Mercedes Benz Werk Bremen von oben fotografiert

Mercedes Benz Werk Bremen: Die Fertigung von C-Klasse Limousine, T-Modell und GLC auf einer Linie wird durch ein ausgeklügeltes System zum Erfolg. - (Bild: Mercedes Benz)

1. Worauf begründet sich die Teilnahme am Wettbewerb 'Fabrik des Jahres'?

Der Wettbewerb ist in der Industrie eine feste Größe und ist hochangesehen. Für uns war nun der richtige Zeitpunkt für eine Bewerbung gekommen: Das Werk Bremen hat im Jahr 2014 in seiner Rolle als Leadwerk für die Mercedes-Benz C-Klasse den Anlauf dieses Modells auf vier Kontinenten erfolgreich gestaltet.

Darüber hinaus haben wir im Mai 2015 gemeinsam mit dem Betriebsrat unser Zukunftsbild vereinbart. Wir erhöhen damit die Produktion und gewinnen gleichzeitig an Flexibilität und Effizienz. Außerdem investieren wir 750 Millionen Euro in die Modernisierung des Werks. Besonders die Aspekte Industrie 4.0 werden durch die komplette Vernetzung aller Werksprozesse, digitale Planung, Prozessverbesserungen durch Big-Data-Ansätze und Mensch-Roboter-Kooperationen im Werk umgesetzt.

Damit erhält das Werk Bremen neben hochflexiblen Arbeitszeitmodellen und Typenflexibilität weitere Impulse, um am Standort hochwirtschaftlich zu fertigen.

2. Welcher Herausforderung hat sich das Werk in der Kategorie gestellt, in der es gewonnen hat?

Das Werk Bremen produziert innerhalb von Mercedes-Benz Cars mit acht verschiedenen Modellen eine sehr hohe Variantenvielfalt an einem Standort. In den vergangenen Jahren wurde die Produktion konsequent darauf ausgelegt, möglichst viele Varianten auf der gleichen Linie laufen zu lassen. So werden C-Klasse Limousine, T-Modell und der GLC auf einer Fertigungslinie produziert.

Die Roadster SL und SLK sind vor Kurzem ebenfalls auf einer Linie zusammengeführt worden. Das C-Klasse Coupé läuft gemeinsam mit E-Klasse Cabrio und Coupé vom Band. Diese Komplexität gilt es zu steuern und zu beherrschen. Beim Anlauf der C-Klasse hat das Werk Bremen den weltweiten Anlauf auf vier Kontinenten innerhalb von sechs Monaten gesteuert. Eine große Herausforderung, die erfolgreich gemeistert wurde. In Bremen hat dieser Anlauf im regulären Drei-Schicht-Betrieb stattgefunden – ebenfalls eine besondere Leistung.

3. Wodurch konnte eine Verbesserung bei den Energiekosten, der Liefertreue und dem Fertigproduktumschlag erreicht werden?

Bei den Energiekosten wurden verschiedene Maßnahmen zur Optimierung umgesetzt. Hervorzuheben sind die Einführung einer Wärmerückgewinnung, eine Verbesserung der Drucklufterzeugung (u. a. Modernisierung der Steuerungstechnik), eine bedarfsgerechtere Steuerung der Lüftungsanlagen in der Produktion oder der Austausch von Umluftheizungen auf effiziente Wärmestrahler.

Die Liefertreue wurde vor allem durch die konsequente Ansiedlung von Lieferantenpartnern im unmittelbaren Werksumfeld in einem neu erschlossenen Industriepark erreicht. Die JIS-Sequenzierung dieser Lieferanten wird zentral gesteuert.

Der Fertigproduktumschlag konnte parallel erhöht werden. Zentrale Maßnahme in diesem Zusammenhang war die Einrichtung eines 'Autoterminal Bremen', über das der Bahnversand der Fertigfahrzeuge werksnah gesteuert wird. Der Versand per LKW ist auf einen Drei-Schicht-Betrieb erweitert worden.

4. Was verbirgt sich genau hinter der fortschrittlichen Materialbereitstellung im Perlenkettensystem? Welche Vorteile wurden dadurch erzielt?

Die Perlenkette ist eine Produktionssteuerungsmethode. Mit der Perlenkette plant das Werk die Montagereihenfolge ca. zehn Arbeitstage vor Montagebeginn ein und ruft die benötigten Teile beim JIS-P-Lieferanten ab, der diese Teile der abgefragten Reihenfolge entsprechend anliefert. Ziel ist es, die Aufträge der eingeplanten Montagereihenfolge so genau wie möglich in die Montage einzusteuern.

Bei der Materialbereitstellung werden Laufwege optimiert und reduziert sowie die verfügbaren Flächen in der Montage optimal genutzt. Die Standardisierung von Montage- und Logistikprozessen sowie der Qualifizierung sind weitere Erfolgsfaktoren.

5. Konsequente Lieferantenintegration am eigens geschaffenen Industriepark: Wie wurde das umgesetzt, welche Vorteile haben sich dadurch ergeben?

Bei der Entwicklung des Industrieparks haben die Bremer Verwaltung und die städtische Wirtschaftsförderung eine wichtige Rolle bei Erschließung eines geeigneten Areals sowie der Vermarktung der Gewerbeflächen gespielt. Zahlreiche Lieferanten haben die Chancen einer solchen Ansiedlung genutzt. Ein Konzept, das mit zentralen Partnern auch an den Auslandsstandorten der C-Klasse umgesetzt wurde.

Die strategische Ansiedlung von Lieferanten macht alle zu Gewinnern: die Region durch neue Arbeitsplätze, die Umwelt durch vermiedenen CO2-Ausstoß und den Lieferanten durch Wettbewerbsvorteile bei zukünftigen Vergaben. Zudem sorgen kurze Regelkreise und Transportwege für geringere Logistikkosten aufseiten von Mercedes-Benz.

6. Inwieweit rechnet sich die Investition in einen eigenen Dienstleister zur Koordinierung der JIS-Sequenzierung?

Der Fläche des Mercedes-Benz Werks Bremen sind aufgrund der zentralen Lage natürliche Grenzen gesetzt. Innerhalb des Werkszauns ist die Flächennutzung weitestgehend ausgeschöpft. Daher ist die Beauftragung eines externen Partners mit der JIS-Sequenzierung ein sinnvoller Schritt, der sich bewährt hat. Eine hohe Liefertreue ist durch entsprechende Qualifizierungsprogramme sichergestellt.

7. Es ist die Rede von konsequentem Einsatz von Lean-Methoden sowie cleveren Trainingsmethoden. Wie genau funktioniert das und welche Vorteile ergeben sich daraus.

Zentrales Element ist hierbei das Mercedes-Benz Produktionssystem (MPS). Dieses ist die gemeinsame Basis des Denkens und Handelns in unseren Werken und definiert einheitliche Prozesse und Methoden in un­serer Fertigung. Alle Prozesse unterliegen einer kontinuierlichen Verbesserung (KVP). Mithilfe der MPS-Standards werden Stabilität und Qualität erzeugt, Materialfluss und Wertstrom werden erhöht – Verschwendung wird vermieden.

8. Zahlreiche Varianten laufen auf der Fertigungslinie. Wodurch ist die Flexibilität der Linie gegeben?

Das Werk hat eine hohe Flexibilität durch die bereits beschriebene Produktion von bis zu vier Derivaten auf einer Fertigungslinie (Multi-Line). Durch flexible Betriebspunkte kann die Montage zudem schnell auf Nachfrageveränderungen reagieren und den Produktionsmix einer Linie entsprechend anpassen.

Außerdem ist eine hohe Personalflexibilität möglich, zum Beispiel durch vereinbarte Sonderschichten, Steuerung von Zeitkonten oder die bedarfsgerechten Rotationen zwischen den Produktionshallen.

Das Werk in Kürze

  • Stand: 31.12.2014
  • Werksgeländefläche: 1.527 .271 Quadratmeter
  • Bebaute Grundfläche: 690.781 Quadratmeter
  • Anzahl der Mitarbeiter: 12.672
  • Jahresproduktionszahl Fahrzeuge: 338.495
  • Standortverantwortlicher: Peter Theurer (seit 1.10.2015)

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