Die moderne Stadt nutzt verschiedene Verkehrsträger wie Seilbahnen und Hochgeschwindigkeitstransportsysteme

Das Stuttgarter Logistik Modell des IFT zeigt Lösungsmöglichkeiten, um die Umweltbelastung insbesondere in den Städten zu reduzieren. Es geht um die Einbindung von urbanen Seilbahnen, von Hochgeschwindigkeitsfördersystemen zum Transport von Gütern oder die Elektromobilität. - (Bild: IFT, Universität Stuttgart)

Eines ist klar: Dem tagtäglichen Verkehrskollaps in den deutschen Innenstädten muss der Kampf angesagt werden – nicht nur aufgrund von Feinstaubalarm oder CO2-Problematik. Die Logistik – einer der Mitverursacher dieser Probleme durch E-Commerce und den Verkehr auf der letzten Meile – hat wiederum Lösungen parat.

So ist beispielsweise die Verkehrsproblematik in Stuttgart nicht nur durch den unrühmlichen Titel als ‚Stauhauptstadt‘, sondern auch durch Feinstaubalarm bekannt geworden. Um diese Problematik zu lösen, forscht das Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart laut Oberingenieur David Korte zu Möglichkeiten den Verkehr anders zu gestalten.

Eine weitere Besonderheit ist zudem die Stuttgarter Topografie. „Wir haben die bekannte Kessellage mit dem Neckartal, hier ist relativ viel Industrie angesiedelt. Entlang des gesamten Flusses im Raum Stuttgart befinden sich die Automobilindustrie, viele Unternehmen der Zulieferindustrie und die Innenstadt selber. Durch diese Topografie haben sich dann auch die Verkehrsachsen gebildet, das heißt wir sind relativ eingeschränkt, was den Verkehr betrifft und es bündelt sich viel über wenige Achsen", erklärt Korte.

Materialtransportsystem für hohe Geschwindigkeiten

Das Hochgeschwindigkeitsfördersystem Spike Cargo für Materialien fährt auf einem Schienensystem vergleichbar mit einer Achterbahn

Spike Cargo ist ein universelles Materialtransportsystem für hohe Lasten und beliebige Streckenführung. Durch den Einsatz der  Spike-Zahnradtechnik stellt es eine wirtschaftliche, technisch robuste und flexibel einsetzbare Alternative zum Linearantrieb dar. 100 % Traktion über die gesamte Strecke ermöglicht die Überwindung auch großer Steigungen ohne zusätzliche Hilfsmittel. Die Anlage ist sowohl für In- als auch Outdoor-Anwendungen geeignet und witterungsunabhängig zu betreiben. Die hohe Geschwindigkeit von über 15 m/s prädestiniert das System für die Automatisierung von Materialtransport- Aufgaben über längere Distanzen. - Bild: Spike

Neue Konzepte durch nachhaltige Logistik

Korte will den innerstädtischen Verkehr entlasten und die Logistik soll dazu einen Beitrag leisten. In einer Umfrage des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zum Thema Logistikansiedlungen heißt es, dass neun von zehn Kommunen die Logistik als systemrelevant einstufen. 70 Prozent der befragten Kommunalvertreter gaben an, dass die regionalen Wirtschaftskreisläufe zukünftig eine größere Bedeutung erhielten und 64 Prozent sagten, dass mehr Wertschöpfung künftig in den Kommunen stattfinden werde.

Der Oberingenieur verweist darauf, dass 40 Prozent der befragten Kommunalvertreter sagten, dass auch die Logistik einen großen Beitrag leisten und an Bedeutung gewinnen werde. „Demnach erkennen die Kommunen auch immer häufiger, ein größeres Augenmerk auf die Logistik richten zu müssen", erklärt Korte.

Für Stuttgart bietet sich laut Korte das Konzept des Hochgeschwindigkeitsfördersystems an. Man könne entlang des Neckars bauen, um die Produktion zu versorgen oder auch Personen zu transportieren.

Innovative urbane Logistik durch Smart Mobility

Dieses Konzept sei am Institut im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelt worden. „Es ist vergleichbar mit einer Achterbahn, hat aber den Vorteil, dass der Wagen auf diesem Hochgeschwindigkeitsfördersystem aktiv angetrieben ist. Demnach lassen sich beliebige Routen abfahren und die Wagen können in einer ersten Ausbaustufe auf 60 km/h beschleunigen. Das wäre eine Möglichkeit, den städtischen Verkehr zu entlasten. Das zentrale Element unseres Logistikmodells ist der sogenannte urbane Produktions- und Logistikhub", so der Oberingenieur.

Korte ist der Auffassung, dass man mehr machen kann in diesen Mikro-Depots, wie es sie schon gibt und wie sie ja immer propagiert werden. "Es soll mehr passieren als nur der klassische Warenumschlag. Wir hatten das in anderen Forschungsprojekten - insbesondere im Bereich der Automobilproduktion - gelernt und auch herausgearbeitet, dass die Logistik einen größeren Beitrag leisten kann als nur den Transport von A nach B", betont Korte.

Ein größerer Anteil an der Wertschöpfung könne auch durch die Logistik erbracht werden, vorausgesetzt natürlich, man habe entsprechend wandelbare Komponenten.

Cargo-Tram beliefert VW-Werk

In Dresden beliefert eine Cargo-Tram die gläserne Fabrik von VW.

Urbane Logistik mit der Cargo-Tram für die letzte Meile

In manchen Städten werde auch die Straßenbahn für den Materialtransport eingesetzt. "In Zürich beispielsweise im Bereich der Entsorgung oder in Dresden zur Versorgung des VW-Werkes der gläsernen Produktion."

Auch wenn VW in Zukunft vermutlich wieder zu LKW zurückgehen möchte, will der Dresdener Verkehrsbetrieb die Cargo-Tram weiterhin für andere Funktionen nutzen. "Aber letztlich gibt es die Möglichkeit, die Straßenbahn für den Transport zu nutzen. Wir im Institut hatten vor zehn Jahren eine ähnliche Studie für Stuttgart durchgeführt, in der es darum ging, Müll zu einem der Restmüllheizkraftwerke zu transportieren. Es scheiterte damals aber noch an der technischen Möglichkeit, weil die dafür notwendigen Waggons zu teuer waren", beschreibt Korte.

Entsorgung mit der Cargo-Tram

In Zürich kommt eine Tram für die Entsorgung zum Einsatz.

City-Logistik mit der Seilbahn

"Wir beschäftigen uns am Institut auch mit Seilen sowie Seilbahnen. Damit lassen sich nicht nur Skifahrer auf den Berg bringen, sondern auch Fahrzeuge in ein VW-Werk in Bratislava oder es können Materialien im städtischen Gebiet transportiert werden.

Der Einsatz von Seilbahnen ist in Südamerika fester Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs. Auf Stuttgart bezogen sieht Korte dank Seilbahnen die Möglichkeit, die vorgelagerten Bereiche mit den Wohnbereichen aber auch mit der Industrie zu verbinden. Derzeit prüft die Stadt Stuttgart eine urbane Seilbahn-Trasse, um beispielsweise Vaihingen mit Möhringen zu verbinden.

Seilbahn transportiert Fahrzeuge von VW

Im VW-Werk Bratislava transportiert eine Seilbahn Fahrzeuge.

"Die Besonderheit oder Herausforderung des Ganzen ist, dass wir diese Entwicklung und die technische Machbarkeit auch auf andere Städte und andere Anwendungsfälle übertragen möchten. Auch bei dem neuen Daimlerwerk, der Factory 56 würde es sich anbieten, den gesamten Zulieferpark mit dem Hochgeschwindigkeitsfördersystem an das Werk anzubinden. Zudem gäbe es noch den positiven Nebeneffekt, auch die S-Bahn und ein großes Parkhaus mit anbinden zu können", denkt Korte laut nach. Letztlich gehe es auch darum zu untersuchen, inwieweit die verschiedenen Verkehrsträger miteinander kombiniert genutzt werden können.

Fazit: Der effizienten urbanen Logistik in unseren Städten kommt eine immense Bedeutung zu, denn alleine durch Digitalisierung und alternative Antriebe lässt sich keine emissionsfreie Smart City erschaffen.

Die 'Factory 56' von Daimler

So sieht die Zukunft der Produktion im Daimler-Werk 'Factory 56' aus.

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