearbeitung des Bauteils zur Sicherstellung der Oberflächengüte sowie zur Einhaltung der Toleranzen“, erklärt Karl Osti.

Parallel dazu seien Gewährleistung von Prozessstabilität und -sicherheit wichtige Themen. So ist die addtive Fertigung von Metallbauteilen ein thermischer Prozess, der zur Verformung des Bauteils führt. Diesen Verzug will man bereits im Vorfeld der Fertigung wissen, um ihn zu kompensieren. Dabei wird ein entsprechend ‚deformiertes‘ Bauteil an den Drucker geschickt, bei dem der Wärmeverzug einberechnet ist.

Die Bedeutung des CAD-Systems

Neben den Vorteilen, die das AM-CAM-System Netfabb bietet, ist laut Karl Osti aber auch die CAD-Seite wichtig. Wesentlich sei dabei die biometrische Optimierung der Geometrie des Bauteils, die nach den Kriterien Stress, Strömung oder thermische Belastung erfolgen könne. Auch eine Kombination dieser Kriterien sei zur Formfindung des endgültigen Bauteils möglich. Autodesk habe mit Fusion 360 auch dazu bereits ein CAD-System, dass dieses ‚Design to Additive‘ unterstützt.

Osti berichtet, dass die endgültige Formfindung der optimalen und endgültigen Bauteilgeometrie häufig noch ein iterativer Prozess sei: Ein herkömmliches Bauteil werde durch verschiedene Programme zur Geometrieoptimierung nach den jeweils relevanten Kriterien ‚gejagt‘. Das so erzeugte Bauteil werde aber nie 1:1 an den Drucker geschickt, weil bestimmte Flächen eliminiert und Oberflächen anders interpretiert werden müssen. „Man versucht, aus den verschiedenen Designvorlagen zu lernen. Diese müssen dann von einem qualifizierten Mitarbeiter inspiziert und das endgültige Bauteil ausgewählt werden. Erst dann wird das Modell an den Drucker geschickt“, erklärt Osti.

Diesen Prozess zu automatisieren, sei technisch machbar, aber oft ungewollt, da andere Fragen, wie Designverantwortung und Wartbarkeit aufgeworfen würden. Für spannend hält er auch das Thema Materialien: „Es gibt sowohl auf der Design-, als auch auf der Produktionsseite eine schiere Flut unterschiedlicher Materialien. Sie alle haben unterschiedliche Prozessparameter, die auf den Druckprozess abgestimmt werden müssen. Auch dabei sind wir mit Netfabb schon sehr weit“, so Osti.

Sein Fazit: „Netfabb und Fusion360 sind ausgereifte Programme, die den Nutzer von AM-Anlagen äußerst effizient unterstützen. Aber beim Thema Design to Additive fängt die Welt gerade erst an, sich zu drehen“.

Das Wichtigste im Überblick

Freedom of Design
Bei den herkömmlichen subtraktiven Verfahren wie Drehen oder Fräsen war das Design eines Bauteils immer limitiert. Ein Beispiel sind Hinterschnitte im Formenbau, die damit nicht möglich waren. Mit den additiven Verfahren können die Potenziale eines CAD-Systems endlich voll ausgeschöpft werden.

Umfassendes CAM-System
Autodesk deckt mit der CAM-Softwarelösung Netfabb die Vorbereitung der Supportstrukturen, die Gewährleistung der optimalen Ausnutzung des Bauraums, die thermische Kompensation und die Nachbearbeitung ab. Viele andere Anbieter haben dagegen für jede Aufgabe eine eigene Softwarelösung.

Iterrativer Prozess
Das Bauteil wird durch verschiedene Programme zur Geometrieoptimierung ‚gejagt‘. Das so erzeugte Bauteil wird nie 1:1 an den Drucker geschickt, weil bestimmte Flächen eliminiert und Oberflächen anders interpretiert werden müssen.

Fülle an Materialien
Es gibt sowohl auf der Design-, als auch auf der Produktionsseite eine Flut unterschiedlicher Materialien. Sie alle haben unterschiedliche Prozessparameter, die auf den Druckprozess abgestimmt werden müssen. Auch dabei sind Lösungen wie Netfabb schon sehr weit. Aber beim Design to Additive fängt die Welt gerade erst an, sich zu drehen.

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