Ein Einbruch so wie im Frühjahr ist jedoch nicht zu erwarten. -

Ein Einbruch so wie im Frühjahr ist jedoch nicht zu erwarten, auch weil sich das für die Industrie besonders wichtige Auslandsgeschäft bis zuletzt robust zeigte. - (Bild: Cozyta - stock.adobe.com)

Die Industrie hat die deutsche Wirtschaft im zweiten Corona-Lockdown bislang am Laufen gehalten. Einen Rückgang der Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2021 wird sie nach Einschätzung von Ökonomen jedoch kaum verhindern können.

Nach einem Tiefpunkt während der ersten harten Beschränkungen des öffentlichen Lebens im vergangenen April hatte sich die Industrieproduktion kontinuierlich erholt. Im Dezember lag der preisbereinigte Wert der hergestellten Güter nur noch um 1,0 Prozent unter dem Vorjahresmonat und stabil im Vergleich zum November 2020, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte.

Die Industrie im engeren Sinne, also ohne Bergbau und Baugewerbe, legte im Vergleich zum November um 0,9 Prozent zu. "Auch die verschärften Shutdown-Maßnahmen konnten der deutschen Industrie bis Jahresende 2020 kaum etwas anhaben", erläuterte Nils Jannsen, Konjunkturexperte am Institut für Weltwirtschaft (IfW/Kiel). Für den Jahresbeginn zeichne sich aber eine deutlich langsamere Dynamik ab. "Ein Einbruch so wie im Frühjahr ist jedoch nicht zu erwarten, auch weil sich das für die Industrie besonders wichtige Auslandsgeschäft bis zuletzt robust zeigte", prognostizierte Jannsen.

Nach Einschätzung von Commerzbank-Experte Ralph Solveen dürfte das zu erwartende weitere Plus bei der Industrieproduktion nicht ausreichen, um für die Gesamtwirtschaft ein Minus im ersten Vierteljahr 2021 zu verhindern. Zum Jahresende 2020 war die deutsche Wirtschaft trotz des zweiten Lockdowns noch minimal um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen.

Aus den Erfahrungen des Vorjahrs gelernt

Trotz der aktuellen Beschränkungen hat sich die Stimmung in der deutschen Industrie zu Jahresbeginn etwas verbessert. Die Produktionserwartungen in mehreren Branchen erhöhten sich nach Angaben des Münchner Ifo-Instituts. "In der Autoindustrie und der Pharmazie sind die Erwartungen deutlich gestiegen", fasste Ifo-Experte Klaus Wohlrabe zusammen.

In der Bekleidungs- und der Möbelindustrie dagegen ziehen dem Ifo-Institut zufolge dunkle Wolken auf, der Indikator fiel in beiden Branchen auf deutlich negative Werte. Auch die Hersteller von Textilien sowie von Leder, Lederwaren und Schuhen blicken demnach pessimistischer in die Zukunft als noch vor einem Monat.

Deutschlands Mittelständler trifft der aktuelle Corona-Lockdown einer KfW-Umfrage zufolge insgesamt etwas weniger heftig als die Beschränkungen zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020. Nach der in diesem Januar durchgeführten Befragung kämpfen etwa 2,6 Millionen oder 68 Prozent der Mittelständler aktuell mit den Folgen des Lockdowns. Im vergangenen Frühjahr fühlten sich 80 Prozent der kleinen und mittleren Firmen betroffen.

"Viele haben aus den Erfahrungen des Vorjahrs gelernt und neben Geschäftsmodellen offensichtlich auch Kostenstrukturen angepasst", erläuterte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW. Zudem dürfte die wirtschaftliche Erholung im Sommer und Herbst geholfen haben, Liquiditätsreserven wieder aufzufüllen. Auch die staatlichen Hilfsmaßnahmen trügen zur Stabilisierung bei.

Konjunktur in China zieht an

Im ersten Lockdown waren Lieferketten teilweise gerissen. Industrieunternehmen mussten unter anderem wegen fehlender Teile die Produktion herunterfahren oder zeitweise ganz dicht machen. Das hinterließ deutliche Spuren in der Gesamtbilanz 2020. Nach Angaben der Wiesbadener Statistiker stellte das produzierende Gewerbe 8,5 Prozent weniger als 2019.

Eine Rolle bei der Erholung der Industrie spielt Ökonomen zufolge auch die anziehende Konjunktur in China. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist für Waren "Made in Germany" ein wichtiger Absatzmarkt. "Läuft die Produktion in China, läuft auch die hiesige Produktion", sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Der Industrie werde es allerdings zunächst nicht mehr gelingen, die Einbußen des Dienstleistungssektors auszugleichen. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde deshalb im ersten Quartal 2021 schrumpfen. Gitzels Fazit: "Die Pandemie drückt also der deutschen Wirtschaft gleich zu Jahresbeginn ordentlich den Stempel auf."

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dpa