Angesichts des hohen Marktpotentials für den neuen Sprinter in Nordamerika hat Daimler bereits im März 2015 der Bau eines neuen Werks zum Marktstart des neuen Sprinter in den USA angekündigt. Nach rund zweijähriger Bauzeit hat Mercedes-Benz Vans jetzt sein neues Werk in North Charleston im US-Bundesstaat South Carolina in Betrieb genommen.
Im Rahmen der Strategie "Mercedes-Benz Vans goes global" investierte die Transportersparte rund 500 Millionen Dollar in das neue Werk mit eigenem Karosserierohbau, Lackierung und Endmontage. Zum Produktionsstart sind derzeit mehr als 900 Mitarbeiter in North Charleston beschäftigt. Bis zum Jahr 2020 soll die Belegschaft noch auf bis zu 1.300 Mitarbeiter anwachsen.
"Die USA sind schon heute der zweitgrößte Markt für unseren Sprinter. Mit dem neuen, hochmodernen Produktionsstandort direkt vor Ort können wir unsere Kunden in Nordamerika künftig noch schneller und flexibler beliefern und so das dynamische Marktpotential besser ausschöpfen. Das macht unser neues Werk in North Charleston zu einem zentralen Baustein der Wachstumsstrategie ‚Mercedes-Benz Vans goes global‘," sagte Volker Mornhinweg, Leiter Mercedes-Benz Vans, anlässlich der Eröffnung.
"Auf dem neuesten Stand der Technik"
"Das neue Werk in North Charleston komplettiert unser weltweites Produktionsnetzwerk und ist in jeder Hinsicht auf dem neuesten Stand der Technik. Ein besonderes Augenmerk lag auf hoher Flexibilität, um schnell auf aktuelle Entwicklungen und sich verändernde Kundenwünsche reagieren zu können. Gleichzeitig steht es für höchste Qualität auf Basis unseres bewährten Mercedes-Benz Produktionssystems," so Frank Klein, Leiter Operations Mercedes-Benz Vans.
Zeitgleich kündigt Mercedes an, in North Charleston Vans für das neue "Delivery Service Partner Programm" von Amazon zu produzieren. Kleinunternehmer erhalten hier maßgeschneiderte Vans und spezielle Leasingverträge, um ihre Start-Up-Kosten niedrig zu halten.
"Wir sind stolz darauf, mit Mercedes-Benz Vans zusammen zu arbeiten, und durch den Auftrag über die in North Charleston produzierten Sprinter unseren Wirtschaftsbeitrag zu leisten," sagte Dave Clark, Senior Vice President Worldwide Operations Amazon. "Dank der enormen Resonanz auf unser neues ‚Delivery Service Partner Programm‘ freuen wir uns, unsere ursprüngliche Bestellung auf 20.000 Sprinter zu erhöhen."
Bereits die bisher erhältliche Version des Sprinter war in den USA laut Unternehmensangaben bei Kunden sehr gefragt. Die USA waren 2017 der zweitstärkste Markt für den großen Transporter.
Bislang fertigte Mercedes die Sprinter für den nordamerikanischen Markt in Deutschland. Aufgrund hoher Importzölle werden diese allerdings in einem aufwändigen Verfahren teilzerlegt und seit 2006 am Standort in North Charleston remontiert.
Seit 2006 wurden so in North Charleston die SKD-Bausätze (semi-knocked-down) für importierte Sprinter und seit 2015 auch für importierte Metris Midsize-Vans (in anderen Märkten bekannt als Vito) montiert. Mit dem neuen Werk und den Fahrzeugen "made in USA" kann das Geschäftsfeld die wachsende Nachfrage der nordamerikanischen Kunden künftig deutlich wirtschaftlicher bedienen und die Lieferzeiten auf diesem Markt signifikant reduzieren.
Video: Produktion des neuen Sprinters
Digitalisierung in der Produktion
Das neue Werk in North Charleston umfasst eine Gesamtfläche von mehr als 900.000 Quadratmetern - eine Verdreifachung der bisherigen Fläche. Die bebauten Produktions- und Verwaltungsflächen umfassen 167.000 Quadratmeter und werden durch Frei- und Logistikflächen ergänzt.
An dem neuen Standort vereint Mercedes-Benz "sein geballtes technisches Produktions-Know-how", wie es in einer Pressemitteilung heißt. Die Anforderungen an Flexibilität und Effizienz in der Produktion steigen durch die wachsende Variantenvielfalt der Fahrzeuge stetig. Deshalb sind Konnektivität und digitale Kommunikation im Fertigungsbereich die Basis des neuen Sprinter-Werks.
Auch die Mitarbeiter profitieren von der zunehmenden Digitalisierung: Sie werden von Routineaufgaben entlastet und gewinnen so Zeit für höherwertige Tätigkeiten. Zu den Innovationen zählen zum Beispiel selbstfahrende Transportsysteme, die Umstellung auf papierlose, digitale Kommunikation und neue Möglichkeiten des virtuellen Mitarbeitertrainings.
Autonom fahrende Transportsysteme
Ein wichtiges Element für einen reibungslosen Produktionsablauf sind in North Charleston künftig die fahrerlosen Transportsysteme. Sie kommen unter anderem bei der Teileversorgung direkt am Band zum Einsatz.
Gesteuert werden sie über das IT-System des Werks kombiniert mit RFID-Technologie (radio-frequency identification). Die notwendigen Transponder für die spezifischen Fahrbefehle befinden sich im Boden der Werkshallen.
Per Bluetooth können die Fahrzeuge miteinander kommunizieren und sich automatisiert koordinieren. So wird jederzeit ein flüssiger Verkehr sichergestellt. Ähnliche Systeme setzt Mercedes-Benz auch an anderen Standortenein, zum Beispiel im deutschen Sprinter-Werk in Ludwigsfelde.
Daimler setzt außerdem in der Fertigung auf die papierlose, digitale Dokumentation. Auch sie basiert auf RFID-Technologie. So können die Werker jederzeit nachvollziehen, wo sich ein Bauteil gerade befindet, denn Teile können kontaktlos und automatisch identifiziert und lokalisiert werden. So können Mitarbeiter in Logistik und Produktion bei Veränderungen im Ablauf flexibel umdisponieren.
Papierlose Dokumentation mit RFID-Technologie
Mitarbeiter in der Qualitätssicherung können zudem nachvollziehen, ob das richtige Bauteil am richtigen Fahrzeug verbaut wurde. Dank der RFID-Technologie entfallen im Vergleich zu konventionellen Prozessen einige Arbeitsschritte in der Dokumentation, zum Beispiel das händische Abscannen von Strichcodes. Das reduziert den Zeit- und Kostenaufwand sowie mögliche Fehlerquellen deutlich.
Bereits in den letzten Monaten hat Daimler die neuen Mitarbeiter am Standort über digitale Trainingstools auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. Aufgrund der Vielfalt an Aufbauarten, verschiedenen Antriebskonzepten, Tonnagen, Laderaumhöhen und Ausstattungsmöglichkeiten ist der neue Sprinter für Kunden in mehr als 1.700 Varianten erhältlich.
Jeder Mitarbeiter muss rund 900 einzelne Prozessschritte in einer bestimmten Reihenfolge erlernen, um den neuen Sprinter fertigen zu können. Digitale Werkzeuge helfen dabei, diesen Prozess effizient und nachhaltig zu gestalten.
Während früher das Montieren nur an Vorserienfahrzeugen trainiert wurde, können die Mitarbeiter in der Montage sich jetzt beispielsweise am Bildschirm - ähnlich wie bei einem Simulator – mit Arbeitsabläufen und Bauteilen vertraut machen. Auch im Bereich Lackierung trainieren die Mitarbeiter ihre Aufgaben mit digitalen Hilfsmitteln: So wird die Lackierung über Virtual Reality (VR) Brillen und VR-Farbpistolen realitätsnah simuliert.
Hohe Investitionen auch in weitere Standorte
In Vorbereitung auf die neue Sprinter-Generation hat Mercedes weltweit signifikante Investitionen in sein Produktionsnetzwerk getätigt. Neben den rund 500 Millionen Dollar in den neuen Standort North Charleston, fließen in Summe insgesamt 450 Millionen Euro in das Leitwerk der weltweiten Sprinter‑Produktion in Düsseldorf sowie in das Sprinter‑Werk im brandenburgischen Ludwigsfelde.
Mercedes ist damit der einzige Hersteller im Segment großer Transporter, der weiterhin auch in Deutschland produziert. Weltweiter Produktionsbeginn für den neuen Sprinter war Anfang März in Deutschland. In den argentinischen Standort González Catán bei Buenos Aires investiert Mercedes‑Benz Vans 150 Millionen Dollar für den neuen Sprinter.