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Der neue US-Passat wurde am Montag in New York vorgestellt. - (Bild: VW)

Das, was hier gerade mit Volkswagen geschieht, ist völlig unverhältnismäßig. So sieht das zumindest Börsenexperte und Buchautor Dirk Müller in einem Gastkommentar auf n-tv. Der Rücktritt von Firmenchef Martin Winterkorn sei "genauso lächerlich wie die ganze Aufregung", findet Müller.

Volkswagen habe die Tests für Diesel-Abgaswerte manipuliert, was nicht zu tollerieren sei und Konsequenzen haben müsse. "Aber es sei noch einmal betont, dass wir über geschönte Abgaswerte reden und nicht etwa über funktionslose Airbags, versagende Bremssysteme, über die die Fahrer nicht rechtzeitig informiert wurden, oder wissentlich defekte Zündschlösser, die zu zahlreichen Todesfällen geführt haben. So der Fall bei anderen Autoherstellern. Es geht lediglich um geschönte Abgaswerte", hebt der Kritiker hervor.

Frontalangriff auf die deutsche Autoindustrie

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(Bild: Dirk Müller)

Doch woher kommt jetzt diese überbordende Aufregung über VW? "Wem nutzt es, sei an dieser Stelle gefragt. Reibt sich Ferdinand Piëch heute die Hände, wie so manche glauben? Das denke ich nicht", konstatiert Müller. Der Schaden an seinem Lebenswerk und dem Wert seiner Aktienpakete sei zu groß. 

 

"Aber ist es nicht ein bemerkenswerter Zufall, dass dieses Thema just an jenem Tag in den USA hochkommt, an dem VW dort seinen lang erwarteten neuen Passat vorstellt, das Fahrzeug, dass in den nächsten Jahren den Heimatmarkt von GM und Ford aufwirbeln sollte? Man scheint diese zweifellos unschöne Situation zumindest nun brutalstmöglich ausnutzen zu wollen", meint Müller. Ein frontaler Angriff auf die bisher übermächtige deutsche Automobilindustrie, das Herz der deutschen Wirtschaft, sei die Folge.

 

Die Deutschen spielen das Spiel mit

Und was machen wir? Wir spielen dieses Spiel mit Begeisterung mit, warnt Müller: "Wir stellen selbst alle deutschen Autohersteller unter Generalverdacht. Faseln vom Ende der Marke "Made in Germany" und bekreischen den Untergang in das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft."

Selbst Kanzlerin Angela Merkel habe sich umgehend zu Wort gemeldet, noch bevor belastbare Fakten auf dem Tisch gelegen hätten. "Wo war denn eigentlich diese Empörung, als die Deutsche Bank von einem Milliardenskandal zum nächsten überging? Devisenmanipulation, Zinsmanipulation, Immobilienskandale, alles in Milliardenhöhe. Wo war hier die Empörung über das verlorene Vertrauen in die deutsche Wirtschaft? Wie viele Vorstände der Deutschen Bank sind deswegen zurückgetreten? Weniger als einer?", fragt Müller kritisch.

VDMA warnt vor Generalverdacht

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) setzt sich indes für die Marke "Made in Germany" ein und fordert, den guten Ruf des Standortes Deutschland zu verteidigen.

Denn Maschinen und Anlagen aus deutscher Produktion seien technologisch führend und würden mit einem Höchstmaß an Genauigkeit und Regelkonformität gebaut. Die Kunden der deutschen Maschinenbauer könnten sich darauf verlassen, dass sie Spitzenleistungen „Made in Germany“ bekommen, betont der VDMA. „Tausende Betriebe, große und mittelständische gleichermaßen, beweisen jeden Tag, dass sie die komplexen Anforderungen sowohl der Kunden als auch der Regulierungsbehörden auf Punkt und Komma erfüllen“, sagt der VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann.

Mit Sorge sieht der VDMA, dass ein Fehlverhalten nun auf die gesamte deutsche Industrie übertragen werden könnte. „Rund eine Million Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland geben allein im deutschen Maschinenbau jeden Tag ihr Bestes, um den verdienten guten Ruf der Industrie zu verteidigen. Es gibt keinen Grund, sie jetzt unter Generalverdacht zu stellen. Das schadet nur dem gesamten Standort Deutschland erheblich“, betont Brodtmann.

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