"Wenn alle Unternehmen die Tarifbindung verlassen, kann die Gewerkschaft zusehen, wie sie sich im Häuserkampf durchschlägt", so Dulger. Der Vertrag regelt seit Jahrzehnten die Arbeitsbedingungen von 1,9 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektrobranche.
In dem wichtigen Industriezweig gebe es seit längerem Klagen, dass die IG Metall viele Betriebe überfordere. Die Gewerkschaft setze zu hohe Löhne und zu viel Freizeit durch. Dulger sagte der Zeitung, dies führe zu immer mehr Austritten aus seinem Verband.
Von der IG Metall fordert er, dass sogenannte Tagesstreiks künftig nur nach einer gescheiterten Schlichtung erlaubt sein dürfen. Bei der Tarifrunde 2018 hätten diese Streiks insgesamt drei Millionen Arbeitsstunden gekostet. Dagegen könnten sich die Arbeitgeber bisher "gar nicht" wehren, sagte Dulger.
Die letzte Tarifrunde war besonders umkämpft. Nach mehreren Wochen mit Warn- und Tagesstreiks setzte die IG Metall eine Steigerung der Löhne von 4,3 Prozent durch. Zudem dürfen die Beschäftigten in diesem Juli wählen zwischen acht zusätzlichen freien Tagen oder einer Sonderzahlung in Höhe von 27,5 Prozent eines Brutto-Monatslohns.
"Es war ein sehr, sehr hoher Abschluss, der bei uns zu Austritten geführt hat", sagte Dulger. "Ich habe da wirklich Sorgen: Sowohl, was die Tarifbindung der Betriebe, als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie betrifft."
Mindestlöhne in der EU: So groß sind die Unterschiede
Ein Unterschied wie Tag und Nacht: Die gesetzlichen Brutto-Mindestlöhne pro Monat in diesen 22 EU-Ländern variieren enorm. Zwischen dem Gehalt des letzten und des ersten Platzes liegen Welten. Oder um es in Zahlen auszudrücken: 1.738 Euro. Zum Ländervergleich!