Person hält Tablet in der Hand und kontrolliert Roboterarm mit einem Monitoring-System Software.

Manufacturing Executing Systems nehmen im Rahmen der digitalen Fabrik eine immer wichtigere Position in der Fertigung ein. Es gibt sogar Stimmen, die behaupten, dass ein MES kein Bestandteil sondern die Grundlage der digitalen Fabrik sei. - (Bild: Adobe Stock - ipopba)

Laut VDMA ist die Digitalisierung der Wertschöpfungsprozesse die Grundlage für Industrie 4.0. Es gilt also, die neuen Möglichkeiten und Technologien gewinnbringend einzusetzen und die richtigen Schritte in Richtung zukunftsfähiger digitaler Fertigung zu gehen. Ein Manufacturing Execution System (MES) schafft die digitale Verbindung von ERP-Systemen mit den operativen Fertigungseinheiten und leistet damit einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur digitalen Produktion.

In der Vergangenheit konnte ein Fertigungsunternehmen bei geringerer Variantenvielfalt und Automatisierung die Feinplanung händisch bewältigen und sich dabei oft auf langjährige Erfahrung der Mitarbeiter in der Produktion stützen. „Heute ist dies in den meisten Fällen nicht mehr möglich: geringe Losgrößen erhöhen die Komplexität, und die Sensoren in den Fertigungsanlangen generieren eine Datenfülle, die der Mensch alleine nicht mehr bewältigen kann“, sagt Alfred Taudes zur Daseinsberechtigung des Manufacturing Execution Systems. Er ist Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, Department für Informationsverarbeitung und Prozessmanagement, Institut für Produktionsmanagement.

Professor Alfred Taudes, Wirtschaftsuniversität Wien
(Bild: Industrie Informatik)

"Cyberphysikalische Systeme generieren nie dagewesene Datenmengen, die sowohl zeitnah zu verarbeiten sind als auch für Analysezwecke vorgehalten werden müssen. Moderne MES-Lösungen wenden daher Verfahren wie KI oder Machine Learning an, um die Planungsgenauigkeit zu verbessern", sagt Professor Alfred Taudes von der Universität Wien.

Smartes Produktionsleitsystem in der Industrie 4.0

„Ein MES unterstützt die Mitarbeiter dabei nicht nur bei der Feinplanung, sondern dient auch als Informationsvermittler zwischen Maschine und PPS-System (Produktionsplanungs- und Steuerungssystem) in den Bereichen Qualität und Mitarbeiterführung“, so Taudes. Ein gutes Stück weiter gehen heute moderne MES-Lösungen im Kontext der Mega-Trends wie Industrie 4.0, KI, Machine Learning, Cloud Computing, Digitalisierung oder IIoT (Industrial Internet of Things).

Für Bernhard Falkner, CTO bei der Industrie Informatik GmbH, bedeutet das: „Das Manufacturing Execution System ist das eindeutig führende System in der fertigungsnahen Welt. Dementsprechend wichtig ist es für einen MES-Anbieter, sich Technologien wie KI, Machine Learning, Cloud, Digitalisierung und IIoT genau anzusehen und zu interpretieren, was dafür notwendig ist, um es dann gegebenenfalls zu realisieren.“

MES als Grundlage der intelligenten Fabrik

Konkurrenzfähige MES-Hersteller sollten also nicht nur diesen Hotspots folgen, sondern selber tief in den Markt hineinschauen und sich mit den Anforderungen ihrer Klientel ernsthaft auseinandersetzen. Auf dieser Basis könne man dann Zukunftsvisionen und -technologien gestalten, so Falkner weiter.

Er weiß die Wichtigkeit der oben genannten Technologien richtig einzuordnen: „Alle haben ihre Daseinsberechtigung und tragen einen wertvollen Beitrag zur Smart Factory bei. Ein Manufacturing Execution System hilft bei dieser Smart Factory aber nicht nur, es stellt die Grundlage dar. Mit der Datenerfassung und der anschließenden Interpretation und Aufbereitung wird der erste Schritt getan – und genau das liegt in unserer Verantwortung als MES-Anbieter.“

Automobilzulieferer ebenfalls Nutznießer

Zukunftsweisende MES-Systeme tragen also diese Trends nicht nur mit, sondern helfen Unternehmen ganz konkret bei der Umsetzung ihrer digitalen Strategie, wie etwa bei Miba, einem international tätigen Zulieferer für die Motoren- und Fahrzeugindustrie.

Hier konnte dank des MES cronetwork die Digitalisierung in den verschiedenen Fachbereichen vorangetrieben werden. Der Startschuss für das Konzept ‚Smart Factory’ zähle für Miba zu einem der wichtigsten und extrem zukunftsweisenden Entwicklungsschritten in Richtung ‚Digitale Fertigung’.

Auch der VDMA beschreibt in dem Whitepaper ‚MES und Industrie 4.0’ diese wichtige Funktion des MES für die Unternehmen in der aktuellen Situation: Moderne MES-Lösungen helfen den Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus bei der Umsetzung der Digitalisierung.

Dabei wird einerseits die Prozessintegration und Transparenz in der eigenen Produktion ausgeprägt, zum anderen aber auch die integrative Datenerfassung und -verarbeitung bei den Endnutzern von Maschinen und Anlagen effektiv umgesetzt.

Bernhard Falkner, CTO bei der Industrie Informatik GmbH
(Bild: Industrie Informatik)

"Das MES übernimmt jetzt noch mehr Aufgaben: von PLM und ERP die Detaillierung der Arbeitsplanung und des Produktionsablaufs, von der Automatisierung die maschinenübergreifende Kommunikation, im Zusammenspiel mit IIoT Teile der Datengenerierung oder auch Datenspeicherung", sagt Bernhard Falkner, CTO bei der Industrie Informatik GmbH.

ERP, MES-Software & Co: Abgrenzungen werden aufgeweicht

Für Taudes erhöhen diese Mega-Trends sogar den Bedarf an MES-Systemen und bringen auch neue Anforderungen an derartige Systeme mit sich: „Cyberphysikalische Systeme generieren nie dagewesene Datenmengen, die sowohl zeitnah zu verarbeiten sind als auch für Analysezwecke vorgehalten werden müssen. Moderne MES-Lösungen wenden daher Verfahren wie KI oder Machine Learning an, um die Planungsgenauigkeit zu verbessern.“

Taudes geht noch einen Schritt weiter: „Bei einer auf dem IIoT beruhenden Industrie 4.0-Fertigung wird bei Losgröße 1 eine klassische Programmplanung und Arbeitsvorbereitung gänzlich obsolet.“

Unstrittig ist, dass ein MES im Shopfloor, also dem Ort der Wertschöpfung innerhalb der Produktion, und in allen anknüpfenden Prozessen heute allgegenwärtig ist. Abgrenzungen werden dabei aufgeweicht: im Sinne des Best-of-Breed-Ansatzes hat jeder der Bereiche eine Kerndisziplin.

„Das MES übernimmt jetzt noch mehr Aufgaben: von PLM (Product-Lifecycle-Management) und ERP (Enterprise-Resource-Planning) die Detaillierung der Arbeitsplanung und des Produktionsablaufs, von der Automatisierung die maschinenübergreifende Kommunikation, im Zusammenspiel mit IIoT Teile der Datengenerierung oder auch Datenspeicherung“, beschreibt Falkner seine Sicht auf ein modernes MES.

Zunehmende Digitalisierung der Produktion in der Smart Factory

Das Manufacturing Execution System ist auch für Taudes weiterhin das Bindeglied zwischen ERP und Ausführung: „Mit zunehmender Digitalisierung der Produktion treten allerdings ERP-Funktionen wie Prognose oder Programmplanung in den Hintergrund, da intelligente Fertigungssysteme Varianten autonom erkennen und verarbeiten können.“

Doch an dieser Stelle gilt es laut Falkner noch immer zu trennen: „Kümmert sich ein ERP um die kaufmännischen Agenden, bleibt das MES heute und auch in Zukunft führend in der Produktion. Das MES steuert den Produktionsverlauf auf immer detaillierterer Ebene.“

Dazu sind aber mehr Informationen notwendig, als ein ERP im Arbeitsplan zur Verfügung stellen kann. Daher muss ein ERP Möglichkeiten zur Verfeinerung des Produktionsablaufs bieten. Ein integrativer Ansatz erlaubt eine noch intensivere Zusammenarbeit der beiden Systeme, von denen am Ende der Anwender profitieren kann.

Von Predictive Analytics zu Predictive Maintenance

Eine Funktionalität, die zeitgemäße MES-Lösungen schon lange bieten, bekommt im IIoT-Umfeld eine ganz neue Bedeutung: Predictive Maintenance, also die vorausschauende Instandhaltung. In einem Papier der Unternehmensberatung Deloitte ist hier von ‚Data Analytics’ die Rede: Das IIoT liefert datentechnisch ein präzises Bild des Ist-Zustandes. Algorithmen, Big-Data-Anwendungen und KI erkennen bestimmte Muster in diesen Informationen.

So erhält man Vorhersagen über zu erwartende Zustände und zukünftige Trends. Laut Deloitte generiert Data Analytics mit durch Hypothesen gelenkten Modellen daraus wichtige Einsichten. Geschäftstätigkeiten erzeugen also die Daten, die mittels einer Analyse wieder zu handlungsrelevanten Erkenntnissen, neuen Entscheidungen und vielleicht sogar zu neuen Geschäftstätigkeiten führen können.

Bessere Steuerung in Echtzeit möglich

Produktionsmanagement-Spezialist Taudes spricht hier von Predictive Analytics: „Mittels Predictive Analytics können Fertigungsunternehmen heute durch Sensoren generierte Datenmengen sinnvoll für eine bessere Planung einsetzen. Eine genauere Prognose des Ausschussanteils etwa führt zu verbesserter Kapazitätsauslastung, Termintreue und geringeren Lagerständen.“

Wie in einem Manufacturing Execution System die vorhandenen Daten sinnvoll im Rahmen der Predictive Analytics eingesetzt werden können, beschreibt Taudes so: „Die in der Vergangenheit im MES erfolgten Aufzeichnungen zu Ausschuss, Maschinenausfall, Störungen und Produktqualität im jeweiligen Umfeld - also Maschine, Personal, Umwelt, Material, Auftrag und Zeit - geben unter Einsatz geeigneter Methoden Aufschluss über Konstellationen, in denen diese Probleme gehäuft auftreten. Diese Muster werden bei der Vorhersage der Qualitätsmetriken bei künftigen Planungen angewandt.“

Alle Anwendungen auf einer 360-Grad-Fertigungsplattform

In diesem Kontext sind die Ergebnisse einer aktuellen SAP-Studie zu den größten Anreizen für mögliche IIoT-Szenarien in Fertigungsunternehmen sehr interessant: Die Produktivität zu steigern, Rüstzeiten zu verkürzen, Energiekosten zu senken, mit Predictive Maintenance die Laufzeit der Maschinen zu erhöhen und dazu noch günstiger zu fertigen, sind demnach die alles entscheidenden IIoT-Stellschrauben.

Es gilt also, die neuen Möglichkeiten und Technologien des IIoT gewinnbringend einzusetzen und die richtigen Schritte in Richtung zukunftsfähiger digitaler Fertigung zu gehen. Falkner zeigt abschließend mit Cronetworld eine mögliche Zukunft wettbewerbsfähiger MES-Lösungen: „Unsere Manufacturing Execution Platform ermöglicht die Zusammenführung und Orchestrierung aller produktionsrelevanten Softwaresysteme, Technologien und Anwendungen zu einer 360-Grad-Fertigungsplattform. Die Basis dafür bildet eine offene Schnittstellen- und Kommunikationsebene, die eine Anbindung peripherer und fremder Systeme ermöglicht“.

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