Restmagnetismus,Tipps,Beispiel

Ein Wälzlager, das magnetisch ist? Das muss nicht sein. Bevor größere Schäden entstehen, sollte das Lager entmagnetisiert werden. - (Bild: Maurer Magnetic)

Magnetismus ist ein nützlicher Helfer der Industrie, heben doch Elektromagneten tonnenschwere Gegenstände an und Blasmagneten löschen zerstörerische Lichtbögen in Schaltanlagen. Doch aufgepasst! Magnetismus kann andernorts die Ursache schwerer Schäden sein. Doch die Entmagnetisierung gehört längst noch nicht überall in den Fertigungsbetrieben zum Standardprozedere.

Restmagnetismus
Restmagnetismus erzeugende Prozesse in der Produktionsumgebung. Rissprüfungen (roter Bereich) erzeugen viel, Umformprozesse (blauer Bereich) wenig Restmagnetismus. A/cm - Werte im Pfeil gelten für Messabstand zur Oberfläche 0,5mm - Quelle: Maurer Magnetic AG

Ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit des Entmagnetisierens liefert das Elektronenstrahlschweißen (Electron Beam, EB), bei dem es darum geht, wirtschaftliche und präzise tiefe Schweißnähte von großer Länge zu erzeugen. Mit magnetischen Ablenkeinheiten kann der Elektronenstrahl sehr genau positioniert werden. Genauso empfindlich aber reagiert der Strahl auch auf störende Magnetfelder in unmittelbarer Nähe.

Albert Maurer, Geschäftsführer und Inhaber der Maurer Magnetic AG: „Wenn die Werkstücke nicht ganzheitlich magnetisch neutralisiert sind, wird es immer wieder zu ungewollten Ablenkungen des Elektronenstrahls kommen. Sehr oft geschieht dies an Vorsprüngen, Nasen und Absätzen.“

Dieses Risiko kennen auch die Mitarbeiter der Pro-beam Gruppe. Das Unternehmen entwickelt seit über 40 Jahren Anlagen und Verfahren für die Materialbearbeitung mit Elektronenstrahltechnik und legt hohen Wert auf magnetisch neutralisierte Teile. Ronny Raasch, Sales Manager bei Pro-beam: „Die tägliche Herausforderung besteht nicht nur darin, bei kleinen Bauteilen und sehr großer Stückzahl die Ablenkung des Elektronenstrahls durch Magnetismus auszuschließen, auch die zum Teil sehr werthaltigen Großbauteile, die wir bearbeiten, setzen Know-how und Erfahrung zur Beseitigung oder Kompensation störender Magnetfelder voraus.“

EB-Schweißanlagen sind oft in Fertigungslinien integriert. So auch im Falle eines großen Getriebeherstellers, der auf zehn Fertigungslinien das Sonnenrad mit einer Getriebewelle verschweißt. Den Verantwortlichen war bekannt, dass bereits schwache magnetische Felder den Elektronenstrahl ablenken und damit die Festigkeit der Schweißnaht gefährden können.

Restmagnetismus,EB Schweißen
Beurteilungskriterien der Bauteilmessung: Deutliche Abweichung einer durch Magnetismus verzognenen Elektronenstrahlschweißnaht. - Quelle: Pro-beam AG

Unter Belastung könnte das Sonnenrad wegbrechen und zum Totalausfall des Getriebes führen. Deshalb entmagnetisiert der Hersteller die Werkstücke vor dem Schweißen gründlich auf Werte unter 1  A/cm (Ampere pro Zentimeter). Alle 25 Sekunden verlässt ein Teileträger mit je einem Sonnenrad und einer Welle die automatische Entmagnetisieranlage in Richtung Schweißstation. Stichproben gewährleisten die Qualität der Schweißnaht. Da alle Parameter präzise einstellbar sind, liefert die Entmagnetisierung verlässliche Ergebnisse.

»Entmagnetisieren ist ein Qualitätsmerkmal, das uns einen Wettbewerbsvorteil verschafft.«

Werner Spicker, Betriebsleiter Krauss Maffei Technologie München

Nachfolgend einige Beispiele aus der Produktion, die die Tücken und Lösungen von Magnetisieren und Entmagnetisieren beschreiben.

Restmagnetismus,Zerspanung
Partikelhaftung bei der Zerspanung. - (Bild: Maurer Magnetic)

Zerspanung: Partikelhaftung

Werner Spicker, Betriebsleiter der Krauss Maffei Technologies, stellte nach den Zerspanungsprozessen eine Remagnetisierung der Bauteile fest. Außerdem führten die hohen Ströme im Verchromungsprozess von Hydraulik-Säulen zu einem Anstieg der magnetischen Feldstärken von bis zu 30 A/cm. Das Anhaften von Metallpartikeln an den magnetischen Säulen würde bei fast 400 bar Systemdruck zur Zerstörung der Dichtungen und zum Ausfall der Maschine führen.

Der Spritzgießmaschinenhersteller schaffte eine Entmagnetisieranlage von Maurer Magnetic an und entmagnetisiert grundsätzlich alle Säulen der CX-Baureihe vor Einbau in die Maschine. Das Verfahren ist so gründlich, dass es keine messbaren Werte hinterlässt.

Spicker zufrieden: „Wir hatten zuvor immer wieder unerklärlichen Schließdruckabfall bei der Inbetriebnahme. Diese Fälle haben sich drastisch reduziert. Entmagnetisieren ist ein Qualitätsmerkmal, das uns einen Wettbewerbsvorteil verschafft.“

Restmagnetismus,Tauchlackierung
Späne am Querlenker sind ein Problem beim Tauchlackieren. - (Bild: gourmecana - Fotolia)

Tauchlackierung: Späne am Querlenker

Die Umstellung eines Automobilherstellers auf automatische Drehmomentüberwachung bei der Montage führte recht bald zu einem Produktionsstopp. Der Grund: Die Anzugsmomente für die Befestigungsschrauben von Querlenkern waren zu hoch.

Die Bauteile waren bei einem Zulieferer mittels kathodischer Tauchlackierung, KLT, gegen Korrosion behandelt worden. Bei der Suche nach den eigenartig erhöhten Drehmomentwerten fiel den Produktionsverantwortlichen die raue Oberfläche der Querlenker auf. Es handelte sich um Späne und andere metallische Partikel, die sich offenbar im Tauchbad befanden und nun die Materialoberfläche störten.

Verwirrend war der Umstand, dass Querlenker aus der eigenen Produktion keine nennenswerten Rauigkeiten aufwiesen. Der Zulieferer untersuchte die Füllung des Tauchbades, wurde aber bezüglich der Verunreinigungen nicht fündig. Die Tatsache, dass es sich um metallische Partikel handelt, brachte schließlich jemand auf die richtige Spur. Messungen am Querlenker zeigten Magnetismus mit Feldstärken bis zu 30 A/cm.

Die Bauteile wurden durch die vorangegangenen Bearbeitungsschritte magnetisiert und trugen auf diese Weise die Partikel in das Tauchbad ein. Im deutlich größeren KLT-Bad des OEMs gab es die gleichen Verunreinigungen, allerdings stark ‚verdünnt‘. Seit Hersteller und Zulieferer die Teile vor dem Tauchvorgang entmagnetisieren, ist das Problem behoben.

Restmagnetismus,wafer
Auch bei der Wafer-Herstellung ist Restmagnetismus ein Problem. - (Bild: science photo - Fotolia)

Wafer Processing: Magnetismus im Wälzlager

Eine irische Mikrochipfabrik betreibt eine Rundtaktanlage für das Wafer Processing. Die Basis für das Bearbeitungs-Karussell sind drei große ineinander liegende Wälzlager mit bis zu drei Metern Durchmesser. Die Rundtaktanlage wird in einem Hoch-Reinraum zusammen mit sehr empfindlichen Messgeräten betrieben. Während des Betriebs stellte sich jedoch heraus, dass zwei Elektronenstrahlmikroskope erheblich gestört wurden. Die Ursache war Magnetismus im Wälzlager.

Das magnetische Feld war so stark, dass die Mikroskope, trotz Fremdfeldkompensationen, derart gestört wurden, dass sie nicht mehr korrekt arbeiteten. Die Magnetfelder konnten entstehen, da die Lager nicht gründlich entmagnetisiert wurden. Aufgrund der Größe und der Verwendung verschiedener Materialien war es dem Entmagnetisierungsverfahren des Herstellers nicht gelungen, alle magnetischen Domänen zu neutralisieren.

In dieser misslichen Lage gab es zwei Alternativen. Entweder das Lager auszubauen, was enorme Kosten sowie erhebliche Produktionsausfälle bedeutet hätte. Oder die Lager vor Ort entmagnetisieren zu lassen. Maurer: „Mit unserer mobilen Entmagnetisieranlagen gelang es uns, das Großwälzlager auch im Inneren auf Werte < 2 A/cm zu entmagnetisieren. Seit nunmehr sieben Jahren arbeiten die Mikroskope einwandfrei.“

In der Fügetechnik kann Restmagnetismus die Präzision negativ beeinflussen.
In der Fügetechnik kann Restmagnetismus die Präzision negativ beeinflussen. - (Bild: Maurer Magnetic)

Fügetechnik: Magnetismus lenkt Elektronenstrahl ab

Ein Unternehmen, das Großteile von mehreren Tonnen Gewicht mit EB verschweißt, hatte immer wieder Probleme mit der Präzision tiefer Schweißnähte. Auf Schliffbildern sieht man, dass trotz vorheriger Entmagnetisierung der Elektronenstrahl abgelenkt wurde und der Schweißkanal nicht exakt mittig zum Materialstoß verläuft. Das Unternehmen wandte sich an Maurer Magnetic.

Er wies per Messung nach, dass in der Tiefe des Materials noch Restmagnetismus existierte. Entmagnetisierversuche mit dem Maurer Degaussing Verfahren zeigten, dass es möglich ist, auch Teile mit großen Dimensionen und Massen von mehreren Tonnen ganzheitlich magnetisch zu neutralisieren. Zum Einsatz kommt eine mobile Entmagnetisieranlage, die sich leicht an unterschiedliche Bauteilgeometrien anpasst. Die Schweißergebnisse sind entsprechend perfekt.

Weitere Beispiele:

Magnetismus in der Kardanwelle: Bei einem Hersteller schlugen bei der Montage von Kardanwellen die Drehmomentwächter Alarm. Es wurden die unterschiedlichsten möglichen Phänomene untersucht, bis man auf die eigentliche Ursache stieß. Auch die Kardanwellen waren nicht vollständig entmagnetisiert. Während des Transports an einer automatischen Fördereinrichtung schweben sie nur wenige Zentimeter über dem Boden, von dem sie metallische Partikel aufnahmen …

Magnetismus in Welle und Exzenter: Ein renommierter Pressenhersteller wollte durch das EB-Verschweißen eines Exzenters mit einer Welle den Fertigungsaufwand verringern. Auch nach etlichen Versuchen bekam man das Verfahren nicht in den Griff. Der Hersteller der Schweißanlage hatte den Verdacht, dass Restmagnetismus die Ursache des Problems sei. Nach der gründlichen Entmagnetisierung von Welle und Exzenter verliefen die anschließenden Schweißversuche problemlos.

Andere ‚Entmagnetisierer‘:

Vallon: www.entmagnetisieren.de/

BMS: http://de.bms-industrie.com/

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