1959 revolutionierte ein Fahrzeug die Autowelt. Es war kein Porsche mit besonders viel PS, kein komfortabler Daimler und auch kein amerikanischer Straßenkreuzer.
Die ersten in England hergestellten Minis kamen im Sommer 1959 auf den Markt. Der jahrzehntelange Erfolg des Mini war nicht abzusehen, als Entwickler Alec Issigonis seine ersten Skizzen des Wagens auf eine Serviette oder Tischdecke kritzelte. Dank kompakter Abmessungen, aber großem praktischen Nutzen, wurde der Ur-Mini zum Verkaufshit und Kult-Mobil.
Exakt 60 Jahre später soll der er erste in einer Großserie produzierte Mini mit rein elektrischem Antrieb auf die Straße kommen. Das auf der Basis des Mini 3-Türer konzipierte Elektroauto wird im Stammwerk Oxford vom Band laufen.
Sein Antriebsstrang entsteht an den Standorten Dingolfing und Landshut. Das sind die Kompetenzzentren für E-Mobilität innerhalb des Produktionsnetzwerks der BMW Group.
BMW Group plant Joint Venture für Mini-Produktion in China
Jetzt hat der Autobauer erklärt, den neuen batterie-elektrischen Mini auch lokal in China zu fertigen. Dazu habe die BMW Group mit dem chinesischen Hersteller Great Wall Motor eine nicht bindende Vereinbarung („Letter of Intent“) unterschrieben, heißt es in der Pressemitteilung.
Die Zusammenarbeit stehe noch ganz am Anfang, wie das Unternehmen mitteilte. In den nächsten Schritten werden BMW und Great Wall Details eines möglichen Joint-Venture- und Kooperationsvertrags vereinbaren. Wichtige Fragen, die es zu klären gilt: Wo genau soll der Produktionsstandort entstehen? Welche konkreten Investitionen werden getätigt?
Das BMW den Elektro-Mini auch in China fertigen wird, ist nur folgerichtig: Das Reich der Mitte ist der größte Automarkt der Welt – und vor allem auch der größte Markt für Elektroautos.
Der Abstand zum zweitgrößten E-Auto-Markt USA hat sich laut einer Studie des Center of Automotive Management (CAM) deutlich vergrößert. 2017 setzten die Autobauer in China rund 777.000 E-Autos ab, 652.000 Fahrzeuge waren Batterie-elektrische Modelle. Das ist eine Steigerung von 53 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Der Marktanteil der Stromer ist damit von 1,8 Prozent im Jahr 2016 auf 2,7 Prozent im Jahr 2017 gestiegen. In den USA verkauften die OEMs vergangenes Jahr 194.000 elektrifizierte Autos, wobei rund 104.000 davon Batterie-elektrische Modelle waren.
Jobs in Großbritannien nicht in Gefahr
BMW selbst begründet den Gang nach China so: „Die erfolgreiche Strategie beim Ausbau des globalen Produktionsnetzes gehorcht einer klaren Regel: Die Produktion folgt dem Markt.“
Der Münchner Autobauer betont in diesem Zusammenhang, dass die Expansion der Marke BMW in ihre größten Absatzmärkte wie China nicht zu einem Rückgang der Produktion in den deutschen Werken geführt habe.
Die Zahlen bestätigen diese Aussage. Von 2007 bis 2017 stieg die Produktion in den Deutschland-Standorten um knapp ein Viertel auf rund 1,15 Millionen Autos pro Jahr. Gleichzeitig fertigt BMW die Hälfte seiner Produkte in seinen Ausland-Werken.
Die britischen Mini-Werker müssen sich offensichtlich keine Sorgen um ihre Jobs machen, teilt doch BMW mit: „Eine vergleichbare Wachstumsstrategie könnte die Entwicklung der Marke Mini deutlich beschleunigen – ohne das Engagement der BMW Group in Großbritannien infrage zu stellen.“ In den vergangenen Jahren hat der Autobauer immer wieder große Summen in seine britischen Mini-Standorte gesteckt.
Ein neuer chinesischer Joint-Venture-Partner für BMW?
Für die China-Fertigung des Elektro-Mini will sich Bayern-Autobauer BMW mit der China-Marke Great Wall zusammentun. Klar, ohne chinesischen Partner ist für ausländische Automobilhersteller eine Produktion in China nicht möglich.
Die Bayern haben allerdings mit Brilliance Automotive schon einen lokalen Partner. Gemeinsam bilden sie das Joint Venture BMW Brilliance Automotive (BBA).
Neben zwei Autowerken betreibt BBA ein Motorenwerk inklusive Batteriefabrik für die lokal in Shenyang gefertigten elektrifizierten Fahrzeuge der Marke BMW, wie die Plug-In-Hybride X1 und 5er. Es ist die erste Batteriefabrik eines Premium-Herstellers in der Volksrepublik.
Im Rahmen der Pressemitteilung zur E-Mini-Produktion in China betonen die Bayern, dass seitens der BMW Group keine Pläne bestehen, eine zusätzliche Vertriebsorganisation in China zu etablieren.
„Das Unternehmen hat sich klar dazu bekannt, die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der etablierten Vertriebsstruktur fortzusetzen“, heißt es in der Erklärung.
Die Zusammenarbeit mit Brilliance wird ausdrücklich gelobt: „BBA ist in den vergangenen Jahren zu einem entscheidenden Eckpfeiler der Erfolgsgeschichte der Marke BMW in ihrem größten Markt geworden und dient damit als Vorbild für die Weiterentwicklung von Mini in China.“
Audi hat schlechte Erfahrungen gemacht
Doch warum diese Lobeshymnen? Warum die Betonung, dass die bestehende Vertriebsstruktur nicht angetastet wird? Die Vermutung liegt nahe, dass BMW aus den Fehlern von Audi lernen will. Im Januar 2017 brach der Audi-Absatz in der Volksrepublik krachend ein.
Als Begründung für diese dramatische Entwicklung führten die Ingolstädter einen neuen strategischen 10-Jahres-Plan an, den man mit dem chinesischen Partner FAW aufgesetzt habe. Vor diesem Hintergrund hätten die chinesischen Audi-Händler ihr Geschäftsvolumen zu Jahresbeginn zurückhaltend disponiert.
Brancheninsider berichteten allerdings, dass FAW nur so wenig Neuwagen bei Audi geordert habe, um Druck auf den deutschen Autobauer auszuüben. FAW wollte nicht, dass Audi mit dem chinesischen Konzern SAIC einen zweiten Vertriebspartner ins Boot holt. Sie fürchteten offensichtlich, dadurch selbst weniger Autos verkaufen zu können.
Wie für Audi, ist auch für BMW China immens wichtig. 2017 verkaufte die Marke BMW in China rund 560.000 Autos – mehr als in den beiden nächstgrößten Märkten USA und Deutschland zusammen. Für die Marke Mini war China 2017 der viertgrößte Markt mit rund 35.000 ausgelieferten Autos. „Das verdeutlicht das zusätzliche globale Potenzial der Marke“, heißt es in der Presseerklärung.