Citroen Ente

Kaum zu glauben: Ein Zweizylinder-Boxermotor mit weniger als 20 PS, vier Reifen so dünn wie Schreibmaschinenpapier und eine ab Werk mangelhafte Rostvorsorge reichten aus, den Citroën 2CV zu Frankreichs Auto des Jahrhunderts zu machen. Auch hierzulande hatte die Ente viele Fans, war sie doch der günstige Einstieg in die automobile Freiheit. - Bild. Pixabay

Den Führerschein machen und dann mit dem Auto der Eltern erste Spritztouren an den Baggersee. Sich den ersten Gebrauchten zusammensparen und irgendwann tatsächlich den Neuwagenduft des ersten eigenen fabrikneuen Autos genießen. Eine typische Autobesitzerkarriere. Zumindest war das mal so. Die junge Generation hat laut einer aktuellen Studie darauf keine Lust mehr. Lust ist in diesem Zusammenhang wortwörtlich zu verstehen.

„Ein großer Teil der Generation Z hat praktisch keine emotionale Bindung mehr zum Auto. Für sie ist das Auto kein Statusobjekt, sondern allenfalls ein Gebrauchsgut. Die Tendenz einer Entemotionalisierung des Pkw-Besitzes in der jungen Generation hat sich damit in den letzten Jahren signifikant beschleunigt“, beschreibt Studienleiter Prof. Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management, den Alptraum aller Autohändler, die sich bislang darauf verlassen konnten, dass ihre Kunden für die Emotionsmaschine Auto gerne tief in die Tasche griffen.

Woran das der Autoexperte festmacht? Ein wichtiges Indiz für den Stellenwert des Statusobjekts Automobil bei der jungen Generation sei dabei der Faktor „Verzichtsbereitschaft“, also der Wille sich für den Kauf eines Pkw bei anderen Konsumgütern einzuschränken.

Ein paar Zahlen: Für ein neues Auto würden immerhin 27 Prozent der Jüngeren am ehesten noch auf eine Urlaubsreise verzichten, 16 Prozent würden auf ihre Ersparnisse verzichten, 6 Prozent auf die Altersvorsorge und 4 Prozent auf eine größere Wohnung. Dagegen wollen 42 Prozent der Jüngeren für ein neues Auto auf keines dieser Dinge verzichten. In Städten steigt dieser Anteil sogar auf 52 Prozent.

Robo-Taxi statt Emotionsmaschine

Lamborghini Aventador
Beliebt nicht nur bei vermögenden Profifußballern und Autoquartett spielenden Grundschülern: Der Lamborghini Aventador, Inbegriff des hoch emotionalisierten Produkts Automobil. - (Bild: Pixabay)

Das eigene Auto mit einer teuren Musikanlage ausstaffieren, es auf glänzende Felgen stellen, in die Waschstraße damit und es dann stundenlang auf Hochglanz polieren, um damit anschließend vor der Eisdiele zu poussieren – das gibt es zwar immer noch, allerdings kann die Generation Z diesem automobilen Balzverhalten offensichtlich nicht mehr viel abgewinnen.

Die Jüngeren scheinen in Sachen Mobilität, eher eine Sachbearbeiter-Mentalität an den Tag zu legen. So waren den Befragten bei der täglichen Mobilität hohe Flexibilität, niedrige Kosten, sicheres Ankommen und Zeitersparnis besonders wichtig. Klingt nicht gerade nach automobilen Wettrüsten auf dem Schülerparkplatz. Das ist „out“.

„In“ scheinen hingegen neue Mobilitätskonzepte. So haben mehr als ein Drittel der Jüngeren bereits Carsharing genutzt. Über alle Altersgruppen waren es hingegen nur 15 Prozent. „Auch die Nutzungsbereitschaft für zukünftige App-basierte On-Demand-Mobilitätsdienste ist bei Jüngeren weit höher als im Bundesdurchschnitt“, sagt Bratzel.

Auch den autonom fahrenden Robo-Taxis, stehe die junge Generation weitaus offener gegenüber als ihre Vorgängergenerationen. Bratzel: „Die Aussicht auf eine umfassende Mobilitäts-Flatrate innerhalb Deutschlands, die sowohl den öffentlichen Verkehr, Carsharing als auch zukünftige Robo-Taxis umfasst, würde insbesondere Jüngere und Stadtbewohner dazu veranlassen auf den privaten Pkw zu verzichten.“ Rund 50 Prozent der unter 25 Jährigen und sogar über 60 Prozent der jüngeren Stadtbewohner glauben unter diesen Umständen, dass sie keinen privaten Pkw mehr benötigen werden.

Klingt ganz so als dürften sich die Anbieter alternativer Mobilitätskonzepte schon die Hände reiben in Erwartung des ganz großen Geschäfts. Doch ganz so leicht wird es nicht.

Neue Mobilitätskonzepte setzen sich nicht automatisch durch

Google Auto
Eignet sich nur bedingt zum Posen auf dem Disco-Parkplatz: Das Google Auto. - (Bild: Michael Shick/Wikipedia)

Autoexperte Bratzel sagt: „Neue Mobilitätskonzepte und ein umweltverträgliches Mobilitätsverhalten werden sich nicht automatisch durchsetzen.“ Wichtige Einflussfaktoren für einen Wandel des Mobilitätsverhaltens seien neben den Technologiedynamiken in den Zukunftsfeldern E-Mobilität, autonomes Fahren und Digitalisierung vor allem die Qualität politischer Steuerung und Regulation.

„So steigt die Akzeptanz von neuen, integrierten Mobilitätsdienstleistungen nur dann dynamisch an, wenn ein starker politisch-regulativer Steuerungswille vorherrscht“, sagt der Autoexperte. So müssten einerseits Strategien zur Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs entwickelt und gegen politische Widerstände und Beharrungskräfte umgesetzt werden. Darüber hinaus müsse die Politik auch Anreize zur Förderung neuer Mobilitätskonzepte erarbeiten.

Hoch verdichtete urbane Regionen mit hohem Problemdruck und einer guten ÖPNV-Versorgung seien dabei die Keimzellen für die neuen Mobilitätskonzepte. „Gerade auch weil in diesen Städten eine junge Generation lebt, für die der Besitz von Automobilen keine wichtige Rolle mehr spielt“, erläutert Studienleiter Bratzel.

Nun ja, Neuwagenduft kann ja auch in einem App-basierten-On-Demand-Ridesharing-Robo-Taxi ganz schön sein. Und zur Eisdiele kommt man damit sicher auch.

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