Mit Hilfe von digitaler Technik können Unternehmen massiv an den Energiekosten sparen.

Mit Hilfe von digitaler Technik können Unternehmen massiv an den Energiekosten sparen. - (Bild: Pixabay)

„Die Anwendungen sind nahezu beliebig“, sagt Friedrich Riempp. Mit Emsyst 4.0 hat der Unternehmer aus Oberboihingen bei Stuttgart 2013 ein Energiemanagementsystem entwickelt, das universal einsetzbar ist. Das Grundprinzip ist immer dasselbe: Alle Verbrauchs- und Erzeugerquellen, also Maschinen, Gebäude, technische Einrichtungen einerseits sowie Öl-, Gas-Brenner, externer Strombezug, Fernwärme, BHKW, PV-Anlage oder Batteriesystem andererseits kommunizieren untereinander und sind programmier- und steuerbar.

Im Gebäudemanagement etwa von Shopping Malls, Autohäusern und Verwaltungen ist Emsyst 4.0 schon lange im Einsatz und spart bis zu 40 Prozent Kosten ein, weshalb sich der Invest teils nach sechs bis acht Monaten amortisiert: Verschwendung wird vermieden, Lastspitzen gekappt und der Eigenverbrauch selbsterzeugten Stroms optimiert.

Bei Inductoheat, einem Marktführer für das Härten in Reichenbach/Fils, wurde das System erstmals in Anlagen verbaut. Qualitätsbestimmende Prozessparameter werden so dokumentiert und optimiert, was hilft, Probleme früher zu diagnostizieren und Folgekosten zu senken. Und: Obwohl es ein energieintensives Verfahren bleibt, spart es im Vergleich zu konventionellem Härten in Öfen bis zu 30 Prozent Energie ein, da nur die Funktionsflächen und nicht das gesamte Bauteil in seinen Materialeigenschaften verändert werden.

Emsyst 4.0 ermöglicht etwa, dass die Förderpumpen des Abkühlsystems für die benötigte Abschreckemulsion nur punktuell laufen, wenn Kühlen benötigt wird. Auch der Wirkungsgrad des Induktors, dem Werkzeug, das den hochfrequenten Wechselstrom ins Bauteil induziert, steigt, wenn er auf die Bauteilgeometrie abgestimmt ist.

Diesen Januar hat die Aptar Radolfzell GmbH einen Adsorber in Betrieb genommen, der mit BHKW-Abwärme die Reinräume des Pharmaunternehmens klimatisiert. Sollten die errechneten Zahlen in Bezug auf Laufzeit, Kosten und Ertrag des bestehenden BHKWs eintreten, so geht noch dieses Jahr ein zweites in Betrieb.

Hybidmaschinen im Einsatz

Beim Härten bis zu 20 Prozent Energie sparen dank eines Managementsystems: Inductoheat-Geschäftsführer Frank Andrä an einer Anlage.
Beim Härten bis zu 20 Prozent Energie sparen dank eines Managementsystems: Inductoheat-Geschäftsführer Frank Andrä an einer Anlage. - (Bild: Emsyst)

„Bezogen auf unsere Produktion sinkt der Verbrauch im Schnitt um vier Prozent pro Jahr,“ sagt Aptar-Energiemanager Arno Schmid. In Summe verbraucht das Unternehmen mit 750 Beschäftigten an zwei Standorten pro Jahr 17 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom, 2,8 Mio. kWh Gas und 0,6 Mio. kWh Diesel und Benzin.

Aktuell wurde ein erst vier Jahre alter Transformator in Radolfzell durch einen regelbaren ersetzt. Somit laufen die Maschinen durch Spannungsabsenkung im Schnitt bei 175 KW und nicht mehr bei 191. Die niederere Spannung senkt den Verbrauch ohne Komfortverlust um gut acht Prozent. Die Investition amortisiert sich binnen 18 Monaten, weshalb dieses Jahr auch im Zweigwerk ein solcher Transformator installiert wird.

Hydraulische Spritzgießmaschinen ersetzt Aptar durch Hybridmaschinen, die Abwärme in Strom umwandeln. Oder sie wurden auf vollelektrisch umgestellt, so dass sie bei Stillstand nahezu keinen Strom mehr verbrauchen. Beide Verfahren reduzieren den Bedarf um rund acht Prozent. Weil aber diese Anlagen in der Anschaffung sehr teuer sind, wird dieser Aspekt bei jedem Neukauf einzeln entschieden.

Sauter Feinmechanik, der in Metzingen innovative Werkzeugträgersysteme herstellt, ersetzt seit 2012 sukzessive seine 50 Maschinen durch neue Hybridanlagen, die beim Abbremsen von Fräsen oder Bohren deren Energie aufnehmen und rückeinspeisen. Das spart je Maschine zehn bis 20 Prozent Strom. Bislang gehören neun Anlagen dieser Generation an und jährlich kommen bis zu drei weitere hinzu.

Abwärmenutzung durch Nachbarunternehmen

Weil deren Motoren 200 Kilowatt leisten statt 150, bleibt der Stromverbrauch nummerisch gleich, allerdings sind die neuen Maschinen bei höheren Drehzahlen deutlich leistungsfähiger. Mit 350 Mitarbeitern entwickelt, produziert und vertreibt Sauter weltweit Kernkomponenten für Werkzeugmaschinen sowie das passende Tooling. Energie im Wert von gut 700.000 Euro verbraucht Sauter pro Jahr.

Ein Vorzeigebeispiel für Abwärme, die aktuell bundesweit erst zu zehn Prozent genutzt wird, ist der Automobilguss-Produzent Georg Fischer in Singen. Dessen Abwärme nutzt komplett das benachbarte Maggi-Werk. Die Energieagentur Kreis Konstanz hat 2017 ein Abwärme-Kataster erstellt, das kreisweit 143 Betriebe identifiziert hat, die mindestens 50 Megawattstunden (MWh) Abwärme pro Jahr produzieren. Nun wird geprüft, wo sich in Nachbarschaft dieser Betriebe Abnehmer finden, die diese Ab- als Nahwärme wirtschaftlich nutzen können.

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