Das Wochenendbier der "Produktion" - in diesem Webcast-Format sprechen die Chefredakteure Claus Wilk und Stefan Weinzierl meinungsstark und unabhängig über die Themen aus Maschinenbau und Industrie, die in der laufenden Woche in der Redaktion hochploppen, recherchiert werden und die Branche beschäftigen. In dieser Ausgabe: Ein kurzer Jahresrückblick zum Thema Jammern, hohem Niveau und real existierenden Herausforderungen.

Der „kranke Mann Europas“? Ein veraltetes Narrativ

„Es ist ein Begriff, den ich persönlich ablehne“, betont Claus Wilk mit Nachdruck. Gemeint ist das Bild von Deutschland als „krankem Mann Europas“. Er hebt aber hervor, dass eine differenzierte Betrachtung notwendig ist: „Ein Teil dessen, was wir beobachten, ist hausgemacht. Andere Herausforderungen erfordern politische Korrekturen oder betreffen strukturelle Probleme, die dringend renoviert werden müssen.“

Ein zentrales Problem bleibt die Abhängigkeit von internationalen Märkten wie China und den USA. Weinzierl ergänzt: „Die Lage in China und die Entwicklungen in den USA machen es deutschen Unternehmen aktuell wirklich schwer.“

Der Mittelstand als Rückgrat – und Sorgenkind

Besonders betroffen sei der deutsche Mittelstand, vor allem in der Maschinenbau-Branche. „Während Großunternehmen durch Standortverlagerungen flexibler reagieren können, fehlt dem Mittelstand diese Option. Die bürokratische Last macht es ihnen zusätzlich schwer“, erklärt Claus. Beide fordern weniger Bürokratie – nicht nur in Deutschland, sondern auch auf europäischer Ebene.

Beide heben die Resilienz der deutschen Wirtschaft hervor: „Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Unternehmen eine hohe Anpassungsfähigkeit besitzen. Diese Flexibilität hat in der Vergangenheit oft dazu beigetragen, auch aus schwierigen Situationen gestärkt hervorzugehen.“

Elektromobilität und technologieoffene Zukunft

Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Elektromobilität. Stefan kritisiert, dass die politischen Vorgaben nicht immer mit der Realität übereinstimmen: „Der Verbraucher will derzeit schlichtweg keine E-Autos kaufen. Die Industrie hätte vermutlich anders entschieden, wenn man sie gelassen hätte.“

Für die Zukunft fordern beide mehr Technologieoffenheit. „Es geht darum, ökologische und ökonomische Aspekte zu verbinden“, sagt Claus. „Ein dicker Strich muss unter die ökologischen Aspekte gesetzt werden – aber das Ganze muss auch wirtschaftlich tragfähig bleiben.“

Planungssicherheit als Schlüssel

Ein Punkt, der beiden am Herzen liegt, ist die Planungssicherheit für Unternehmen. „Was viele gerade bemängeln, ist die Unsicherheit, die durch erratische politische Entscheidungen entsteht“, sagt Claus. „Es muss an den Wurzeln klar sein, wo es langgeht. Unternehmen brauchen langfristige Perspektiven, gerade in einer Welt, die sich gefühlt immer schneller dreht.“

Ein optimistischer Ausblick

Trotz aller Herausforderungen bleibt das Duo zuversichtlich. „Die deutsche Industrie hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sich nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Die Entscheidungen werden jetzt fundierter getroffen, und ich freue mich darauf, was die Zukunft bringt“, schließt Stefan optimistisch.

In diesem Sinne stoßen die beiden auf ein erfolgreiches neues Jahr an – und hoffen, dass die deutsche Industrie ihre Stärke und Anpassungsfähigkeit erneut unter Beweis stellen wird.

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