Das Wochenendbier der "Produktion" - in diesem Webcast-Format sprechen die Chefredakteure Claus Wilk und Stefan Weinzierl meinungsstark und unabhängig über die Themen aus Maschinenbau und Industrie, die in der laufenden Woche in der Redaktion hochploppen, recherchiert werden und die Branche beschäftigen. In dieser Ausgabe ersetzt ein überaus kompetentes und erfahrenes Mitglied der Redaktion den jüngeren der beiden üblichen Protagonisten: Peter Koller, vielen bekannt als Chefredakteur der "Automation NEXT". Er berichtet von seinen Eindrücken auf der Hannover Messe 2025.
Trends von der Hannover Messe 2025: KI und kognitive Robotik verändern die Automatisierung
Roboter, die durch Gesten lernen, sich über die Cloud mit ihren Kollegen austauschen und flexibel Aufgaben wechseln? Was vor wenigen Jahren noch nach Science-Fiction klang, wird nun in der industriellen Automatisierung Schritt für Schritt Realität. Peter Koller, Chefredakteur der "Automation NEXT", hat sich auf der Hannover Messe 2025 umgesehen – und spannende Entwicklungen entdeckt. Im Gespräch mit Claus Wilk im „Wochenendbier“-Webcast berichtet er von Innovationen, die auch für kleinere und mittlere Unternehmen hochinteressant sind.
Einstiegshürden sinken – Automatisierung für alle?
„Was mich wirklich überrascht hat, ist, wie sehr die Branche daran arbeitet, Automatisierung leichter zugänglich zu machen“, schildert Peter seinen Eindruck direkt zu Beginn. Denn die Messe, so zeigt sich, präsentiert nicht nur neue Roboter, sondern vor allem durchdachte Lösungen, um die Lücke zwischen Hightech und Mittelstand zu schließen.
Ein Beispiel: Ein namhafter Cobot-Hersteller bringt ein Kit auf den Markt, das den kollaborativen Roboter per Zusatzmodul und KI-Software zu einem „kognitiven“ Helfer aufrüstet – ohne komplexe Programmierung. „Das spricht genau die typischen Mittelständler an, die oft keine riesige Entwicklungsabteilung im Haus haben“, sagt Peter. Die Systeme lassen sich mit überschaubarem Aufwand in Betrieb nehmen, manche sogar in wenigen Tagen.
Multimodale Programmierung – Roboter lernen sehen, hören, fühlen
Besonders beeindruckend: Die neuen Systeme setzen verstärkt auf sogenannte multimodale Programmierung. „Neben dem klassischen Teaching sehen wir immer mehr intuitive Methoden – über Sprache, Gesten oder visuelle Erkennung“, erklärt Peter. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten für flexible Prozesse. Ein Roboter, der morgens Maschinen bestückt und nachmittags fertige Teile sortiert? Durchaus realistisch.
Humanoide Robotik – Noch nicht mehr als ein Hingucker?
Und wie steht es um die derzeit viel diskutierte humanoide Robotik? Auch dazu gibt Peter einen Einblick: „Ja, humanoide Roboter waren da – aber meist noch eher als Showelement.“ Die spektakulären Videos aus China seien oft mit Vorsicht zu genießen. „Der Alltagseinsatz in der Industrie? Da wird es noch ein paar Jahre brauchen.“
Aber: Der Wunsch nach flexiblen, mobilen Robotern, die sich an wechselnde Aufgaben anpassen können, sei spürbar vorhanden – vor allem in kleineren Fertigungen, die sich keine spezialisierten Roboter-Armeen leisten können.
KI als Enabler der Matrixproduktion
Spannend wurde es für Peter, als es um die große Vision der Matrixproduktion ging. „Der Traum vieler Werkleiter ist es, zu den Kosten der Massenfertigung flexibel auch Losgröße 1 herzustellen“, erklärt er. Kognitive Roboter könnten genau hier eine Schlüsselrolle spielen, weil sie durch KI-gestützte Lernverfahren Varianten schneller erkennen und ohne aufwendiges Umprogrammieren agieren können.
Noch interessanter: Die Verknüpfung dieser Roboter mit Cloud-Daten. „Roboter, die nicht nur selbst lernen, sondern auch von den Erfahrungen ihrer Artgenossen profitieren – das wäre ein echter Gamechanger“, betont Peter. Erste Plattformen, etwa von Nvidia, ermöglichen bereits, synthetische Trainingsdaten in riesigem Umfang zu generieren und die Systeme so noch schneller lernfähig zu machen.
Von der Allzweck-KI zum Fachidioten?
Eine weitere Entwicklung, die Peter auffiel: Der Trend zu spezialisierten Agentensystemen. Statt großer, generalistischer KI-Modelle setzen viele Unternehmen mittlerweile auf „kleine KI-Fachidioten“, die gezielt für einzelne Aufgaben trainiert werden. „Die können beispielsweise tausendseitige Anforderungskataloge in Konstruktionsprojekten automatisiert auswerten – eine Aufgabe, die sonst Wochen dauert“, so Peter.
Die KI ist da – und bleibt
Für Peter steht nach der Hannover Messe fest: „Die KI wird bleiben. Und sie wird die Automatisierung verändern – nicht nur bei den Großen, sondern auch im Mittelstand.“ Die Kombination aus smarter Robotik, Künstlicher Intelligenz und praxisnaher Umsetzung senkt die Hürden und eröffnet neue Spielräume. Die nächsten Jahre dürften spannend bleiben – auch für Unternehmen, die sich bisher vor der Automatisierung gescheut haben.