Eine Ingenieurin, die eine Gesichtsmaske trägt, überprüft eine Maschine in einer Fabrik

Die deutsche Wirtschaft wird sich nur langsam von der Coronakrise erholen. - (Bild: Adobe Stock/visoot)

Hohe Arbeitslosigkeit, Insolvenzen und sinkende Produktion: Fast täglich gab es zu Beginn der Corona-Pandemie Horrormeldungen aus der Wirtschaft. Doch wie sieht die Situation jetzt aus? Und vor allem: Wie wird es weitergehen? Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) in seiner neuesten Prognose berechnet.

Die nicht ganz so schlechte Nachricht vorneweg: Der wirtschaftliche Einbruch ist historisch, aber weniger stark als erwartet, erklärt Dr. Claus Michelsen, Konjunkturchef des DIW in einem Pressegespräch. Die schlechte Nachricht: Frühestens Ende 2021 wird die deutsche Wirtschaft das Vorkrisen-Niveau erreichen.

Und dazwischen? Das DIW geht davon aus, dass es bis zum Sommer 2021 eine kräftige Erholung gibt, die sich dann aber abschwächt. Das Wachstum werde danach deutlich schwächer ausfallen, so Michelsen.

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In ihrer aktuellen Prognose gehen die Wirtschaftsforscher außerdem davon aus, dass es keine zweite Infektionswelle gibt. Bei anderen Volkswirtschaften wie Spanien und Frankreich könne man das schon in Frage stellen, erklärt Michelsen. Nach aktuellen Daten gibt es in Spanien derzeit wieder über 3.000 neue Fälle, im Nachbarland Frankreich sind es über 5.500.

Die wichtigsten Kennzahlen zur wirtschaftlichen Lage im Überblick

Wie entwickelt sich die Wirtschaft bis 2022? Die  Grafik zeigt die globalen Entwicklungen, aber auch die Prognose für Europa und Deutschland.
Wie entwickelt sich die Wirtschaft bis 2022? Die Grafik zeigt die globalen Entwicklungen, aber auch die Prognose für Europa und Deutschland. - Grafik: Anja Ringel; Quelle: DIW Berlin

Die Grafik zeigt deutlich: Die deutsche Wirtschaft wurde von der Pandemie weniger schwer getroffen als die Weltwirtschaft. Der Konjunkturforscher nennt dafür zwei Gründe: Die Exporttätigkeit nach Fernost habe wieder kräftig angezogen und die Bundesregierung habe sehr entschlossen auf die Krise reagiert. Kurzarbeit und Liquiditätshilfen hätten wesentlichen Schaden abgewendet, erklärt Michelsen. 

In Deutschland entwickeln sich die Bereiche Investitionen, Konsum und Exporte laut DIW folgendermaßen:

Die Grafik zeigt, wie sich Investitionen, Konsum und Export in Deutschland von 2020 bis 2022 entwickeln werden.
Vor allem die Investitionen gehen dieses Jahr zurück. - Grafik: Anja Ringel; Quelle: DIW Berlin

Ein Minus von 19 Prozent bei den Investitionen sei schon „sehr heftig“, sagte Michelsen. Diese Verluste könne man auch 2021 bei weitem noch nicht aufholen. „Deutschland schneidet im europäischen Vergleich sehr gut ab“, sagt Marcel Fratzscher, Präsident des DIW Berlin. Dennoch werde die Bundesrepublik erst 2023 wieder das Investitionsniveau erreichen, das es vor Covid-19 hatte. Eine der größten Herausforderungen sei dabei der Strukturwandel. Das zeige sich auch an der aktuellen Debatte über die Autoindustrie. Einer tiefen Rezession folgt also eine langsame Erholung.

Das gilt auch weltweit. So steigt zum Beispiel die Mobilität in vielen Ländern wieder und hat teilweise schon das Vorkrisenniveau erreicht. In den Monaten davor sei die Mobilität teilweise auf 25 Prozent des normalen Werts abgesackt, berichtet Michelsen. Inzwischen zeige sich auch, dass nach den dramatischen Produktionseinbrüchen im Frühjahr langsam die Zuversicht zurückkehre.

Arbeitslosigkeit steigt EU-weit

Sorgen bereiten Michelsen dagegen die Arbeitsmärkte. In der EU lässt sich ein flächendeckender Anstieg der Arbeitslosigkeit feststellen. Wie weit diese ansteigt, hänge stark vom Ablauf der Pandemie ab.

Derzeit gehen die Wirtschaftsexperten davon aus, dass die der Arbeitsmarkt wieder erholt, sobald sich die allgemeine Situation ebenfalls entspannt. Im Euroraum rechnet das DIW 2020 mit einer Arbeitslosenquote von 9,1 Prozent – 2019 waren es noch 7,5 Prozent. 2021 gibt es der Prognose zufolge dann noch einmal einen Anstieg auf 9,7 Prozent, 2020 dann einen leichten Rückgang auf 8,6 Prozent.

Wie stark die Coronakrise sich auf die Bilanzen der deutschen Unternehmen und den Arbeitsmarkt auswirken wird, ist jedoch noch nicht sicher. Einer der Gründe: Die Insolvenzantragspflicht wurde gerade erst verlängert. Die konkreten Folgen werden deshalb erst in einigen Monaten sichtbar werden, so die Forscher.

Forscher fordern Zukunftsprogramm

„Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung viele Hilfsmaßnahmen verlängert hat“, sagt Fratzscher. „Jetzt Debatten um die Schuldenbremse oder eine baldige Beendigung der Unterstützung für Arbeitnehmer und Unternehmen zu führen wäre falsch, da dies viel Vertrauen zerstört.“ Gleichzeitig dürfen diese Maßnahmen jedoch den wichtigen Strukturwandel, etwa in Bezug auf Klimaschutz und Digitalisierung, auch in der Automobilbranche, nicht blockieren, so der DIW-Präsident.

Eine sinnvolle Ergänzung zur bisherigen Politik wäre nach Ansicht der Forscher, die erheblichen Investitionsbedarfe in Deutschland anzugehen und die kurzfristige Stabilisierungspolitik durch ein Zukunftsprogramm zu ergänzen. Denn: Die Krise werde Deutschland noch eine ganze Weile beschäftigen“, erklärt Konjunkturchef Michelsen.

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