Messschieber mit stapel münzen und ein taschenrechner auf einem papier mit zahlen

Der Faktor Unternehmenssteuer wird im nationalen Wettbewerb immer wichtiger. - (Bild: Pixabay)

„Die Höhe der Unternehmenssteuer ist ein wichtiger und wirkungsvoller Standortfaktor“, sagt Dr. Claudia Schlembach, Referatsleiterin Wirtschaft und Finanzen der Hanns-Seidel-Stiftung.

Die Senkung dieser Steuer war eine der ersten Amtshandlungen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. „Die Körperschaftssteuer fiel 2017 von 35 auf 21 Prozent – satte 14 Prozentpunkte. Im Kampf um „America first“ wollte Trump mehr Investitionen und neue Jobs generieren; gleichzeitig hat er damit den internationalen Steuerwettbewerb angeheizt“, so Schlembach

Unternehmenssteuer-Flickenteppich in Europa

Schaut man sich die Zahlen an, werde deutlich, wie unterschiedlich die Staaten das Instrument Unternehmenssteuer nutzen. „Selbst innerhalb Europas haben wir einen Flickenteppich: Im EU-Durchschnitt liegen wir bei 21,3 Prozent, Großbritannien belastet die Unternehmen derzeit noch mit 19,0 Prozent, hat aber schon signalisiert, nach einem Brexit an dieser Schraube zu drehen. Irland besteuert Unternehmen mit 12,5 Prozent, darunter die Europa-Zentrale von Google“, erklärt die Wirtschaftsexpertin der Hanns-Seidel-Stiftung.

Deutschland liegt derzeit bei 30 bis 31 Prozent Besteuerung, das ist ein wenig abhängig von den jeweiligen Hebesätzen der Gemeinden. Seit der letzten Unternehmenssteuerreform in Deutschland hat es damit leichte Änderungen nach oben gegeben.

Da auch die OECD-Industriestaaten sich im Durchschnitt bei 23 Prozent einpendeln, sehen laut Hanns-Seidel-Stiftung viele Experten die internationale Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr.

Schlembach: „Nimmt man hinzu, dass sich derzeit die Konjunktur abkühlt, sind die Rufe der Unternehmen und Wirtschaftsverbände nach einer Senkung zumindest in die Nähe des OECD-Durchschnitts nachvollziehbar. Die Einbußen auf der Einnahmenseite treffen nicht bei allen Politikern auf Gegenliebe.Mit Blick auf die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Reform der Grundsteuer, der Diskussion um den Soli, die Unternehmen noch mehr belasten beziehungsweise nicht entlasten könnten, scheint es an der Zeit, ein Gesamtpaket in den Blick zu nehmen. Gar nicht auf die Veränderungen im internationalen Umfeld zu reagieren dürfte allerdings die schlechteste Variante sein.“

Was der VDMA fordert

Die letzte Unternehmenssteuerreform in Deutschland liegt über ein Jahrzehnt zurück, über eine Neufassung darf nachgedacht werden. Diese Meinung teilt auch der VDMA.

Dr. Ralph Wiechers, VDMA-Chefvolkswirt, sagt: „Es ist sogar höchste Zeit, eine Senkung der Unternehmenssteuern in Angriff zu nehmen! Die Maschinenbau-Industrie steht im internationalen Wettbewerb, und die Konkurrenz ist hier inzwischen in einer deutlichen besseren Position. Wie so oft gilt auch hier: Stillstand ist Rückschritt! Insbesondere durch die Steuerreform in den USA, aber auch in anderen Industriestaaten, sind die deutschen Firmen auf den globalen Märkten deutlich ins Hintertreffen geraten. Dieser steuerpolitischen Herausforderung muss sich Deutschland stellen.“

Ein wesentliches Element der Senkung der Ertragssteuerbelastung auf ein im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiges Niveau von maximal 25 Prozent ist die aktuell strittig diskutierte vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages.

Von den Befürwortern eines Teilerhalts wird laut Wiechers allzu gern unterschlagen, dass nicht nur sogenannte Reiche den Zuschlag weiter abführen sollen, sondern ausnahmslos alle Kapitalgesellschaften auch dann, wenn sie nur mit geringen Erträgen aufwarten können.

„Eklatante steuerliche Benachteiligung“

„Zudem muss die eklatante steuerliche Benachteiligung von Personengesellschaften bei der Reinvestition von Gewinnen durch eine praxistaugliche Thesaurierungsbegünstigung und eine verbesserte Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer beseitigt werden“, so der VDMA-Chefvolkswirt.

Wie hoch Unternehmen mit Steuern belastet sind, zeige sich im Übrigen nicht allein im Steuersatz, sondern auch im administrativen Aufwand der Besteuerung für den Steuerzahler.

Während in Deutschland ein mittelgroßes Unternehmen mindestens 218 Stunden dafür aufwendet, seine Steuerschuld zu berechnen, Steuererklärungen anzufertigen und Steuern abzuführen, sind es in Großbritannien nur 110 Stunden und in Frankreich 137 Stunden. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, fordert Wiechers.

Wie das ifo Zentrum für Makroökonomik die Situation einschätzt

Prof. Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik, teilt die Meinung des VDMA-Chefvolkswirts: „Da die letzte Reform mehr als zehn Jahre zurückliegt, fällt Deutschland im internationalen Steuerwettbewerb zurück, während insbesondere die USA mit entschiedenen Einschnitten vorwegschreiten und ihre Unternehmen entlasten.“

Unter den G7-Staaten werden Gewinne nur in Frankreich höher besteuert und dort sind Reformen zur Senkung bereits beschlossen. Gerade im Hinblick auf die aktuelle konjunkturelle Lage sollte Deutschland laut Peichl hier nachziehen und die Gesamtbelastung aus Gewerbesteuer, Körperschafts- und Einkommensteuer für Unternehmen deutlich reduzieren und zusätzliche steuerliche Anreize für Innovationen, Forschung und Entwicklung setzen.

„Das würde die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern, Investitionen ankurbeln, Arbeitsplätze schützen und schaffen sowie Anreize für innovative Unternehmen schaffen, sich hier bei uns anzusiedeln. Die Arbeitnehmer könnten auch direkt profitieren. Wir haben in einer empirischen Analyse gezeigt, dass Erhöhungen der Gewerbesteuer signifikant auf Löhne überwälzt werden, das heißt eine höhere Gewerbesteuer führt zu sinkenden Löhnen und trifft – entgegen der landläufigen Meinung – nicht (ausschließlich) die ‚reichen Kapitalisten‘“, so der Experte für Makroökonomik.

Die Einschätzung des ZVEI

Laut dem ZVEI gibt die Steuerpolitik der Bundesregierung bis heute keine adäquate Antwort auf den sich verschärfenden internationalen Steuerwettbewerb. Seit der Steuerreform von 2008 gab es keine zählbaren Entlastungen für Unternehmen oder strukturelle Verbesserungen.

Selbst der aktuelle Vorschlag zur Abschaffung des Solidaritätszuschlages greife zu kurz. Der ZVEI fordert eine vollständige Abschaffung dieser Abgabe.

Vor dem Hintergrund der enormen steuerlichen Mehreinnahmen böten sich eigentlich Spielräume für die Bundesregierung. Je schwächer die Konjunktur in den nächsten Monaten wird, umso politisch schwieriger dürfte es sein, weitere Entlastungen vorzubereiten.

Im Bereich der Unternehmensbesteuerung bestehe deutlicher Nachholbedarf, um die Wirtschaft in Deutschland nachhaltig zu stärken und um damit Beschäftigung und Steuereinnahmen auch in der Zukunft sicherzustellen.

Der ZVEI hält daher eine Fortführung der Unternehmenssteuerreform 2008 noch in der laufenden 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages für unverzichtbar.

Neben einer international vergleichbaren Steuerbelastung der Unternehmen auf OECD-Durchschnitt sind daher auch strukturelle Reformen des Unternehmenssteuerrechts angezeigt.

Die Forderungen des ZVEI

1. Die Einführung der Forschungszulage (steuerliche FuE-Förderung), wie von der Bundesregierung vorgeschlagen zum 1.1.2020, um den Innovationsstandort Deutschland zu stärken,

2. Die überfällige Reform des Außensteuerrechts, um die Benachteiligung von Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland zu beenden und

3. Die Anpassung des steuerlichen Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen an das anhaltende Marktniveau, um die betriebliche Altersversorgung zu entlasten.

Grundsätzlich bedürfe es einer Vereinfachung des Steuersystems und des Besteuerungsverfahrens, um die Unternehmen von unnötigem administrativem Aufwand zu entlasten und ihnen hierdurch mehr finanziellen und personellen Spielraum für Innovationen und Investitionen zu geben. Zusätzliche Belastungen, wie die derzeit diskutierte Finanztransaktionssteuer müssten vermieden werden.  

„Deutschland wird zunehmend als Hochsteuerland wahrgenommen“

Thomas Kriesel, Bereichsleiter Steuern, Unternehmensrecht & -finanzierung beim Branchenverband Bitkom sagt: „Spätestens mit der zum 1. Januar 2018 umgesetzten Steuerreform in den USA ist der internationale Wettbewerb der Steuerstandorte erneut entbrannt. Vor diesem Hintergrund wird Deutschland zunehmend wieder als Hochsteuerland wahrgenommen.“

Seit der Unternehmenssteuerreform 2008 hat der Gesetzgeber die Unternehmensbesteuerung laut Kriesel vor allem verschärft – beispielsweise durch Beschränkungen bei der Berücksichtigung von Betriebsausgaben und Verlusten, durch Lizenz- und Zinsschranke.

„Zu den wenigen Vergünstigungen musste der Gesetzgeber entweder durch die Rechtsprechung gezwungen werden, oder es waren bis zu ihrer Umsetzung viele Jahre und endlose Diskussionen erforderlich, wie beispielsweise bei der Erhöhung des Betrags für geringwertige Wirtschaftsgüter oder bei der Einführung der steuerlichen Forschungsförderung“, so der Bitkom-Experte.

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„Es ist nicht hinnehmbar“

Vor diesem Hintergrund und angesichts einer deutlich abgekühlten Weltkonjunktur werde es zunehmend dringlicher, eine spürbare Entlastung für Unternehmen umzusetzen und systematisch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Deutschland zu verbessern.

„Es ist daher nicht hinnehmbar, dass die Bundesregierung Unternehmen von der Abschaffung des Solidaritätszuschlags nahezu komplett ausschließen will – verfassungsrechtliche Zweifel an dieser Ungleichbehandlung hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem aktuellen Rechtsgutachten bereits geäußert“, so Kriesel

Ein derzeit diskutiertes Impulspapier einiger Finanzpolitiker der Union zur Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland könnte laut dem Bitkom-Experten ein Aufbruchssignal und Hoffnungsschimmer sein. Das Papier soll am 23. September im Bundestag vorgestellt werden.

 

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