Die Werkzeugmaschinen brummen und die Roboter surren im Takt dazu. Die Bewegung der Förderbänder sorgt für das Grundrauschen. Mehr als 150 Maschinen in der Halle erzeugen einen Geräuschpegel, der nichts für empfindliche Ohren ist – und vor allem verhindert er ein ruhiges Gespräch. Nichtsdestotrotz müssen Führungskräfte und Werker gemeinsam aktuelle Probleme diskutieren. "Deshalb ist Shop Floor Management und Lean Management ein weiteres Thema für uns", erläutert Slimák, der wie alle in der Fabrik die obligatorische weiß-grüne Skoda-Arbeitsjacke trägt.

Der tschechische OEM fördert die Diskussion am Montageband eigentlich schon seit Jahren. Neue Räume direkt in der Halle sollen nun für die nötige ruhige Atmosphäre sorgen. Dort können sich jeden Morgen Fertiger, Logistiker, Planer und die Verantwortlichen für die Qualitätssicherung treffen, um die täglichen Probleme zu lösen. Slimák kommentiert: "Wir haben viel Geld investiert, damit wir für die Leute auch angenehme Bedingungen schaffen können."

Ohnehin zählt die Förderung der Mitarbeiter zu den Hauptanliegen des Werkleiters. Das hauseigene Trainingszentrum wird stetig weiterentwickelt, Prozesse angepasst. Die neueste Idee: Der Trainer – ein ehemaliger Fertigungsmitarbeiter – kehrt jetzt regelmäßig zurück in die Produktion.

Einmal pro Quartal arbeitet er an den Maschinen mit seinen Kollegen. Dort sammelt er aktuelle Themen für weitere Schulungsinhalte. In der Fabrik gibt es hunderte von Arbeitsfolgen. Die Teams suchen dort nach Potenzialen, die noch nicht ausgeschöpft wurden. Die Fragen dabei lauten zum Beispiel: Wie kann ich meine Montage effektiver machen, ohne die Teile anzukratzen, wie kann ich fehlende Arbeitsfolgen vermeiden?

Damit das Training der Mitarbeiter nicht allzu prosaisch ausfällt, werden die Praxisbeispiele als konkreter Spielinhalt dargestellt. Ein Schulungsmodul liegt Slimák besonders am Herzen: "Wir nennen es Liebe zum Detail." Um das Thema Total Productivity Maintenance den Werkern näher zu bringen, baute das Trainer-Team eine Carrera-Bahn auf. Das geschah natürlich nicht ohne Hintergedanken.

In diese Spielzeug-Rennstrecke haben die Trainer verschiedene Fehler versteckt. Durch Spiele zwischen verschiedenen Teams sollen die Arbeiter lernen, dass wenn sich jemand für die eigene Maschine interessiert, er die Probleme lösen kann.  Oder eben auf der Carrera-Bahn schneller fahren als die Kollegen.

Wichtige Botschaft für Industrie 4.0

Auf die Frage, ob es schwer war, die Finanz-Controller von dem Projekt zu überzeugen, reagiert Slimák mit einem Schmunzeln. Nein, schwer sei das nicht gewesen. Schließlich lernen die Werker hier eine wichtige Botschaft für die Industrie 4.0, so der Werkleiter: "Man muss weg von der Mentalität, nur Knöpfe zu drücken." Stattdessen müssen die Führungskräfte das Interesse an der Maschine wecken – "eben die Liebe zum Detail fördern", wie Slimák mehrfach betont. Das funktioniere auf eine spielerische, emotionale Art am besten.

Verständnis für die Maschine ist insbesondere bei den kooperativen Robotern gefragt. Die arbeiten mit den Werkern schließlich ohne Schutzzaun zusammen. Skoda hat in Vrchlabí für die feinfühlige Montage der Gangstellerkolben mittlerweile schon den zweiten kooperativen Roboter angeschafft. "Wir haben deswegen so schnell reagiert, weil wir bereits nach kurzer Zeit beim Serieneinsatz des ersten Roboters gesehen haben, dass sich sein Einsatz lohnt", so Slimák.

Dass Skoda in der Mechatronik-Montage kooperative Roboter einsetzt, geschieht nicht aus reiner Freude an der Technologie, sondern aus schierer Notwendigkeit. Für das Handling der sehr empfindlichen Bauteile ist Geschick gefragt. Außerdem kombiniert der Arbeitsplatz sehr viele verschiedene Arbeitschritte.

Bevor die Roboter kamen, gab es dort früher eine Kooperation zwischen zwei Arbeitern. Des Weiteren war diese Arbeit für die Werker hier von Monotonie geprägt und zudem unergonomisch. Bei 2 000 Getrieben, die täglich das Werk verlassen, mussten die Werker 8 000 solcher Gangstellerkolben montieren.

Slimák: "Wir wollten unsere Mitarbeiter davon befreien." Ein weiterer Grund für den Einsatz der kooperativen Roboter: Es war schlicht und einfach kein Platz für andere, größere Roboter. Denn die Montagelinie ist an dieser Stelle äußerst schmal. Doch der Roboter muss zwischen den Leuten stehen. Ein Käfig, wie ihn ein normaler Roboter braucht, kam also nicht infrage. Zwangsläufig blieb nur die Option, kooperative Roboter einzusetzen.

Die Beispiele zeigen: Skodas Standort im Riesengebirge ist in Sachen Industrie 4.0 und Automatisierung schon sehr weit. Von einem Ende der stetigen Weiterentwicklung kann aber laut dem Werkleiter keine Rede sein.

Er hat dabei nicht nur kooperierende Roboter, sondern auch die Low-Cost-Automation im Visier, die sich finanziell rechnet. Mit ihr will er die monotone Arbeit zwischen den Maschinen eliminieren: "Dafür werden wir dann im nächsten Jahr verschiedene Automatisierungsanlagen einsetzen."

Die Anforderung an die Anlagen: Sie müssen mitdenken. Denn einige Teile muss man vermessen, andere müssen in den Fertigungsfluss zurückgeführt werden.

Kooperation mit Kuka

Slimák erläutert: "Die Anlage muss  alle Qualitätsanforderungen erfüllen und den Prozess auch stetig kontrollieren." Bei der Low-Cost-Automation arbeitet das Werk mit Kuka, aber auch mit tschechischen Unternehmen zusammen. Ohnehin ist es Slimáks Ziel, lokales Know-how zu nutzen und damit von den örtlichen Preisvorteilen zu profitieren. Schließlich muss sich jede Anlage rechnen.

Die Vorgaben aus der Konzernzentrale sind streng: Eine neue Maschine muss das Payback innerhalb von weniger als zwei Jahren erwirtschaften – und das bei den geringen Lohnkosten in Tschechien. Natürlich gibt es auch Ausnahmen von der Regel. Das ist der Fall, wenn es beispielsweise um ergonomische Verbesserungen geht.

Schon heute gilt das Werk als so vorbildlich, dass auch gerne mal der VW-Standort Kassel, Leitwerk für Getriebeproduktion, Know-how anzapft und seine Mitarbeiter hierher schickt, um von den Tschechen zu lernen. So entwickelt sich Vrchlabí immer mehr zum Vorzeigestandort des VW-Konzerns – und das ganz ohne die Hilfe des Riesen Rübezahl.

Entwicklung des ökonomischen Verpackungskonzepts, das bei dem Versand der Karosserien und der Teile aus dem Skoda-Werk Mladá Boleslav nach Indien verwendet wird.

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