Es herrscht derzeit ein Hype um die Blockchain. Vor allem in der Logistik soll sie viel Potenzial haben.

Es herrscht derzeit ein Hype um die Blockchain. Vor allem in der Logistik soll sie viel Potenzial haben. (Bild: Adobe Stock/denisismagilov)

„Unter Blockchain versteht man eine organisatorisch und technisch dezentralisierte Plattform. Wesentlich zu wissen ist ‚organisatorisch‘ und ‚dezentralisiert‘ “, formuliert Fritz Henglein, Department of Computer Science, University of Copenhagen, die neueste Definition der Datenbank-Technologie, die aktuell in aller Munde ist. Doch warum ist das so?

Smart Contracts via Internet für alle Unternehmen

Dazu folgendes Szenario: Viele Akteure sind in einem Geschäftsprozess involviert, die sich aber nicht gegenseitig trauen und sich nicht dem aussetzen wollen, dass einer von diesen Akteuren ein privilegierter Partner ist. Also ein Facebook oder Google, die alles wissen und alle anderen Akteure wissen weniger.

Aus diesem Dilemma soll die Blockchain die zahlreichen Akteure befreien, denn „dezentralisiert bedeutet nicht nur viele Knoten, sondern auch viele gleichberechtigte, unabhängige Partner, die sich auf einer gemeinsamen Plattform – in einer Demokratie – miteinander engagieren“, beschreibt Henglein. Eine Blockchain sei also mehr als ein Pier-to-Pier-System mit vielen Knoten, die miteinander sprechen. Laut Heng­lein ließe sich eine Welt darstellen, in der Daten und Fakten aufgezeichnet würden, und später könne dies niemand verleugnen.

Wissenswertes rund um die Blockchain

Blockchain kann mehr als Kryptowährungen. Was? Das erfahren Sie zum Beispiel in diesem Artikel: "Darum sollten Industrieunternehmen mit Blockchain beschäftigen"

Weitere informative Beiträge zum Thema finden Sie in unserem Fokusthema Blockchain.

Kryptowährungen wie Bitcoin in der Wirtschaft

„So ist Digitales Ressource Management möglich und bedeutet, dass man nicht nur Daten, sondern auch eigentliche Ressourcen, Geld, Eigentum, Fahrzeuge, Produkte und Services digital einspeichern kann und sich sicher sein kann, dass diese eben nicht dupliziert werden können“, ergänzt Henglein.

Supply Chain Management in der Logistikbranche

Wie eine Supply Blockchain in der Praxis aussehen kann, beschreibt Florian Seffert von Imperial Logistics aus München: „Wir haben uns mit Daimler, Microsoft, BASF und der Allianz zusammengeschlossen und einen Transport für die BASF durchgeführt, bei dem Chemikalien zu einem BASF-Kunden geschickt worden sind.“ Die Besonderheit sei gewesen, eine bestimmte Temperatur dieser Chemikalie durch Bedampfen einzuhalten, sonst wäre diese verhärtet und unbrauchbar. Es habe auch ein bestimmtes Zeitfenster für Abholung und Anlieferung der Chemikalie eingehalten werden müssen.

Nicht wenige sehen das Ende der Zettelwirtschaft dank Blockchain gekommen – vor allem in Logistikprozessen. Die bereits weit fortgeschrittene Digitalisierung bildet dafür die Basis.
Nicht wenige sehen das Ende der Zettelwirtschaft dank Blockchain gekommen – vor allem in Logistikprozessen. Die bereits weit fortgeschrittene Digitalisierung bildet dafür die Basis. - (Bild: Adobe Stock - Connect world)

Blockchain-Lösungen spielen auch LKW-Fahrern in die Karten

„Die Ausführung dieses Prozesses und die Abrechnungsthematiken wurden komplett von einem dezentralen System gesteuert. Es war kein Mensch mehr involviert, der sich um die Abrechnungsthematiken gekümmert hat, um die Dokumentation oder die Temperaturüberwachung. Die Temperaturüberwachung haben wir redun­dant geschaltet, damit diese Daten auch entsprechend sicher an unser System geliefert wurden. Somit war die Ausführung dieses Transports komplett dezentral“, erläutert Seffert und beschreibt, was künftig dank Blockchain-Technologie in den Unternehmen möglich sei:

Transparenter Anwendungsfall aus der Transportlogistik

„Durch die Dezentralisierung können sich bestimmte Assets – zum Beispiel  ein Lkw – selbst verwalten: Ein autonomer Truck könnte also eine Tour fahren. Diesen muss ich nicht einmal selber besitzen, sondern ich kann ihn über eine Plattform mieten, der Truck weiß dann, wann er wohin fahren muss und was geladen werden muss. Er kann auch alles abgleichen, hat eine Wallet und kann sich selbstständig abrechnen und selbstständig elektrisch betanken.“ Letzlich könne der Truck sämtliche Aktionen in der Supply Chain ausführen.

Thema Blockchain als zentrale Instanz im Internet

Welche Rolle das IOT wiederum bei der Blockchain spielt, weiß Dirk Slama von der Bosch Software Innovations GmbH aus Berlin: „Ein Start-up hat ein ‚sensor seal‘ entwickelt, das mir erlaubt, festzustellen, wann ein Paket geöffnet wurde. Diese Information kann dann in die Blockchain geschrieben werden. Aus Logistik-Perspektive ist es hochrelevant, festzustellen, wann genau der Punkt erreicht ist, wo die Ownership übertragen wird.“ Es komme also lediglich darauf an, diesen kritischen Punkt im Logistiknetzwerk so zu loggen, dass es hilfreich ist.

Blockchain: Warum ausgerechnet in der Logistik?

Die Logistik wurde bereits vor langer Zeit als besonders gut geeigneter Bereich für den Einsatz einer Blockchain genannt. Denn wenn Waren verschifft werden, gibt es eine Menge Stellen, die auf dem Laufenden bleiben müssen: die Lieferanten, die Empfänger, die Transporteure, die Behörden und möglicherweise auch noch die Finanzierer. Wichtig ist dabei, dass alle denselben Informationsstand haben und dass die Daten überall identisch verfügbar sind. Genau das ist die Stärke der Blockchain. Sie funktioniert als große, dezentrale Buchhaltung, bei der alle Teilnehmer auf identische Informationen zugreifen, ohne dass es zu Fälschungen und Irrtümern kommen kann, weil die verteilten Software-Pakete sich eigenständig immer wieder abstimmen.

Doch es gibt natürlich auch Nachteile. Denn durch das redundante Speichern von Transaktionen in miteinander verketteten Blöcken und die dezentrale Verteilung der Daten steigt die Anzahl der gespeicherten Daten – und damit der Bedarf an Speicherkapazitäten und entsprechender Energie.

Innovation durch Smart Contracts in der Logistik

Doch durch einen immer höheren Individualisierungsgrad, zunehmenden Wettbewerb und mehr Komplexität der Supply Chains  nehmen auch die Notwendigkeit von Kooperationen zu, wie Frank Bolten von der Chainstep GmbH aus Hamburg betont. Zudem sei die Digitalisierung überall präsent. Auch die Relevanz von Daten und deren Austausch spiele eine große Rolle. „Das ruft natürlich danach, Automatisierungen beispielsweise über Plattformen einzubeziehen. Doch wie kann ich die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, ohne eben in Abhängigkeit einer Plattformökonomie zu kommen? Plattformen könnten im negativen Fall als Gatekeeper das Geschäft mehr oder weniger beherrschen, indem sie sich zwischen Angebot und Nachfrage schieben – zum Beispiel durch Transaktionsgebühren“, erklärt Bolten.

Digitale Plattform für Transaktionen in der Branche

Deshalb habe er mit zwei weiteren Firmen die ‚Initiative Cobility‘ gegründet. „Wir möchten das dezentrale Netzwerk für die Transportlogistik bauen. Cobility ist die dezentrale Plattform für die Transportlogistik und mittels Blockchain-Technologie sind sowohl die Daten als auch die Governance dezentral organisiert“, gibt Bolten zu verstehen.

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Die Technik entwickelt sich so schnell weiter wie noch nie. Neue Technologien halten ständig Einzug in unserem Leben. Natürlich heißt das nicht, dass alte Technologien verschwinden werden, aber die Relevanz wird sich verschieben. Welche Technologien und Konzepte wichtiger werden, was der aktuelle Stand ist und worin Chancen für die Industrie liegen, lesen Sie in unserer Rubrik "Zukunftstechnologien" - hier entlang!

 

Einen Überblick über die relevantesten Zukunftstechnologien und deren industrielle Einsatzmöglichkeiten hat unsere Redakteurin Julia Dusold in diesem Kompendium für Sie zusammengefasst: "Das sind die wichtigsten Zukunftstechnologien".

 

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