Der 3D-Druck führt zu grundlegenden Umwälzungen im Bereich der industriellen Produktion sowie dem dazugehörigen Ersatzteilwesen. Bei einer überregionalen oder weltweit verteilten Herstellung von Bauteilen muss aber immer sichergestellt werden, dass erstens nur autorisierte Personen Zugriff zu den relevanten Daten erhalten, zweitens nur die unveränderten Originaldaten für eine genau definierte Anzahl an Bauteilen zum Einsatz kommen dürfen und drittens der Missbrauch durch Raubkopien ausgeschlossen ist.
Diese Forderungen rücken Themen wie das Lizenzmanagement, den Urheberrechtsschutz und den Kopierschutz in den Fokus. Wobei sie im Zusammenhang mit dem 3D-Druck (additive Fertigung) von grundlegender Natur sind und nicht nur für extrem sicherheitskritische Aufträge gelten.
Knackpunkt Lizenz
Was muss also geschehen, damit es zum Beispiel gelingt, eine legale Kopie von einer Raubkopie unterscheiden zu können? Die 3D-Bauteile müssen dafür, so wie es in der IT auch bei Software üblich ist, lizenziert werden. Damit wird unter anderem das digitale Lizenzmanagement zu einem Kernthema für die wirtschaftliche Anwendung des 3D-Drucks.
Wissenswertes rund um die Blockchain
Blockchain kann mehr als Kryptowährungen. Was? Das erfahren Sie zum Beispiel in diesem Artikel: "Darum sollten Industrieunternehmen mit Blockchain beschäftigen"
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Für diese Problemstellung entwickelte die Prostep AG in Zusammenarbeit mit Konsortialpartnern die Secure Additive Manufacturing Plattform (SAMPL) auf Basis der Blockchain und der Datenaustauschlösung OpenDXM GlobalX. SAMPL ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördertes Projekt und hat das Ziel, eine durchgängige Sicherheitslösung für den 3D-Druck zu entwickeln.
„Unsere Schlüsselinnovation ist die Integration eines digitalen Lizenzmanagements auf Basis der Blockchain-Technologie in OpenDXM GlobalX“, erklärt Dr. Martin Holland, Geschäftsleitung Strategie & Business Development bei Prostep. „Wobei wir den kompletten Lebenszyklus abbilden. Das heißt, von den CAD-Daten, den abgesicherten Trusted-3D-Druckern über den Druckprozess, die Prozessdaten (Temperatur etc.) bis hin zur Dokumentation des Druckprozesses.“
"Da die Blockchain in einer Transaktion keine großen Datenmengen darstellen kann, mussten wir einen speziellen Weg gehen."
Dr. Martin Holland,
Geschäftsleiter Prostep
Hinzu kommt die eineindeutige Kennzeichnung der gedruckten Bauteile zum Beispiel per RFID oder anderer identifizierender Merkmale, um die Nachverfolgbarkeit der Bauteile zu ermöglichen und damit den Nachweis zu liefern, dass immer Originalteile verwendet werden. SAMPL ist für Auftraggeber und Auftragnehmer gleichermaßen attraktiv: Denn in der „Chain of Trust“ mit SAMPL können innerhalb eines Produktions- beziehungsweise Supply-Chain-Netzwerks alle Teilnehmer ihre Leistung transparent machen.
Blockchain schafft Vertrauen zwischen fremden Partnern
Die dezentrale Blockchain-Technologie (auch als Distributed Ledger Technologie bekannt) ersetzt dabei völlig automatisch übergeordnete Kontrollinstanzen, die heute als Vertrauensgarant fungieren. Zudem erweitert sie gleichzeitig die ebenfalls bereits heute verfügbaren Mechanismen für die Verschlüsselung von 3D-Daten und macht die Datenaustauschlösung noch sicherer. Auf diese Weise kann die Blockchain sogar zwischen Partnern Vertrauen schaffen, die sich noch nicht einmal aus einer bestehenden Kooperation kennen.
„Mit der Blockchain lassen sich viele Prozesse, die manuellen Aufwand erfordern, sehr leicht automatisieren und beglaubigen“, betont Moritz Stumpf, Head of Blockchain-Solutions bei der Kloepfel Digital Transformation GmbH. „Vor allem gestalten sich dadurch Beziehungen in und zwischen Unternehmen wesentlich flexibler. Veränderte Inhalte von Vertragsparteien können so leichter beglaubigt werden.“
"Mit der Blockchain lassen sich viele Prozesse, die manuellen Aufwand erfordern, sehr leicht automatisieren und beglaubigen."
Moritz Stumpf, Kloepfel Digital Transformation
Welchen Beitrag leistet dazu die Blockchain? Sie ist ein dezentrales Register, in dem Produktionsdaten, Messwerte, Verträge (Smart Contracts) oder sonstige Vereinbarungen irreversibel in einem Netzwerk von Knotenpunkten abgespeichert werden. Technisch gesehen bildet jeder Knoten einen Server ab, der mit allen Knoten verbunden ist. Wichtig ist dabei, dass jeder Knoten über eine Kopie aller Daten verfügt, die in der ganzen Blockchain abgespeichert sind.
So funktioniert das "Mining"
Wenn nun eine neue Information in die Blockchain eingegeben werden soll, kommt das Netzwerk mittels eines Algorithmus der Konsensfindung überein, ob diese Information als gültig anerkannt wird. Diesen Vorgang nennt man auch Mining. Das heißt, so genannte Miner verifizieren den Vorgang und tragen ihn in einen Block ein, der in der Folge als neuer Block an die Blockchain hinzugefügt wird. Eine Verifikation eines Vorgangs ist dann ausgeführt, wenn ihn über 50 Prozent der Miner bestätigt haben.
Das Ergebnis wird dann über alle Knoten des Netzwerks verteilt. Diese Tatsache macht die Blockchain nur schwer korrumpierbar, da man sonst alle Knoten gleichzeitig manipulieren müsste. Auch für den Fall, dass ein Knoten einmal ausfällt, springen die anderen Knoten ein und halten das Gesamtsystem zuverlässig am Laufen. Das macht das System hochverfügbar. Die Blockchain eignet sich insbesondere dafür, wenn es um Vertrauen oder eine absolute Nachvollziehbarkeit und Rückverfolgbarkeit von Produkten und Dienstleistungen geht.
Mit der Technologie kann man stets nachvollziehen, wer zum Beispiel ein Ersatzteil als erster in die Blockchain gespeichert hat, die Urheberschaft für sich beanspruchen darf und wie es in der Folge weiterverwendet darf oder wurde. Denn die Registratur der Blockchain überschreibt nie, sondern fügt immer nur neue Daten hinzu.
Hashcode für Druckdaten
„Da die Blockchain in einer Transaktion keine großen Datenmengen darstellen kann und es sich bei den Druckdaten um große Files handelt, mussten wir einen speziellen Weg gehen“, sagt Holland. „Die Prostep-Lösung OpenDXM GlobalX erweiterten wir um die Funktionalität, dass für die Druckdateien ein Hashcode erzeugt wird. Den Hashcode legen wir dann mit den Informationen des Rechteinhabers, der ID des Druckers, der Lizenzinformation und wer drucken darf gemeinsam in der Blockchain ab.
"Vermutlich erlebt die Produktionswirtschaft ein ähnliches Schicksal wie das der Energiewirtschaft."
Konstantin Graf,
Teammanager bei Altran
Durch den Hashcode kann auch die Unveränderbarkeit der Daten nachgewiesen werden.“ Zudem muss für den 3D-Drucker selbst ein Sicherheitselement, das den Reproduktionsvorgang automatisch schützt, eingebaut werden. Dafür ist ein abgeschlossenes und manipulationssicheres System erforderlich, da schon an dieser Stelle die Informationen gleich direkt aus dem 3D-Drucker gestohlen werden können.
Und noch eine weitere Sicherheitshürde muss genommen werden: Selbst wenn ein 3D-Druck-Original-Ersatzteil vorliegt, kann es noch vor Ort beim Einbau gegen ein Plagiat ausgetauscht werden. Daher braucht das gedruckte Ersatzteil eine fixe Signatur wie zum Beispiel eine Lasergravur oder am besten einen RFID-Chip, die nur durch Zerstörung korrumpierbar ist. Dazu werden alle erforderlichen Informationen als Lizenzschlüssel beziehungsweise Hashwert in der Blockchain vermerkt. So kann auch nach dem Einbau die Originalität nachgewiesen werden.
Blockchain-Mitarbeiter derzeit schwer zu finden
Für ein Praxisprojekt per Blockchain und 3D-Druck sollten mindestens zwei Experten im Team gut besetzt sein: „Der erste Mitarbeiter muss die Blockchain im Businesskontext und der zweite die technischen Anforderungen und aktuellen Möglichkeiten der verschiedenen Technologien verinnerlicht haben“, sagt Konstantin Graf, Teammanager World Class Center Advance Manufacturing bei der Innovations- und Technologieberatung Altran.
„Mitarbeiter mit diesen Skills sind derzeit am Markt sehr dünn gesät.“ Darüber hinaus fehlen noch vergleichbare Anwendungsbeispiele in der Praxis. Ein weiterer Stolperstein: „Das Projektteam sollte die einstweilen hohen Erwartungen der Stakeholder gut managen, denn kurzfristig werden keine hohen Umsätze zu erwarten sein“, stellt Graf heraus.
Neben einem harmonischen Projektteam müssen die Prozesse innerhalb und zwischen den Unternehmen klar strukturiert sein. Dies ist ebenso eine wichtige Voraussetzung für die Implementierung einer Blockchain. Von einer solchen Reorganisation könnten Unternehmen als Nebeneffekt gut profitieren. „Für die Kommerzialisierung wäre für uns eine Cloud-Lösung denkbar“, sagt Holland. „So wird das Modell für den Anwender bezahlbar gemacht, da er nur die auf ihn entfallenden Transaktionsgebühren entrichtet.“
Die Blockchain-Technologie ist derzeit noch mit einigen Tücken behaftet. Sie lässt sich weder so einfach wie eine Oracle-Datenbank installieren, noch löst sie jedes IT-Problem. „Des Weiteren stellen der Stromverbrauch und eine beschränkte Skalierbarkeit nach wie vor große Herausforderungen dar“, sagt Stumpf. „Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen und braucht weiterhin einige Zeit und Experimentierfreude, bis sie ihr Potenzial entfalten kann.“
Das könnte dann der Fall sein, wenn Unternehmen tendenziell die Dienstleistung einer Maschine verkauften und weniger die Maschine selbst. „Vermutlich erlebt die Produktionswirtschaft ein ähnliches Schicksal wie das der Energiewirtschaft“, orakelt Graf. „So könnten aus den größeren Herstellern viele dezentrale Anbieter in einem organisierten Produktionsnetzwerk entstehen, die im Sinne der Digitalisierung auf extrem flexiblen Lohnfertigern und 3D-Druckdienstleistern basieren. Und eines der wichtigsten Bausteine wäre die Blockchain.“
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Einen Überblick über die relevantesten Zukunftstechnologien und deren industrielle Einsatzmöglichkeiten hat unsere Redakteurin Julia Dusold in diesem Kompendium für Sie zusammengefasst: "Das sind die wichtigsten Zukunftstechnologien".