Windenergie

Um die Energiewende meistern zu können, muss Deutschland künftig den Strom, der an der Küste erzeugt wird, via Stromtrassen effektiv ins ganze Land transportieren. - (Bild: Pixabay/Bru-nO)

Für die Energiewende braucht Deutschland Tausende neue Kilometer Stromleitungen. Bei den geplanten großen Stromautobahnen sollen vorrangig Erdkabel verlegt werden.

Auf einem eigens gebauten Testfeld der Technischen Universität (TU) Darmstadt in Griesheim soll ein Jahr lang eine gasisolierte Gleichstrom-Übertragungsleitung - kurz DC GIL (Direct Current Gas-insulated Transmission Line) für den Stromtransport über weite Strecken unter realistischen Betriebsbedingungen getestet werden. Solche Leitungen könnten einen Beitrag für die Energiewende darstellen.

Was die Vorteile der neuen Leitungen sind

Die Leitungen sind nach Angaben von Professor Volker Hinrichsen vom Fachbereich Hochspannungstechnik der TU aufgebaut wie eine Pipeline - hintereinander geschweißte Rohre. Da die Isolierung zwischen dem geerdeten Außenmantel und der innen liegenden, stromführenden Leitung aus einem Gasgemisch besteht, sind sie nicht so wärmeempfindlich wie derzeit übliche kunststoffisolierte Stromkabel und können größer Strommengen transportieren.

"Suedlink", eine geplante Kabeltrasse von Schleswig-Holstein nach Baden-Württemberg, soll rund zweimal zwei Gigawatt Leistung übertragen können, wofür mehrere parallele Kabel erforderlich sind. Eine äquivalente Trasse mit den neuen Leitungen könnte nach Angaben des Entwicklerunternehmens Siemens fünf Gigawatt transportieren, was ungefähr der Leistung von vier großen Blöcken eines Kraftwerks entspricht.

Sie können zudem wesentlich platzsparender gebaut werden und wären Hinrichsen zufolge vermutlich auch weniger reparaturanfällig. Die Technik könnte in sensiblen Bereichen wie Naturschutzgebieten genutzt werden, da sie nur ein Drittel des Platzes einer unterirdischen Kabeltrasse benötigt.

Kommen die Leitungen für die Energiewende zu spät?

"Es kann sein, dass es zu spät ist für die deutsche Energiewende, weil dann alle Entscheidungen schon getroffen sind", sagt Hinrichsen. Doch könnte es nach wie vor Verzögerungen im Leitungsnetzausbau geben und bei einer Energiewende müsse man ohnehin auch an Europa und global denken. GIL-Technik sollte auch nicht als Konkurrenz zur Kabeltechnologie etabliert werden, sondern parallel dazu.

"Ich glaube nicht, dass irgendein Betreiber wagen würde, sofort 500 Kilometer gasisolierte Leitung zu verlegen, dafür ist die Technik einfach noch zu unbekannt."

Was würde die neue Technologie kosten?

Eine unterirdisch verlegte Kabeltrasse ist Hinrichsen zufolge mindestens fünf- bis sechsmal so teuer wie eine Freileitung. Eine GIL wird in der Gesamtbilanz mindestens ebenso teuer sein, wie eine unterirdische Kabeltrasse. "Wo das preislich liegt, steht aber noch in den Sternen." Die Leitungen seien ja noch nicht am Markt eingeführt. Die derzeit geschätzten Kosten alleine für die "Suedlink"-Trasse liegen bei rund zehn Milliarden Euro.

Gibt es noch einen Haken bei der neuen Technologie?

Der geplante Langzeittest findet noch nicht zu 100 Prozent in der Verlegetechnik statt, wie später die Leitungen tatsächlich gebaut würden. Zudem ist in dem isolierenden Gasgemisch zur Zeit ein Anteil zwischen 20 und 40 Prozent des starken Treibhausgases Schwefelhexafluorid (SF6). Betreiber könnten nun sagen, sie möchten noch einen Test unter den realen Verlegebedingungen oder mit einem Gasgemisch ohne SF6.

Von wem wurde die Technologie entwickelt?

Die gasisolierten Gleichstrom-Übertragungsleitungen wurden von der Firma Siemens entwickelt. Der Langzeittest wird in einer Zusammenarbeit zwischen Siemens, der TU Darmstadt, der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und der TU Berlin durchgeführt. Gefördert wird das Projekt über Mittel des Bundeswirtschaftsministeriums, des Landes Hessen und des europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE.

Wie weit ist der Ausbau der Stromautobahnen?

Geplant sind insgesamt vier Stromautobahnen. Neben "Suedlink" noch "Suedostlink" von Sachsen-Anhalt nach Bayern und "A-Nord"/"Ultranet" von Emden über Nordrhein-Westfalen bis zum badischen Philippsburg. Eine vierte Trasse ist von Schleswig-Holstein nach Nordrhein-Westfalen angedacht. Der Bundesnetzagentur zufolge sind von 7700 erforderlichen Kilometern bislang rund 1100 gebaut.

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