Smog in China

Smog ist in Chinas Städten Alltag. Ein Mundschutz gehört zur Standardausrüstung eines Spaziergängers, wie hier in Peking. Die Hauptstadt des Reichs der Mitte ist von Smog betroffen. - (Bild: Fotolia/axz65)

In Peking herrschte Ende Dezember 2016 Alarmstufe Rot. Die Ansage der Behörden: Niemand soll sich länger als nötig im Freien aufhalten. Es war das erste Mal, dass Chinas Behörden die höchste Alarmstufe ausriefen. Die Luft war belastet mit 450 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter – das 18-fache des Grenzwertes der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Am schlimmsten war die Lage in Shijiazhuang, der Hauptstadt der an Peking angrenzenden Provinz Hebei. Dort betrug die Belastung sogar mehr als 700 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Folge: Fahrverbote für Autos, Schulen sowie Kindergärten blieben zu – und Fabriken mussten ihre Produktion drosseln beziehungsweise ganz stoppen.

Die Experten sind sich weitgehend einig, dass Kohleverbrennung, Industrieproduktion und Autoabgase die Hauptursachen des Smogs sind. Eine Studie der Chinesischen Akademie für Wissenschaften noch aus dem Jahr 2013 sieht die zentralen Quellen für den Smog bei Rußgasen und der Industrieproduktion (50 Prozent).

Andere Studien sprechen jedoch der Industrieproduktion einen deutlich geringeren Anteil zu. Laut dem Mercator Institute for China Studies (MERICS) ist nicht auszuschließen, dass bei der Entstehung der unterschiedlichen Forschungsergebnisse der Einfluss wirtschaftlicher oder politischer Interessensgruppen eine Rolle spielt.

"Umweltverschmutzung belastet Chinesen immens"

Eines ist aber sicher: Chinas Wirtschaft ist durch die Umweltverschmutzung verletzbar geworden. „Die Umweltverschmutzung belastet die Chinesen immens. Das hat auch die chinesische Regierung erkannt und sie verstärkt deshalb ihre Maßnahmen, die Lage zu verbessern“, sagt Jost Wübbeke, Leiter des Programms Wirtschaft und Technologie bei MERICS. Eines der neuesten Ziele: Verringerung der CO2-Emissions-Intensität bis 2020 um über 40 Prozent gegenüber dem Jahr 2015.

CO2-Emissions-Intensität – ein kniffliger Begriff, bei dem China etwas Augenwischerei betreibt. CO2-Emissions-Intensität bedeutet nicht, dass die CO2-Emissionen um 40 Prozent sinken, sondern nur die CO2-Emissionen durch die industrielle Wertschöpfung. Also absolut gesehen können die Emissionen weiter ansteigen, wenn gleichzeitig auch die Wirtschaftsaktivitäten weiter ansteigen. Gleichwohl klingen 40 Prozent ambitioniert, auch wenn die Ziele der chinesischen Regierung bislang immer sehr realpolitisch waren. Wübbeke: „Für manche Industrien wird es sicherlich sehr schmerzhaft. Insbesondere auf die Stahl-, Zement- und Chemieindustrie wird einiges zukommen.“

Sicherlich passiert dort in Sachen Umweltschutz schon relativ viel. Wübbeke macht jedoch deutlich: „Umweltherausforderungen haben in China eine so große Dimension, dass sich nicht von heute auf morgen eine einfache Lösung finden lässt.“ Darüber hinaus ist das mit dem Große-Pläne-machen so eine Sache im Reich der Mitte. Die müssen nämlich vor Ort erst mal in die Tat umgesetzt werden. Ein Beispiel: Fabriken lassen sich hochmoderne Filteranlagen für Schwefeldioxid einbauen, eingeschaltet werden diese dann aber nicht. „Da gibt es immer noch sehr, sehr viele Negativbeispiele. Das ist auch der Grund, warum China noch die nächsten zehn Jahre horrende Probleme mit dem urbanen Smog haben wird. Der Smog in Peking wird für die nächsten zehn Jahre ein Faktum bleiben“, so der MERICS-Experte.

Gleichwohl ist die Energiewende im Land ganz oben auf der politischen Agenda. Energieeffizienz in den Betrieben und Werken spielt eine entscheidende Rolle. „Gerade in der Industrie sind die Vorgaben deutlich strenger als früher. Das betrifft vor allem die energieintensiven Industrien wie beispielsweise die Stahlbranche“, erklärt Wübbeke. Dort gibt es rigide Vorgaben.

Anreizprogramme und Zwangsmaßnahmen

Viele Unternehmen mussten schon dicht machen, da sie den strengen Umweltanforderungen nicht entsprochen haben. Gleichzeitig laufen Anreizprogramme, damit Unternehmen ganze Produktionsprozesse umgestalten. Neben Geldern, die dafür freigemacht werden, setzt China – wie schon oft in der Vergangenheit – auf Zwangsmaßnahmen. Wübbeke: „Trotz einiger marktbasierter Instrumente wie dem Emissionshandel ist Chinas Umweltpolitik immer noch recht stark top-down organisiert.“

Will heißen, gewisse Produktionsprozesse werden dann einfach verboten. Die Unternehmen sind dann vor die Wahl gestellt: Werk dicht machen oder Produktion modernisieren. Die Inspektionen der Betriebe nehmen zu, die Einhaltung der Vorgaben wird verstärkt überprüft. Besonders im Fokus der chinesischen Behörden sind dabei ausländische Unternehmen. „Diese Umweltüberprüfungen werden nicht immer aus umweltbezogenen Interessen heraus getätigt. Es gibt Fälle, in denen Unternehmen strenger als andere kontrolliert werden, um ihre Wettbewerbsposition zu schwächen“, sagt der MERICS-Experte.

Neben Vor-Ort-Besuchen setzen die Behörden zunehmend auf das sogenannte real-time-monitoring. Das heißt, die Kohlendioxid- und Schwe­feldioxidemissionen der Fa­briken werden den Behörden in Echtzeit übermittelt.

Bei deutschen Unternehmen ist der Umweltschutz in ihren chinesischen Werken schon heute sehr ausgeprägt. Ein Beispiel dafür ist Bosch.

Das Unternehmen teilte gegenüber „Produktion“ mit: „Selbstverständlich werden an den chinesischen Standorten umfassende Maßnahmen zum Umweltschutz betrieben.“

Dazu gehören Gewässerschutz (beispielsweise Gefahrstoff- und Abfalllager), Behandlung von Abwasser aus der Produktion, Reduzierung des Wasserverbrauchs, Programme zum Klimaschutz (zum Beispiel Reduzierung des Stromverbrauchs), Abfallvermeidung und Abluftreinigung.

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„Deutsche Unternehmen erfüllen Vorgaben“

In Zukunft will der Konzern besonderen Fokus auf die Energieeffizienz in der Produktion sowie die Reduzierung des Abwasseranfalls und des Wasserverbrauchs  legen. „Die deutschen Unternehmen erfüllen diese Vorgaben auf jeden Fall“, so Wübbeke. Das Problem dabei ist, dass diese Vorgaben bei chinesischen Unternehmen nicht immer durchgesetzt werden. „Die städtischen Umweltbehörden drü­cken auch mal ein Auge zu, wenn es sich um ein führendes Un­ternehmen handelt, das wichtig für das örtliche Wirtschaftswachstum ist und im internationalen Wettbewerb steht“, berichtet Wübbeke.

Fazit: Die in puncto Umweltschutz ohnehin schon gut aufgestellten deutschen Unternehmen sollten in China die Themen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit weiter vorantreiben. Wer das nicht tut, bleibt schlimmstenfalls auf der Strecke – Produktionsverbot nicht ausgeschlossen.

ZF stellte auf umweltschonende Lackierprozesse um

Auch in China gibt es Grenzwerte für die Emissionen von Lösemitteln. Wenn eine Umstellung auf wasserbasierte Lacke aus qualitätstechnischen Gründen nicht möglich ist, müssen über Reinigungsmaßnahmen die Lösemittelanteile aus der Abluft herausgenommen werden.

Am ZF-Standort Shanghai, an dem ZF unter anderem Achs- und Fahrwerkskomponenten für Arbeitsmaschinen produziert (Sachs Automotive Components & Systems Shanghai), wurde dies bislang durch eine Aktivkohleadsorption umgesetzt. ZF hat diesen Prozess im Zuge einer Produktionserweiterung auf thermische Oxidation (TNV) umgestellt. Diese Technologie gilt als leistungsfähiger und zuverlässiger im Betrieb.

Das TNV-Verfahren oxidiert durch Verbrennung die Lösemittelanteile aus dem Abluftstrom und scheidet Feststoffpartikel ab. Im Rahmen der Projektierung werden energieverbrauchsreduzierende Maßnahmen und CO2-Reduktionsziele geprüft und – wo (wirtschaftlich) sinnvoll – umgesetzt. Im Gegenzug wird durch den Entfall des wasserbasierten Aktivkohlefilterverfahrens der Ressourcenverbrauch an Frischwasser deutlich reduziert.

Ein in vielen ZF-Werken verbreiteter Prozess ist die Metallbearbeitung mittels Kühlschmierstoffen. Diese Emulsionen dürfen nicht unbehandelt in die Kanalisation eingeleitet werden. Weit verbreitet ist in China bislang die Entsorgung mittels Tankfahrzeug und Recycling der Emulsion durch den Entsorger. Risiken für den Betrieb sind jedoch die Lagerung bis zur Abholung sowie das Umpumpen auf Werksflächen. Insbesondere wenn regelmäßig größere Mengen an Altemulsionen anfallen, ist auch aus wirtschaftlicher Sicht die Einrichtung einer werkseigenen Abwasserbehandlungsanlage sinnvoll.

Im Jahr 2016 hat ZF deshalb an einem Standort im Großraum Shanghai (ZF Lemforder Shanghai Chassistech) die Produktion umgestellt auf eine betriebseigene Behandlung der Emulsionen. Dabei fiel die Entscheidung zugunsten einer Destillationstechnik, bei der durch Verdampfen und Abscheidung beider Phasen eine Trennung des Öl-Wasser-Gemischs erfolgt. Dadurch konnten 90 Prozent der gefährlichen Abfälle reduziert werden.

Wegen der eingesparten Entsorgungskosten arbeitet die Anlage sehr schnell kostendeckend. Derzeit überprüft ZF, ob weitere chinesische Werke umgestellt werden können. Entsprechende Entscheidungen sollen 2017 getroffen werden.

‚Serve the Environment‘ heißt es bei Siemens

In China setzt Siemens das Programm ‚Serve the Environment‘ um. Ziel ist es dabei, beispielsweise den Energieverbrauch jährlich um ein Prozent zu reduzieren und entsprechende Abfallentsorgungsziele umzusetzen. Das Programm fördert Maßnahmen im Bereich industrieller Umweltschutz.

Die Ziele dabei sind: Steigerung der Energieeffizienz, Emissionsreduktion, Steuerung lokaler Wasserrisiken und das Vermeiden von Abfall. Alle Produktionsstandorte und Büros von Siemens unterliegen der internationalen Umweltmanagementnorm ISO14001. Die internen Standards verlangen, den Umwelteinfluss von Siemens Produkten und Systemen während der Produktion, während der Nutzungs- und letztendlich Entsorgungsphase zu reduzieren.

Das Unternehmen führt in regelmäßigen Abständen interne Prüfungen der Performance und Verbesserungsquote im Bereich Umweltschutz durch. Die Standorte in China überwachen die Emissionen, die durch den Verbrauch von Energie, Ressourcen, Wasser und das Entstehen von Abfall verursacht werden.

Das gilt auch für den Einsatz gefährlicher Chemikalien. Dazu nutzt Siemens das Online Meldesytsem SESIS (Siemens Environmental and Technical Safety Information System). Wie Siemens gegenüber ‚Produktion‘ mitteilte, deckt SESIS alle wichtigen Umwelteinflüsse ab.

Es ist Teil eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses und dient darüber hinaus als Wissensbasis für alle relevanten Felder im Siemens Umweltschutz. SESIS ist Basis für die Entwicklung von weiteren Umweltprogrammen.

Grüne Produktion bei der Volkswagen Gruppe

Alle Werke der Volkswagen Gruppe China (VW-Kernmarke, Audi, Skoda) folgen der Philosophie einer ‚grünen Produktion‘. Wichtigste Faktoren für deren Umsetzung sind die Reduzierung des Wasserverbrauchs, der Energie sowie der CO2-Emissionen.

Um den Energieverbrauch zu analysieren, sind fast alle Werke des Unternehmens mit einem Online-Energie-Messsystem ausgerüstet, das Daten in Echtzeit sammelt und analysiert. Zudem ist es Ziel der Volkswagen Gruppe, vermehrt auf alternative Energien zu setzen, um die CO2-Emissionen runterzufahren. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz von Photovoltaik-Anlagen.

Um den Wasserverbrauch zu reduzieren, hat der OEM einen Mitarbeiter-Preis ausgeschrieben. Innovative Ideen zum Sparen von Wasser prämiert der Hersteller. Ohnehin hat Volkswagen in zahlreichen China-Werken Systeme zur Wiederverwendung von Wasser installiert.

Darüber hinaus gibt es in zahlreichen Werken Systeme zur Verwendung von Regenwasser. So können beispielsweise am Standort Changsha 100 000 Kubikmeter Frischwasser eingespart werden.

Daimler setzt auf umweltfreundliche Gabelstapler

Daimler setzt überwiegend lösungsmittelfreie Farbsysteme ein und verringert dadurch Emissionen und Rückstände. Außerdem modernisiert der Autobauer die Gabelstapler-Flotten und stellt diese auf umweltfreundlichere Antriebe um.

Schon seit mehreren Jahren widmet sich das Unternehmen einem ressourcenschonendem Einsatz von Rohmaterialien sowie der Wiederverwendung von Abfällen. Aktuell erreicht Daimler bei Abfällen eine Rückgewinnungsrate von 91 Prozent.

Das Unternehmen erklärte gegenüber ‚Produktion‘: Keinesfalls werden Abfälle in andere Länder exportiert. Das Produktions-Joint Venture BBAC hat ein System zum Sammeln und zur Nutzung von Regenwasser eingeführt, mit dem das Wasser aufgefangen und im Werk erneut genutzt wird.

Jährlich sammelt das Werk ungefähr 360 000 Kubikmeter Regenwasser und deckt damit rund 20 Prozent des Wasserbedarfs. Auch in Zukunft will der OEM seine Maßnahmen zum Schutz der Umwelt fortsetzen. Im Dialog mit Experten vor Ort gewinne Daimler wertvolle Impulse für die Umsetzung seiner weltweiten Nachhaltigkeitsaktivitäten.

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