Über markierte Passpunkte wird die Lage des Bauteils im Raum erfasst. Dann werden die Daten aus dem CAD-Modell per Laser auf das Bauteil projiziert.

Über markierte Passpunkte wird die Lage des Bauteils im Raum erfasst. Dann werden die Daten aus dem CAD-Modell per Laser auf das Bauteil projiziert. (Bild: - Extend3D)

Was braucht es, um heutzutage erfolgreich ein Unternehmen zu gründen? Natürlich eine gute Idee, die richtigen Leute, Hartnäckigkeit und ein bisschen Glück. Ein Erfolgsbeispiel ist die Münchner Firma Extend3D. Seine Vision erklärt Co-Geschäftsführer Dr. Björn Schwerdtfeger: "Mein Lieblingsarbeitsplatz in der Produktion ist eine Hängematte, denn ich habe einen Roboter als persönlichen Assistenten. Der erledigt die Arbeit für mich.“

Automobilkarosserien bereits in Serienfertigung

Das klappt bereits heute in der Serienfertigung: Beispielsweise werden Automobilkarosserien zu fast 100 % automatisiert gefertigt. Bei kleineren Losgrößen ist die Industrie von dieser Vision allerdings noch weit entfernt. Dabei ändern sich die Bauteile und damit die Produktionsprozesse häufig. Und genau hier setzt der sympathische Mitt-Dreißiger mit seinem rund 20 Mitarbeiter zählenden Team an: "Statt den Werker vollständig zu ersetzen, helfen wir ihm, indem wir alle möglichen Informationen direkt auf dem realen Bauteil zur Verfügung stellen“, erklärt Schwerdtfeger.

Wie das geht?

Zwei Kameras erfassen über mindestens drei Passpunkte die Lage des realen Bauteils im Raum. Danach können Informationen per Laser lagerichtig und unverzerrt auf das Werkstück projiziert werden.

Ein Beispiel sind Bolzen, die auf das Bauteil geschweißt werden sollen. Diese Bolzen werden im CAD-Modell ausgewählt und dann lagerichtig auf das Bauteil projiziert. Und schon kann der Werker loslegen. Das Gleiche gilt für alle anderen Daten: Einfach das gewünschte Element am CAD-Modell auswählen und schon wird es visuell auf das reale Bauteil übertragen. "Üblicherweise erfolgt die Übertragung dieser Daten per Koordinatenmessgerät oder per Schablone. Dies ist relativ umständlich, unflexibel und zeitaufwändig“, erklärt Schwerdtfeger.

 

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt

Aber nicht nur Geometrien lassen sich auf das Bauteil projizieren: Mit dem ‚Werklicht‘ lassen sich auch Farbreliefs von vorher durchgeführten Koordinatenmessungen auf das reale Bauteil projizieren. Das zeigt mir Schwerdtfeger anhand der Motorhaube eines Pkw: In verschiedenen Farben werden an jeder Stelle die Abweichungen vom Sollmaß sichtbar. "Es lassen sich alle möglichen Informationen auf das reale Bauteil übertragen. Das reicht von Sollgeometrien über Arbeitsanweisungen bis hin zu Abweichungen vom Sollmaß. Der Phantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt und wir sehen in dem System ein wichtiges Tool zur Qualitätssicherung und Kommunikation mit dem Werker“, schwärmt Schwerdtfeger.

Einsatzbereiche visueller Daten

Das System ist bereits überall dort erfolgreich im Einsatz, wo hochtechnologische Produkte von Hand gebaut werden. Ein Beispiel ist der automobile Prototypenbau. Bis jetzt kommen dabei sehr große Koordinatenmessgeräte zum Einsatz, mit denen die Sollgeometrien auf das Bauteil übertragen werden. "Wir haben es nachgerechnet: Unser System bringt bei diesem Prozess eine Zeitersparnis von 80 Prozent“, weiß Schwerdtfeger. Beispiele sind Sollpositionen von Schweißbolzen, Anbauteile oder Gummidichtungen. Ein weiteres Beispiel ist der Flugzeugbau: So müssen beim Airbus A380 bis zu 80 000 Halter von Hand richtig platziert werden. Dabei ist die Zeitersparnis mit dem Werklicht von Extend3D enorm.

Modell und Realität stimmen überein

Das Marktpotenzial des Systems ist groß und dürfte schnell wachsen. Immer kürzer werden die Produkt-Lebenszyklen und damit wird die vollautomatisierte Produktion schwieriger. Erschwerend kommen immer mehr Produktvarianten hinzu. Da sind Systeme gefragt, die die Qualität der Produkte trotzdem sicherstellen – Systeme wie das Werklicht von Extend3D. Denn es gilt, dem Werker Informationen anschaulich und in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Mit einem solchen System hätte sich Airbus bei der Markteinführung des A380 eine Menge Probleme gespart: Die Kabel wurden am Computer designt und waren zu kurz. Das Problem war, dass die digitalen Daten nicht zum realen Bauteil gepasst haben. "So etwas kann man nicht mit herkömmlicher Messtechnik erfassen. Mit unserem System kann man die Verläufe der Kabel dagegen aufprojizieren und hat damit eine Kontrolle, ob digitales Modell und Realität übereinstimmen“, erklärt Schwerdtfeger.

Genauigkeit der Projektion

Das Werklicht von Extend3D ist also ein komfortabler 3D-Projektor, der nach maximal 10 Minuten einsatzbereit ist. Die Genauigkeit der Projektion liegt dabei bei 0,1 mm pro Meter Projektionsabstand. Es gibt Modelle für Messbereiche zwischen 1,5
und 15 m.

Schwerdtfeger erkärt seine Vision: "3D-Projektoren werden in Zukunft ein allgegenwärtiges Werkzeug in der Produktion sein. Sie sind bereits heute ausgereift und nach wenigen Minuten einsatzbereit.“ Für die Schulung auf das System seien lediglich ein bis zwei Tage zu veranschlagen. Nach etwa einem Monat erfolgt eine Nachschulung. "Erfahrungsgemäß ist dann ein zuverlässiger Umgang mit dem System gewährleistet“, so Schwerdtfeger.

 

 

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