Noch sind sie nicht auf Platz 1, doch sie holen rasant auf. Von chinesischen Herstellern kommen immer häufiger Innovationen im Automobilbereich. Das zeigt eine Studie des Centers of Automotive Management (CAM) in Kooperation mit der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Beachten muss man dabei allerdings, dass durch Übernahmen mancher europäischer Autobauer nun unter indischer (Jaguar Land Rover) oder chinesischer Flagge (Volvo) segelt.

Chinesischer Erfolg ist keine Momentaufnahme

Für Felix Kuhnert, Global Automotive Leader bei PwC, ist das Abschneiden der chinesischen Hersteller mehr als eine Momentaufnahme: „Die Studie liefert klare Indizien, dass die chinesische Automobilindustrie in eine neue Phase ihrer Entwicklung eintritt. Jahrelang wurde hierzulande über eine gewisse Plagiatskultur der chinesischen Konkurrenz geklagt – in manchen Fällen sogar innerhalb von bestehenden Kooperationen und Joint Ventures. Nun allerdings fangen chinesische Konzerne an, westlichen Herstellern nicht mehr nur nachzueifern, sondern sie mit eigenen Innovationen offen herauszufordern." In dieser Strategie könne auch für die deutschen Anbieter eine viel größere Herausforderung liegen.

Insgesamt untersuchte die Studie die Innovationen von 35 Automobilkonzernen weltweit. Diese brachten 1.223 relevante fahrzeugtechnische Neuerungen hervor. Unter den gewerteten Innovationen befanden sich fast 150 Weltneuheiten, darunter zum Beispiel die signifikant gesteigerte Reichweite des rein elektrisch angetriebenen Tesla Model S 100D, der AI Staupilot im neuen Audi A8 oder die On-Street-Parking-Funktion in der 5er-Reihe von BMW.

Tesla punktet mit Autopilot

Knapp jede fünfte Innovation entfiel auf den Motorenbereich. Dabei stieg der Anteil der Neuerungen bei den alternativen Antrieben und lag damit etwas höher als bei den konventionellen Antrieben.

Viele Innovationen kamen zudem  aus dem Bereich der Sicherheits- und Fahrerassistenz-Systeme. Dazu zählten unter anderem Teslas sogenannter Autopilot und andere teilautonome Fahrassistenten wie Cadillacs Supercruise.

„An der Verteilung der Innovationen zeigt sich, dass die Grundbedürfnisse des Autofahrens wie Fahrleistungen oder Vielseitigkeit heutzutage weitestgehend befriedigt sind“, bilanziert CAM-Leiter Stefan Bratzel. „Stattdessen definiert sich der Kundennutzen immer stärker über den Komfort beziehungsweise Nutzungserlebnis und tendenziell auch wieder vermehrt über die Sicherheit.“

Autoindustrie steht vor einer neuen Gründerzeit

Beim Blick auf die einzelnen Hersteller fällt auf, dass viele Autobauer in einzelnen Bereichen sehr kreativ sind, in anderen dafür aber deutlich weniger. Bei den bereits in Serie verfügbaren Elektro-Innovationen beispielsweise haben Tesla und Renault ihre Stärken; dagegen überzeugen der VW-Konzern, Daimler und BMW bei den Plug-in-Hybriden, genauso übrigens wie bei den Serien-Anwendungen im Bereich des teilautonomen Fahrens.

Die chinesischen Hersteller wiederum ragen zwar in keiner untersuchten Kategorie heraus – holen aber fast überall spürbar auf. So schneiden die chinesischen OEMs Geely und BYD beispielsweise bei den Plug-In-Hybriden fast schon so gut wie die deutschen Hersteller ab.

„Was bei der Studie ins Auge fällt, ist, wie viele zum Teil erst wenige Jahre alte chinesische Anbieter es inzwischen gibt, die mit zahlreichen spezifischen Innovationen die globale Branche aufwirbeln“, so Felix Kuhnert.

Ein Beispiel hierfür ist NextEV, ein in Europa noch fast unbekannter Hersteller, der es im vergangenen Jahr auf fast 50 Innovationen brachte und der in Kürze unter der Marke Nio sein erstes Serienfahrzeug auf den Markt bringen will.

Neue Elektroautos kommen auf den Markt

Angesichts solcher Unternehmen fühlt sich Christoph Stürmer, Global Lead Analyst von PwC Autofacts, „fast an die Gründerzeit der westlichen Automobilbranche im frühen 20. Jahrhundert erinnert. Damals gab die Erfindung des Verbrennungsmotors den Startschuss für den Aufbau einer völlig neuen Industrie.“

Nach einer aktuellen Untersuchung von PwC Autofacts werden in den Jahren bis 2020 von den deutschen Herstellern 29 neue Elektro-Modelle erwartet – in China werden 33 neue Elektrofahrzeuge prognostiziert. 2017 wurden bereits 66 reine Elektrofahrzeuge in China produziert. Durch die Neueinführungen wird sich diese Zahl in den nächsten 18 Monaten auf 84 erhöhen.

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