Eine Frau winkt lachend in einen Bildschirm.

Durch die Coronakrise müssen viele Führungskräfte ihre Teams digital leiten. - (Bild: Вадим Пастух - stock.adobe.com)

Wenn die Mitarbeitenden plötzlich nicht mehr ein Büro weiter, sondern einige Kilometer und einen Anruf entfernt sind, ändert das natürlich auch das Führen im Unternehmen. Für viele ist das eine völlig neue Erfahrung und ist auch über ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie noch eine Herausforderung. Inzwischen haben sich zwar gewisse Routinen entwickelt, es bestehen bei vielen Führungskräften aber noch viele Unsicherheiten beim virtuellen Führen und Online-Kommunizieren, erklärt Hans-Peter Machwürth, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Machwürth.

Fragen seien dabei oft: Wie locke ich bei Online-Meetings eher introvertierte Mitarbeitende aus der Reserve? Oder: Wie spreche ich beim Online-Kommunizieren heikle Themen an? Es sei positiv, dass die Führungskräfte selbst spüren: „Ich sollte aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen mein Führungsverhalten überdenken“, sagt Machwürth.

Außerdem spreche nichts dagegen, dass Entscheider in der momentanen Umbruchphase in ein neues Normal im Dialog gewissen Verhaltensunsicherheiten im digitalen Führen eingestehen. „Schließlich sind auch sie nur Menschen, und dies können, nein sollten ihre Mitarbeiter im Kontakt mit ihnen auch spüren“, erklärt er.

Letztlich gehe es aber darum, dass die Führungskräfte neue Routinen entwickeln, wie sie in dem veränderten Umfeld ihren Bereich professionell führen sowie ihre Beschäftigten motivieren und inspirieren.

Wie kann der Zusammenhalt im Team gestärkt werden?

Ein weiteres Problem: Durch die Pandemie sehen sich die Mitarbeitenden nicht mehr so oft. Wie kann da der Zusammenhalt im Team erhalten und gestärkt werden? „Zwar kann die grundsätzliche Arbeit aus dem Homeoffice sowie eine Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen durch digitale Tools ermöglicht werden, jedoch fehlen die persönlichen und sozialen Aspekte hingegen sehr“, sagt auch Kevin Hähnlein gegenüber PRODUKTION. Er ist Sales Engineer für die DACH-Region bei Unily, einem Anbieter für Digital Workplace-Software.

Eine bloße Virtualisierung aller Meetings werde langfristig zu einer Entfremdung von Kollegen führen und die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen beschädigen, erklärt er. Es sei also einerseits besonders wichtig, organisatorisch und technologisch mehr Möglichkeiten zum multilateralen Austausch, zur Ideensammlung oder zur Aufnahme von Stimmungen und Sorgen zu ermöglichen.

„Andererseits muss kontinuierlich an dem dafür benötigten Mindset und Methodenwissen gearbeitet werden, sodass wirklich alle Mitarbeitenden nicht nur erreicht werden, sondern auch dazu bereit sind, ihr Wissen und ihre Ideen zu teilen, eigene Inhalte zu erstellen und aktiv mit Kollegen in den Austausch zu gehen“, meint der Experte. Hierfür benötige es jede Menge Schulungen, Best Practice Beispiele, aber vor allem auch Geduld. 

Wie kann der Austausch aufrechterhalten werden?

Damit Führungskräfte auch im Homeoffice den Kontakt und Austausch mit ihren Beschäftigten aufrechterhalten können, rät Hähnlein folgendes: Es sei wichtig, möglichst kreativ und flexibel zu sein.

„Klassische Mitarbeiter-Gespräche sollten virtuell viel häufiger stattfinden, dürfen aber nicht der einzige Kommunikationskanal zwischen Führungskraft und Mitarbeitern sein“, meint Hähnlein. Konkret heißt das:

  • „In Form von kurzen Umfragen können Stimmungen zum Beispiel unkompliziert und schnell von vielen Mitarbeitenden aufgenommen werden.“
  • „In Form von kurzen Nachrichten oder Anrufen können zusätzlich noch Kollegen erreicht werden, die in größeren Runden eher zurückhaltend sind.“

Generell sei es derzeit wichtig, jedem das Gefühl zu geben, dass man gemeinsam in dieser herausfordernden Situation stecke und dass man sich gegenseitig unterstütze, das Beste daraus zu machen.

„Pandemiemüde“: Wie können Mitarbeiter motiviert werden?

Doch je länger die Krise anhält, desto mehr Menschen sind „pandemiemüde“. Und doch sollte die Motivation auch auf Distanz aufrechterhalten werden. „Ich denke, das ist eine Aufgabe, für die ein Unternehmen, Führungskräfte, aber auch Mitarbeitende selbst gleichermaßen zuständig sind“, sagt Höhnlein.

Das Unternehmen müsse organisatorisch und technologisch die Basis dafür schaffen, dass eine Zusammenarbeit auf Distanz möglichst nutzerfreundlich möglich sei.

Die Führungskräfte dagegen müssen ein Klima des Vertrauens und des gemeinsamen Miteinander schaffen, welches dann durch das Engagement der Mitarbeitenden ausgefüllt werden müsse, so der Experte. „Sind diese Bedingungen erfüllt gibt es jede Menge Möglichkeiten um auch auf Distanz sogenannte ‚Moments that matter‘ zu schaffen, aus denen man Motivation ziehen kann“, meint er. Das können zum Beispiel Weihnachtsfeiern, ein Townhall Meeting mit dem CEO oder eine virtuelle Kaffeerunde mit Kollegen sein.

Welchen Stellenwert haben digitale Teamevents?

Also „absolut wichtig“ stuft Hähnlein außerdem virtuelle Teamevents ein. Man müsse aber auch dabei flexibel sein, ständig Feedback von allen Teilnehmenden einholen und die Strukturen dieser Events immer wieder hinterfragen. „Nur, wenn es gelingt eine abwechslungsreiche Mischung aus verschiedenen Events, Teilnehmenden und Themen zu ermöglichen, können diese auch langfristig erfolgreich etabliert werden“, erklärt er.

Zudem sollte es größer angelegte Initiativen geben, an denen sich interessierte Mitarbeitende aktiv beteiligen können – zum Beispiel Stärken-Workshops, Working Out Loud-Zirkel oder Reverse Mentoring-Programme. 

Wie sieht die Arbeitswelt nach Corona aus?

Die Veränderungen in der Arbeitskultur werden dabei mit dem Ende der Coronakrise nicht aufhören: „Nach dem ‚Ende‘ der Pandemie, die sich wie eine komplett neue Arbeitswelt anfühlen wird, wird es wichtiger denn je sein, Mitarbeitenden positive Erlebnisse zu bieten“, sagt Höhnlein. Wenn sich die Wirtschaft erholt habe und die Personalbeschaffung wieder anziehe, werden Unternehmen gezwungen sein, begehrenswerte Arbeitsplätze zu schaffen, wenn sie die besten Talente für sich gewinnen und langfristig an sich binden wollen, ist er überzeugt.

„Der digitale Arbeitsplatz wird dabei zu einem Muss werden und Unternehmen, die Projekte zur digitalen Transformation aufgeschoben haben, könnten auf dem falschen Fuß erwischt werden“, erklärt er weiter. Eine hybride Arbeitswelt werde zur Realität werden und Arbeitgeber müssen es für viele Rollen ermöglichen, theoretisch von überall aus arbeiten zu können.

Sie möchten gerne weiterlesen?