Luftaufnahme Agfa Werk Peißenberg, Agfa Gevaert

Idylle auf der grünen Wiese am Fuße der bayerischen Alpen: 312 Mitarbeiter montieren hier Hightech-Geräte für die Medizintechnik. - (Bild: Agfa Gevaert)

Im oberbayerischen Pfaffenwinkel ist die Welt noch in Ordnung. Die Probleme der großen, weiten und oftmals bösen Welt scheinen weit weg zu sein. Saftige Wiesen, glückliche Kühe und ein unverstellter Blick auf die malerische und majestätische Kulisse der bayerischen Alpenkette. Hier suchen viele gestresste Zeitgenossen aus den nördlichen Regionen unseres Landes Ruhe und Erholung. Entschleunigung ist das Motto ihres Urlaubs.

Doch halt: Nicht überall geht es hier so beschaulich zu! Der Markt Peißenberg am Fuße des bekannten Aussichtsbergs Hoher Peißenberg hat sich zum Hochtechnologiestandort gemausert. Er kann daher als ein Paradebeispiel einer geglückten Industriepolitik gelten.

Industriestandort Peißenberg

Wie das kam? Bis in die 1960er-Jahre wurde im Hohen Peißenberg Pechkohle abgebaut. Mit dem Siegeszug des Erdöls wurde dieser Energieträger überflüssig. Die Region stand am Abgrund. Wie sollte man die vielen Bergleute in Lohn und Brot bringen? Ein alternativer Plan musste her und der kam von Politikern wie dem damaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Dessen Ziel damals war die Reindustrialisierung Bayerns und er war der Region besonders eng verbunden, da seine politische Karriere im unmittelbar benachbarten Schongau begann.

Erfolgreich wurden einige Hightech-Unternehmen wie Siemens und MTU in Peißenberg angesiedelt. Es zeigte sich schnell, dass die ehemaligen Bergleute hartes und engagiertes Arbeiten im wahrsten Sinne des Wortes von der Pike auf gelernt hatten. Hemdsärmliges Zupacken statt Jammern hieß die Devise.

Ansiedlung von Agfa HealthCare

Und davon profitierte auch ein weiteres Unternehmen der ersten Stunde am neuen Industriestandort Peißenberg: AGFA Health Care. 1970 wurde das Werk gegründet und ein erstes Produktionsge­bäude für Teilefertigung und Monta­ge gebaut. Dann ging es schnell aufwärts: Von der ursprünglichen ‚verlängerten Werkbank‘ des ­AGFA-Camerawerks in München mauserte sich das Werk zu einem der modernsten und effizientesten Gerätehersteller in der Medizintechnik.

Und auf diesen Erfolg haben die Mitarbeiter ‚Brief und Siegel‘: 2016 wurde das Werk Peißenberg zum dritten Mal als ‚Fabrik des Jahres‘ in Deutschlands härtestem Benchmark ausgezeichnet, diesmal in der Kategorie ‚Hervorragende Teilefertigung und Montage‘.

Weltweiter Verkauf von hochmodernen Digitizern für die Radiologie

In den 90er Jahren startete von Peißenberg aus der Siegeszug der digitalen Radiologie mit dem Röntgenbildscanner ADC 70. Heute wird ein breites Spektrum an Produkten für den weltweiten Verkauf geliefert: Hochmoderne Digitizer für die Radiologie und für die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung, das ganze Portfolio der Röntgenbilddrucker und Geräte und Gestelle für OEM-Kunden.

Abbildung Herbert Klein in der Produktionsstätte von Agfa Gevaert
Werkleiter Herbert Klein mit einem typischen Blechbauteil. Der gestandene Bayer hat sein Werk zu Höchsleistungen angespornt. - (Bild: Produktion)

„Unsere hochkomplexen und technologisch einzigartigen Geräte werden nur im Business-to-Business-Geschäftsmodell vertrieben und somit bekommt man im täglichen Leben keinen direkten Kontakt mit den produzierten Gütern aus Peißenberg. Dennoch, in Deutschland kann man sicher sein, dass bei einer Röntgenaufnahme im Krankenhaus in irgendeiner Form Agfa HealthCare involviert ist und somit auch ein Produkt aus der Fertigung Peißenberg“, berichtet Werkleiter Herbert Klein.

Ein Rundgang durch die Hallen zeigt schnell, warum das Werk derart erfolgreich ist: motivierte Mitarbeiter, modernste Technik und eine hervorragende Organisation. Und nicht zuletzt natürlich der Werkleiter: Herbert Klein ist ein gestandener Bayer und bei seinen Mitarbeitern beliebt und hoch angesehen.

Das Werk Peißenberg in Kürze

  • Das Agfa Werk Peißenberg wurde 1970 gegründet.
  • 312 Mitarbeiter montieren hier auf einer Produktionsfläche von 16 500 Quadratmetern hochkomplexe und technologisch einzigartige Geräte der Medizintechnik und der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung.
  • Dreimal hat das Werk im Wettbewerb ‚Fabrik des Jahres‘ gewonnen: 2009 in der Kategorie ‚Hervorragende Montage‘, 2012 in der Kategorie ‚Hervorragende Kleinserienfertigung‘ und 2016 in der Kategorie ‚Hervorragende Teilefertigung und Montage‘.

Engagierte Mitarbeiter durch permanente Weiterbildung

Agfa Werk Peißenberg
Konzentriert und gewissenhaft wird in der Montage gearbeitet. So ist das Werk auch in Zeiten der Globalisierung wettbewerbsfähig. - (Bild: Agfa Gevaert)

„Die größte und wichtigste Konstante in unserem Werk ist der Mensch. Der Erfolg unseres Werks steht und fällt mit dem Engagement der Mitarbeiter“, so Herbert Klein. Und für deren Motivation hat das Werk einiges getan: Bereits 1991 wurde die Gruppenarbeit mit größtmöglicher Flexibilität für die Mitarbeiter eingeführt. „Wir haben erkannt, dass wir den Mitarbeitern die Möglichkeit geben müssen, ihre Fähigkeiten während der Arbeitszeit zu entfalten“, sagt Herbert Klein.

Mitarbeiter posieren von dem Agfa Werk Peißenberg, Agfa Gevaert
312 Mitarbeiter montieren im Werk Peißenberg hochkomplexe Geräte der Medizintechnik und der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung. - (Bild: Agfa Gevaert)

Schritt für Schritt entstand so das ‚Produktionssystem Peißenberg‘, das heute gelebt wird. Wichtige Säulen dieses Prinzips sind die Qualifikation und Weiterbildung der Mitarbeiter. Eine Null-Fehler-Einstellung gehört ebenso dazu wie die Entwicklung von klaren Zielvorgaben, die Umsetzung von Produktionsprinzipien wie Kanban oder Konsignation, die Optimierung der Supply Chain oder die Definition von Kernkompetenzen.

Große elektronische Tafeln an der Decke beispielsweise signalisieren allen Mitarbeitern die Tagesziele der Produktion sowie den Status quo für den schnellen Überblick. Wesentlicher Bestandteil ist die hohe Eigenverantwortung der Mitarbeiter für das entstehende Produkt. „Unsere Mitarbeiter haben gelernt, sich für ‚ihr‘ Gerät verantwortlich zu fühlen und alles zu tun, dass es keine Fehler gibt“, erklärt Herbert Klein.

Hightech in der Produktion

Blechbearbeitungsanlage des Herstellers Trumpf bei Agfa Gevaert
Was geht, wird automatisiert: Hier die hochmoderne Blechbearbeitungsanlage des Herstellers Trumpf im Einsatz. - (Bild: Agfa Gevaert)

Dass diese Strategie aufgegangen ist, spürt man: Beim Rundgang durch das Werk blickt man nur in freundliche Gesichter und jeder Mitarbeiter wirkt motiviert und engagiert. Kein Wunder also, dass die Fluktuationsrate bei den Mitarbeitern gegen Null tendiert. Zur Motivation trägt aber auch Hightech bei: An einer vollautomatischen Biegestation der Firma Trumpf werkeln Roboter emsig vor sich hin. „Diese Anlage gehört mit zum Besten und Teuersten, was es derzeit auf dem Markt gibt“, berichtet Klein stolz.

Für einen reibungslosen Montageablauf wurden einzelne Bauteile zu Baugruppen zusammengefasst. „Das erleichtert die Abläufe der Montageschritte erheblich“, erklärt Klein. Aus diesen vormontierten Baugruppen entstehen in weiteren Montageschritten die Großbaugruppen eines Gerätes. Durch eine ergonomische und hochflexible Arbeitsplatzgestaltung werden effiziente und wirtschaftliche Produktionsprozesse realisiert. Durch Integration der Hauptbaugruppen in das Gestell und die erforderliche Verdrahtung entsteht dann ein mechanisch fertig gestelltes Produkt.

Fazit

Keine Angst vor China: – das Werk Peißenberg zeigt, was in Deutschland möglich ist, wenn Hightech, perfekte Organisation und motivierte Mitarbeiter zusammentreffen. Dazu Klein: „Die Wettbewerbsfähigkeit des Werkes Peißenberg im globalen Umfeld basiert auf dem Leistungswillen der hoch motivierten Belegschaft und es wird sicher auch die Zukunft meistern.“

Die Agfa-Gevaert Gruppe

Agfa-Gevaert ist ein weltweit führender Anbieter von Imaging Lösungen und entwickelt, produziert und vertreibt analoge und digitale Produkte und Systeme für die Herstellung, Archivierung und Reproduktion von Bildern. Diese Lösungen kommen besonders im Gesundheitswesen, der Druckindustrie und vielen anderen Bereichen wie Luftbildfotografie und im Kino zum Einsatz. Daneben beschäftigt sich Agfa mit innovativen Technologien für spezielle Lösungen, zum Beispiel im Bereich des Sicherheitswesens.

Der Sitz der Agfa-Gaevert Gruppe ist in Mortsel/Belgien und weltweit beschäftigt Agfa mehr als 10 000 Menschen. Der Umsatz des an der Brüsseler Börse notierten Unternehmens betrug im Geschäftsjahr 2015 mehr als 2,65 Mrd Euro.

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Der Name „ Die Fabrik des Jahres“ steht seit einem viertel Jahrhundert sowohl für den renommiertesten Benchmark-Wettbewerb in der deutschen und europäischen Industrie wie auch für den profiliertesten Fachkongress zum Thema Zukunft der Fertigung und Best of Production.

Gemeinsam mit Experten der Unternehmensberatung A.T.Kearney vergibt die Fachzeitung Produktion den Preis „Die Fabrik des Jahres/Global Excellence in Operations (GEO)“ in mehreren Kategorien und richtet den Kongress aus.

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